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ALTENKUNSTADT: Ein Demenzkranker hat immer recht

ALTENKUNSTADT

Ein Demenzkranker hat immer recht

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    Über die verschiedenen Formen von Demenz und die Aufgaben pflegender Familienmitglieder informierten Einrichtungsleiterin Gabriele Händel (li.) und Pflegedienstleiterin Dalibovka Balac (re.) bei einem Angehörigenabend des Friedrich-Baur-Seniorenzentrums Sankt Kunigund. FOTO: Bernd Kleinert
    Über die verschiedenen Formen von Demenz und die Aufgaben pflegender Familienmitglieder informierten Einrichtungsleiterin Gabriele Händel (li.) und Pflegedienstleiterin Dalibovka Balac (re.) bei einem Angehörigenabend des Friedrich-Baur-Seniorenzentrums Sankt Kunigund. FOTO: Bernd Kleinert Foto: Bernd Kleinert

    Wenn ein Mensch an Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz erkrankt, betrifft das auch die Familie. Im Verlauf der Krankheit gehen vor allem die pflegenden Angehörigen durch ein Wechselbad der Gefühle. Schmerz und Mitleid gehören ebenso dazu wie Hilflosigkeit, Ärger, Wut, Trauer und Verzweiflung. Um Demenz, an der laut „Wikipedia“ weltweit alle 3,2 Sekunden ein Mensch erkrankt, ging es bei einem Angehörigenabend, zu dem das Friedrich-Baur-Seniorenzentrum Sankt Kunigund in den Speisesaal eingeladen hatte.

    „Pflegende Angehörige, die sich um ein demenzkrankes Familienmitglied kümmern, verwenden darauf einen großen Teil ihrer Zeit und Kraft. Umso wichtiger ist es, sich rechtzeitig Unterstützung zu holen und sich gut über Alzheimer und andere Formen der Demenz zu informieren“, erklärte Einrichtungsleiterin Gabriele Händel. Mit der Zeit würden pflegende Angehörige ein gutes Gespür dafür entwickeln, ihre kranken Angehörigen im Alltag richtig zu unterstützen und demenzgerecht zu kommunizieren. Auch mit der Krankheit könnten sie gemeinsam schöne Stunden erleben. „Es ist gut und richtig, füreinander da zu sein. Doch niemand verlangt von Pflegenden, dass sie sich selbst aufgeben“, betonte Händel.

    „Auf jeden Fall sollte der Kranke in das Alltagsgeschehen einbezogen werden. Ihm dürfen Aufgaben wie leichte Gartenarbeiten, Abtrocknen und Staubwischen übertragen werden.“

    Dalibovka Balac, Seniorenzentrum-Pflegedienstleiterin

    Um selbst gesund zu bleiben, sollten sie von Verwandten, Freunden, Nachbarn und professionellen Pflegekräften Hilfe einfordern. Dies schaffe Freiräume, schütze vor Überlastung und verhindere, dass die Demenz eines Familienmitglieds das eigene Leben vollständig bestimmt.

    „Man spricht von Demenz, wenn die intellektuelle Leistungsfähigkeit stark abnimmt, also vermehrt Gedächtnisstörungen auftreten, persönliche Aktivitäten des täglichen Lebens beeinträchtigt werden und die Symptome länger als sechs Monate bestehen“, erläuterte Dalibovka Balac. Die Pflegedienstleiterin des Seniorenzentrums stellte verschiedene Formen von Demenz vor, darunter die Alzheimer-Krankheit, das Korsakow-Syndrom und Demenz bei Morbus Parkinson.

    Ablagerung von krankhaftem Eiweiß

    Bei Alzheimer komme es zu einem übermäßigen Absterben von Nervenzellen im Gehirn durch Ablagerung von krankhaften Eiweißen. Die Ursache hierfür sei nach wie vor nicht ausreichend geklärt. Der Verlauf der Krankheit lasse sich in drei Phasen gliedern. Im Anfangsstadium komme es zu einer Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, Ausdrucksproblemen, Stimmungsschwankungen und vermindertem Urteilsvermögen. Das mittlere Stadium ist Balac zufolge gekennzeichnet von Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen, der Beeinträchtigung des Langzeitgedächtnisses und der Unfähigkeit, Neues zu lernen. Der Demenzkranke werde unruhig, verwirrt, ja sogar aggressiv und benötige Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten. Im schweren Stadium der Krankheit komme es zu Inkontinenz, motorischen Störungen, Bettlägrigkeit und damit zur vollständigen Pflegebedürftigkeit.

