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ALTENKUNSTADT: Nicht das älteste Evangelium, aber das wichtigste

ALTENKUNSTADT

Nicht das älteste Evangelium, aber das wichtigste

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    Über das Matthäus-Evangelium aus bibelwissenschaftlicher Sicht informierte Professor Joachim Kügler bei der katholischen Kirchengemeinde Altenkunstadt. FOTO: Bernd Kleinert
    Über das Matthäus-Evangelium aus bibelwissenschaftlicher Sicht informierte Professor Joachim Kügler bei der katholischen Kirchengemeinde Altenkunstadt. FOTO: Bernd Kleinert Foto: Bernd Kleinert

    Das Matthäus-Evangelium ist nicht das älteste unter den vier Evangelien, aber in der traditionellen Reihenfolge das erste Evangelium, mit dem das Neue Testament beginnt. Und in der Geschichte der Christenheit war es meistens auch das wichtigste. Beginnend mit dem ersten Advent werden die Schriften des Matthäus die katholischen Christen durch das neue Kirchenjahr begleiten. In allen Gottesdiensten wird im Rahmen der Liturgie daraus gelesen. Bei einem Vortragsabend der katholischen Pfarrgemeinde stellte Prof. Joachim Kügler von der Universität Bamberg das um etwa 80 bis 90 nach Christus entstandene Evangelium vor.

    Die Bergpredigt kennt jeder

    Die Resonanz war erfreulich. Unter den zahlreichen Zuhörern waren Gäste aus den Gemeinden des Seelsorgebereichs Obermain-Jura und sogar aus Redwitz und Lichtenfels. „Obwohl theoretisch alle Evangelien gleich wichtig sind, hat man doch über viele Jahrhunderte hinweg bevorzugt das Matthäus-Evangelium gelesen und zitiert“, erklärte Kügler. „Die Bergpredigt aus dem Matthäus-Evangelium kennen alle. Doch wer weiß schon, wo die ,Feldrede‘, die Parallelversion von Lukas, steht?“

    Die moderne Bibelwissenschaft habe die „Zwei-Quellen-Theorie“ entwickelt. So habe das Markus-Evangelium als das älteste Evangelium sowohl Matthäus als auch Lukas unabhängig voneinander als Quelle gedient. Darüber hinaus hätten beide die Logien- oder Spruchquelle genutzt. Die Zwei-Quellen-Theorie sei bis heute die Standardtheorie.

    „Das Matthäus-Evangelium vereint schriftliche und mündliche Jesus-Überlieferungen und ordnet sie nach einem zeitlich dreigeteilten Schema, das vom Evangelisten Markus übernommen wurde“, erläuterte der Bibelwissenschaftler. Es beinhalte den Beginn der Tätigkeit Jesu in Galiläa, die Unterweisung seiner Jünger und den Gang nach Jerusalem sowie das Leiden und Sterben Jesu. Matthäus habe dieses Schema erweitert, indem er die Vorgeschichte Jesu voranstellte und die Ostergeschichte nach Markus, ergänzt durch eine Erzählung von der Erscheinung des Auferstandenen.

    Aber wer war dieser Matthäus, nach dem das Evangelium benannt ist? Kügler zufolge hielt die antike Kirche seit Papias von Hierapolis (etwa 125 nach Christus) den Jünger Matthäus, der zum Zwölferkreis gehörte, für den Autor. Aber warum hätte Matthäus als Augenzeuge Jesu die Schriften des Markus, also eines Nicht-Augenzeugen, zur Grundlage seines Evangeliums machen sollen, fragte der Referent. „Wir müssen also davon ausgehen, dass der Verfasser des Evangeliums ein anonymer Christ war, der schon im zweiten Jahrhundert namentlich nicht mehr bekannt war und dann mit dem Jünger Matthäus identifiziert wurde.“ Vermutlich habe es sich um einen Schriftgelehrten gehandelt, der mit den alttestamentlich-jüdischen Überlieferungen vertraut gewesen war.

    Die zeitliche Datierung des Matthäus-Evangeliums ergibt sich nach den Worten Küglers aus dem Verhältnis zum Markus-Evangelium: „Wenn die Zwei-Quellen-Theorie zutrifft und die Markus-Schriften für das Matthäus-Evangelium Quelle und Vorbild darstellen, dann muss Letzteres logischerweise später entstanden sein.“ Das Markus-Evangelium werde – wegen der Fokussierung auf die Tempelzerstörung – meist auf die Zeit um 70 nach Christus datiert. Das Matthäus-Evangelium dürfte dann um die Jahre 80 bis 90 entstanden sein.

    Was den Entstehungsort angehe, so halte die Forschung mehrheitlich Syrien für wahrscheinlich. Eine Festlegung sei nicht möglich und für das Verständnis des Textes auch gar nicht so wichtig: „Entscheidender als der physische Ort der Textentstehung ist das geistige Milieu.“ Es werde ein Ort vorausgesetzt, „der von einem überwiegend Griechisch sprechenden Judentum geprägt ist, das wiederum um einiges konservativer ist als das des Lukas-Evangeliums.“ Ein solches Milieu habe es in vielen großen Städten des römischen Reiches gegeben.

    Betonung des Liebesgebots in der Tora

    Inhaltlich halte das Matthäus-Evangelium an der jüdischen Glaubenstradition fest und verkünde Jesus als den von den Propheten verheißenen Messias. Dementsprechend ziele in der Darstellung des Matthäus die Lehre Jesu nicht auf die Aufhebung des Gesetzes (Tora), sondern auf seine Erfüllung. Das Matthäus-Evangelium zeige einen Jesus, der den Willen Gottes verkündet und dabei besonders das Liebesgebot als Zentrum der Tora betont. Das Neue an der Jesus-Botschaft werde zwar als Erfüllung des Alten dargestellt, aber in dieser Erfüllung sei auch etwas radikal Neues: „Es geht hier nicht nur um eine bessere Gerechtigkeit, sondern um eine neue Gerechtigkeit.“

    Diakon Konrad Funk und Pfarrgemeinderatsvorsitzender Thomas Geldner dankten Joachim Kügler, der im Anschluss Fragen beantwortete.

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