Hinweise geben oft kleinste Scherben. Beispielsweise „dort, wo der Pflug etwas rausgräbt“, erklärt Dr. Timo Seregély. Kleinste Scherben fanden sich auch auf einem ganz unscheinbaren Acker auf der Hochfläche des Juras, die bei einer gezielten Feldbegehung im Winter in der Nähe von Neudorf entdeckt wurden. Eine einwöchige Sondagegrabung die gestern zu Ende ging, sollte Licht ins Dunkel dieser frühen Besiedelung der Hochflächen des Juras bringen. Erste Ergebnisse dieser Grabung stellte Dr. Timo Seregély im Verlauf einer archäologischen Exkursion vor. Rund 120 Geschichtsinteressierte hatten sich am Donnerstag am Treffpunkt in der Ortsmitte eingefunden. Von hier aus führte ein knapp 20-minütiger Fußweg zum Grabungsort.
Seit Ende 2016 führt die Professur für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Bamberg ein dreijähriges Forschungsprojekt im Raum Weismain aus mit dem Ziel, erstmals in einer deutschen Mittelgebirgsregion die Besiedlung während der Bronze- und Eisenzeit (Zeitraum von etwa 2000 bis 30 vor Christus) zu untersuchen. Dabei soll auch auf die Umgestaltung der Landschaft durch den Menschen eingegangen werden.
Pfostenbauten und Vorratsgruben
Erste Hinweise finden die Archäologen bei Feldbegehungen im Winter. Ein Computerprogramm rechnet dann die zu untersuchenden Flächen aus. Dabei können die Forscher auch auf klare Erkenntnisse zurückgreifen, wie weit ein vom Pflug herausbeförderter Gegenstand fliegen kann. Auf Basis dieser Daten haben die Archäologen dann fünf Grabungsgruben angelegt, in denen sie auch fündig wurden. Neben Tonscherben fanden sich auch Hinweise auf Pfostenbauten und Reste von Vorratsgruben. Tierknochen wurden keine gefunden. Dass es sich dabei um eine große Ansiedelung handelte, darf nach Ansicht Seregélys bezweifelt werden.
Die ersten Siedler fanden auf den Hochflächen bei Weismain nach der Rodung des Waldes guten, fruchtbaren Ackerboden vor, der erst im Laufe der Jahrhunderte abgeschwemmt wurde. „In der Bronzezeit war der Boden gut einen Meter höher“, erklärt Dr. Timo Seregély in einer Grabungsgrube stehend mit entsprechender Handbewegung. Die Wissenschaftler sehen anhand der Bodenstruktur auch einen Beleg dafür, dass im Laufe der Jahrhunderte wertvoller Ackerboden verloren ging. Also abgeschwemmt wurde.
Emmer, Gerste, Hirse, Erbsen
Für die Forscher stellt sich jetzt die Frage, wann der Ackerboden das letzte Mal Licht gesehen hat? Ist der Boden im Mittelalter abgeschwemmt worden, oder passierte das bereits in der Bronzezeit? Eine Frage, mit der sich die Forscher der Uni Gießen mit Hilfe der sogenannten OSL-Datierung (Optisch-Stimulierte Lumineszenz-Datierung) auseinandersetzen werden. Darüber hinaus liegen aus der Grabung bei Neudorf bereits erste Ergebnisse vor. Die Menschen haben Emmer, Gerste, Hirse und Erbsen angebaut. Die Siedlung hatte vermutlich eine Ausdehnung von 150 bis 200 Meter.
„Auf den Hochflächen saßen nicht die Ärmsten der Armen.“
Dr. Timo Seregély, Archäologe
Woher bezogen die frühen Siedler ihr Wasser? Das Trinkwasser wurde vermutlich im Tal geholt. Es stammte aus der 500 bis 700 Meter entfernten Krassach. Sogenannte Wasserträger beförderten das kostbare Nass nach oben. „Eine Person war nur für das Wasser zuständig“, vermutet der Wissenschaftler. Weshalb die Menschen vor vielen Jahrhunderten auf den wasserarmen Hochflächen siedelten und wann die Siedlung wieder aufgegeben wurde, auch darüber können die Wissenschaftler nur Vermutungen anstellen.
Vielleicht gab es demografische Gründe. „Es kann durchaus in den unterschiedlichen Zeiten verschiedene Nutzungsformen gegeben haben“, vermutet Seregély. Allerdings scheinen die frühen Siedler auch keine „armen Schlucker“ gewesen zu sein, wie ein Grabfund (Bronzeschwert) am Görauer Anger beweist. „Auf den Hochflächen saßen nicht die Ärmsten der Armen“, ist Seregély überzeugt.
Bei der Exkursion im Rahmen des CHW-Sommerprogramms ging es um erste Erkenntnisse der Grabungen. Weitere Aufschlüsse erwarten sich die Forscher von der Auswertung der Daten. Am Freitag in den Vormittagsstunden wurden die Grabungsgruben wieder verfüllt.
Die nächste Exkursion Aufgrund der großen Besucher-Resonanz wird im Rahmen des CHW-Sommerprogramms dem Burgberg-Tunnel bei Erlangen noch mal ein Besuch abgestattet. Bei dem Termin vor wenigen Wochen wurden 300 bis 400 Leute gezählt. Das Besondere am Termin am Donnerstag 24. August, 17 Uhr, ist, dass der Rückweg durch den neuen Tunnel führt, „also ein Vergleich mit dem neuen Bauwerk möglich ist“, verrät Bernhard Christoph. Der Referent stammt aus dem Lichtenfelser Ortsteil Klosterlangheim und wird bei der Führung auch das Bautagebuch aus dem Jahr 1936 vorstellen. Treffpunkt der Exkursion ist Erlangen, Bubenreuther Weg (Abzweigung von der Bayreuther Straße), nahe dem Nordportal des Tunnels.