    Wie sieht denn nun eine sachgerechte Lebensgestaltung durch pflegende Angehörige aus? „Auf jeden Fall sollte der Kranke in das Alltagsgeschehen einbezogen werden. Ihm dürfen ruhig Aufgaben wie leichte Gartenarbeiten, Abtrocknen und Staubwischen übertragen werden“, erklärte Balac. Dabei sollte er weder über- noch unterfordert werden. „Die Erkrankung darf nicht verschwiegen werden, sie muss in die Normalität geholt werden“, betonte sie. Familienangehörige, Freunde, Nachbarn und Bekannte sollten deshalb informiert werden.

    Dem Kranken Rerspekt zeigen

    Die Pflegedienstleiterin gab den Zuhörern Tipps für den Umgang mit Demenzkranken. „Nehmen Sie den Menschen so an, wie er ist. Zeigen Sie ihm Wertschätzung und Respekt. Über auffallende, unangemessene Reaktionen des Kranken sollte nicht gelacht werden“, mahnte sie. Wer sich mit dem dementen Menschen unterhalten möchte, stellt ihren Worten zufolge zuerst den Blickkontakt her und spricht dann einfache, kurze und deutliche Sätze, die nur eine Mitteilung pro Satz enthalten dürfen. Die Worte könnten durch Gesten und Berührungen ergänzt werden.

    „Geben Sie dem Erkrankten Zeit für eine Reaktion“, empfahl Balac. Schwierige Fragen mit mehreren Auswahlmöglichkeiten („Möchtest du Kaffee oder lieber Tee?“) sollten vermieden werden. Das Gleiche gelte für „Streitereien und sinnlose Diskussionen“. Ein dementer Mensch, der in der Vergangenheit lebe, brauche Verständnis und wolle nicht auf seine Fehler hingewiesen werden: „Der Demenzkranke hat immer recht!“

    In die Welt des Kranken versetzen

    Hildegard Bunzelt vom Sozialen Dienst des Friedrich-Baur-Seniorenzentrums informierte über die Validation. „Es handelt sich dabei um eine Methode im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen und eine besondere Form der Wertschätzung“, erklärte die Geronto-Fachkraft. Der Pflegende versuche dabei, sich in die Welt des Kranken hineinzuversetzen: „Er sieht ihn an, hört ihn an, redet mit ihm.“ Die Biografie-Arbeit ist Bunzelt zufolge sowohl für Pflegekräfte wie auch demente Heimbewohner wichtig: „Ein an Demenz Erkrankter, der früher in einem Chor gesungen hat, singt auch jetzt gerne.“

    Sogar Therapiehunde im Einsatz

    Über die vielfältigen Aufgaben des Sozialen Dienstes informierte Karina Schmitt. „Wir bieten Einzel- und Gruppenbetreuung an. Die Gruppen können je nach Wunsch klein oder groß sein“, erklärte die Ergotherapeutin. Als Beispiele aus dem umfangreichen Angebot nannte sie das gemeinsame Singen am Montagvormittag, Gymnastik, Spaziergänge, Gedächtnistraining, kreatives Werkeln, Kochen, Backen und Gesellschaftsspiele. Einmal pro Woche kämen zwei Therapiehunde, die sogar bei bettlägrigen Bewohnern gern gesehen seien. „Und einen Stammtisch, der sich in regelmäßigen Abständen abends trifft, haben wir auch“, erzählte Schmitt.

    Als wahres Schmuckstück bezeichnete die Ergotherapeutin den neuen Kioskwagen, der einmal pro Woche durch das Haus fährt: „In dem kleinen, mobilen Supermarkt finden unsere Heimbewohner nicht nur Hygieneartikel und Süßigkeiten, sondern auch verschiedene Weine für einen kleinen Schlummertrunk.“ Einrichtungsleiterin Gabriele Händel dankte allen, die zur Ausgestaltung des Angehörigenabends beigetragen hatten.

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