Vereinsfahnen waren seit jeher ein Aushängeschild, ja, sogar der Stolz eines Vereins und seiner ganzen Stadt oder Gemeinde. Meist sind diese Fahnen nicht nur von unschätzbarem ideellem, sondern auch von einem sehr hohen finanziellen Wert. Auch ist die Aufbewahrung in der Regel nicht ganz so einfach. Selbst wenn sie in einem Fahnenschrank untergebracht sind, bedürfen sie einer guten Pflege. Trotzdem nagt irgendwann der Zahn der Zeit an den Fahnen. Nach Jahren des Gebrauchs zeigen die guten Stücke Spuren von Verschleiß, der Stoff ist verschmutzt oder zerrissen, die Fransen fehlen teilweise, die Aufhängung reißt, kurz, eine Reparatur ist notwendig. Nun sind sehr viel Sachkenntnis, Geschicklichkeit und Einfühlungsvermögen gefordert.
Restaurieren heißt auch bewahren, nicht nur erneuern. Handarbeit macht den Restaurator aus, denn nur mit dem nötigen Fingerspitzengefühl kann eine Fahne optimal renoviert werden. So war es auch mit der Fahne des Liederkranzes Burgkunstadt. Die Kosten einer Restaurierung erschienen sehr hoch, deshalb hat sich die Frau des 1. Vorsitzenden Paul Münch, Sybille Münch, selbst daran gemacht, das Herzstück des Burgkunstadter Männerchors wieder in einen guten Zustand zu versetzen.
Wieder wie neu
Aufbereitung von Stickereien, Ausbesserung der verschiedenen Stoffe, Reinigung der Fahnenbänder. In mühevoller Kleinarbeit und mit noch wesentlich mehr Geschick hat Sybille Münch ein kleines Wunder vollbracht. „Die Fahne sieht ja wieder aus wie neu“, zollten die Burgkunstadter Sänger der Restauratorin Respekt. Dankbar für diese geleistete Arbeit, überreichte der 2. Vorsitzende des Liederkranzes, Heinrich Bähr, ihr einen großen Blumenstrauß.
1933 wurde die Burgkunstadter Fahne geweiht. Pate war der Liederkranz Marktzeuln. 1957 war dann Fahnenweihe beim Freundschaftsbund Mainroth, bei der nun wiederum der Liederkranz Burgkunstadt Pate stand. Eine solche Fahnenweihe war ein besonderes Ereignis und mit weltlichen Festlichkeiten verbunden. Sie zog nicht selten einige tausend Besucher an.
Ihre Verwendung haben Vereinsfahnen von jeher bei Festzügen sowie bei kirchlichen Festen wie Fronleichnam. Aber auch zum letzten Gruß ist oft die Vereinsfahne noch heute bei der Beisetzung von Mitgliedern dabei. Für die Träger der Fahne war es immer eine besondere Ehre, damit vor den Vereinsmitgliedern herzugehen. Der Mainrother Ottmar Klemenz bekam bei der Fahnenweihe sogar den Titel „Fahnenjunker“. Mit großem Stolz hatte er dieses Amt 18 Jahre inne. Auch für den Burgkunstadter Träger Erich Will ist das Amt etwas Besonderes, da die Fahne auch mit der Geschichte des Vereins verwoben ist: „Wenn das Teil von seiner Vergangenheit erzählen könnte, würden wir wohl viele Stunden damit verbringen.“
„Wenn das Teil von seiner Vergangenheit erzählen könnte, würden wir wohl viele Stunden damit verbringen.“
Erich Will, Fahnenträger
Fahnen sind bereits seit dem Altertum bekannt. Auch im Römischen Weltreich vor fast 2000 Jahren erfuhren sie zahlreiche Verwendung. Das spätere Mittelalter bezeichnet die Fahne auch als Banner oder Paniere. Als am 27. Mai 1832 in der Pfalz sich 30 000 Menschen versammelten, um beim Zug auf das Hambacher Schloss für bürgerliche Freiheiten und die Einheit Deutschlands zu protestieren, waren erstmals Fahnen in den Farben schwarz, rot, gold zu sehen. Der Zug auf das Hambacher Schloss gilt heute als Geburtsstunde der deutschen Demokratie.
Im Stroh versteckt
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Fahnen und ihre Bedeutung oft missbraucht. Dieser Umgang gefiel den Alliierten überhaupt nicht, und so wurden nach dem Zweiten Weltkrieg viele vernichtet. In den ländlichen Gegenden wurde für ihren Erhalt oft viel riskiert. So hat der Chronist des 100-jährigen Jubiläumsfestes der RV Concordia dazu Folgendes geschrieben: „Dem Fahnenjunker Heinrich Vonbrunn ist es zu verdanken, dass die Vereinsstandarte das Dritte Reich überlebte. Er hatte sie in seiner Scheune unter Stroh versteckt.“ Dankbar wurde diese Begebenheit in Versform im Festprolog eingearbeitet: „Im Krieg hat man die neue Standarte im Stroh versteckt, so wurde sie von niemand entdeckt. Sie ist auch noch heut das Schmuckstück des Vereins, Dank sei dafür dem Retter von einst.“
Wesentlich humorvoller war dann eine andere Geschichte um eine Vereinsfahne. So hatte der Träger bei einem Festzug wohl etwas zu tief in den Bierkrug geschaut und seine Fahne am Fahnenständer zurückgelassen. Der betroffene Verein musste sie mit einem 50-Liter-Fass Bier wieder auslösen. Ein anderer Fahnenträger hatte seinen Gurt vergessen. Ihm wurde die Fahne beim Einzug so schwer, dass beide fast im Tiefflug die Bühne des Festzeltes erreichten.