„Niemand von uns hat ein Wunderkind. Aber jeder von uns hat das Wunder Kind.“ Mit dieser zum Nachdenken anregenden Feststellung eröffnete Werner Gratzer aus Regensburg seinen Vortrag zum Thema „Eltern und Lehrer ziehen an einem Strang.“ Die Ausführungen des Schulleiters und Buchautors standen im Mittelpunkt eines schulübergreifenden Informationsabends, zu dem die Grundschule Altenkunstadt in die Turnhalle eingeladen hatte.
Die Resonanz war erfreulich. Mehr als 100 Zuhörer, darunter auch Gäste aus den Grundschulen Burgkunstadt und Roth mit den Rektorinnen Susi Krauß und Yvonne Kern, lauschten dem gut zweistündigen Vortrag des Lehrbeauftragten an der Universität Regensburg. Rektorin Margarete Greich-Hewera dankte dem Elternbeirat mit seiner Vorsitzenden Evelina Göhl für die Finanzierung der Veranstaltung.
Werner Kratzer konfrontierte sein Publikum nicht mit trockener Materie. Praxisbezogen, bildhaft und mit einer Prise Humor gewürzt, verstand er es, die Zuhörer auf ebenso informative wie unterhaltsame Weise für die Problemstellung zu sensibilisieren. „Lassen Sie einfach los, entspannen Sie sich und lachen Sie“, forderte er die Eltern auf.
Humor hilft
Humor ist seinen Worten zufolge auch in der Erziehung wichtig: „Er hilft schwierige Situationen zu entspannen und zu entkrampfen.“ Kinder könnten manchmal richtige Nervensägen sein, vor denen Eltern sich schützen müssten. „Aber denken Sie immer daran, dass Kinderseelen sehr verletzlich sind. Sie vergessen nicht“, legte der Redner den Zuhörern ans Herz.
Eine Familie muss seinen Worten zufolge nicht perfekt sein. Bereits eine einigermaßen intakte Familie sei die beste Prävention gegen Gewalt und aggressives Verhalten. Eine Befragung unter Sieben- bis 14-Jährigen zum Thema „Was ist für euch eine gute Familie?“ habe interessante Ergebnisse geliefert. So lege diese Altersgruppe Wert darauf, dass in der Familie Demokratie herrscht, viel gelacht wird, man einander hilft und auch dann zusammenhält, wenn „ein Familienmitglied etwas angestellt hat“.
Gerechtigkeit erwartet
Kinder lernen am Modell, am Vorbild, also an den Eltern. „Allerdings orientieren sie sich an einem negativen Vorbild wesentlich stärker als an einem positiven“, gab der Autor zu bedenken. Kinder seien keine „kleinen Monster“, wie es manchmal in den Medien dargestellt werde. Kräftemessen unter Kids habe es schon immer gegeben. Allerdings habe sich die Brutalität des Durchsetzungsverhaltens verstärkt, und daran seien die Medien nicht unschuldig.
Kinder möchten, dass Eltern und Lehrer gerecht sind. Das habe aber nichts mit Gleichbehandlung aller zu tun. „Vielmehr müssen wir als Erwachsene versuchen, dem einzelnen Kind gerecht zu werden“, erläuterte Gratzer. Dies wiederum verlange eine Differenzierung: „Es gibt Mädchen und Jungs, die sind sensibel, andere hingegen haben ein dickes Fell.“
Respekt sollten Eltern von ihren Kindern nicht erbitten, sondern einfordern. Das habe nichts mit Autorität zu tun. „Ohne gegenseitigen Respekt geht es nicht. Auch das Kind will respektiert werden. Es möchte so akzeptiert werden, wie es ist“, sagte Gratzer, um anschließend auf die „verschiedenen Gesichter von Gewalt“ einzugehen. Er hatte dazu einen Koffer mit Gewaltwerkzeugen aus Schülerhand mitgebracht. Kinder besitzen nach seinen Worten bereits Waffen wie Wurfsterne (Ninja-Sterne), die tödlich sein können.
Sportvereine spielen nach Ansicht des Referenten eine herausragende Rolle, wenn es um das Erlernen von Sozialkompetenzen wie Teamgeist und Disziplin geht. „Und die Kinder lernen dort, dass man nicht immer gewinnen kann, sondern auch Niederlagen einstecken muss“, betonte er.
Gratzer bat die Eltern, nicht zu hohe Erwartungen an ihre Sprösslinge zu stellen. Dies könne im schulischen Bereich fatale Folgen haben. Nicht jedes Kind sei nun mal für das Gymnasium geeignet. Der Schulleiter erläuterte die LKW-Formel, die definiert: Leistung = Können x Wollen. „Es gibt Schüler, die könnten zwar, wollen aber nicht. Andererseits gibt es aber auch Kinder, die nicht mehr können, die an ihre Grenzen geraten“, erklärte er. Der Redner appellierte an die Eltern, dies zum Wohl ihrer Kinder bei der Schulwahl nach der vierten Klasse zu beachten.
Lob und Anerkennung
„Mit Geld kann man nicht spielen, aber mit Kindern“ und „Bei schlechten Zeugnissen helfen gute Eltern“ lauteten einige der aussagekräftigen Zitate, mit denen er am Ende die Zuhörer bei meditativer Hintergrundmusik nachdenklich werden ließ. „Sie haben nichts Wertvolleres als Ihre Kinder. Deshalb zollen Sie ihnen Lob und Anerkennung und sagen Sie ruhig einmal: ,Ich bin stolz auf dich!‘“, fasste der Referent zusammen.