Der 2008 verstorbene Künstler Ivan Rebroff galt als der weltweit bekannteste und bedeutendste Interpret russischer Folklore. Und dabei war der schwergewichtige Bassbariton, der über einen Stimmenumfang von viereinhalb Oktaven verfügte, Deutscher und hat nie in Russland gelebt. Aus Anlass des zehnten Todestages des Sängers, der von sich behauptete, die russische Seele nach Deutschland gebracht zu haben, widmete ihm der Ural Kosaken Chor seine Europa-Tournee.
„Wir wollen mit unserem Programm Ivan Rebroff keinesfalls kopieren, sondern ihm vielmehr huldigen und ihm danken“, stellten die Künstler bei ihrem Gedenkkonzert in der katholischen Pfarrkirche Mariä Geburt klar. Der 1924 von Andrej Scholuch gegründete und vor einigen Jahren neu formierte und verjüngte Ural Kosaken Chor setzt sich aus Russen und Ukrainern zusammen. Ihr Ziel ist es, das Kulturgut der orthodoxen Kirche sowie die Volksweisen aus dem alten Russland und der Ukraine einem breiten Publikum traditionsgerecht zu vermitteln.
Begleitet vom Beifall des Publikums zogen die acht Sänger durch die Zuhörerreihen in Richtung Altarraum. Sie präsentierten sich in einer schlichten, schwarzen Uniform, die lediglich durch die dicken, blauen Seitenstreifen auf den Hosen, der Farbe des Ural-Garderegiments, aufgelockert wurde. „Erinnerungen an Ivan Rebroff“ hatten die Ural Kosaken ihr Konzert betitelt. Knapp 80 Minuten lang zogen sie mit atemberaubenden Stimmen, die das große Kirchenschiff bis in den letzten Winkel füllten, das Publikum in ihren Bann.
Der Chor sang a cappella; nur bei wenigen Liedern kamen Balalaika und Bajan zur instrumentalen Begleitung zum Einsatz. Text- und Notenblätter waren überflüssig; alles, was die Sänger brauchten, hatten sie im Kopf gespeichert. Geistliche Lieder aus der orthodoxen Kirche sowie Folklore aus Ost und West standen im Mittelpunkt des Programms. Die Ural Kosaken begeisterten mit melodiösen Werken, darunter Potschajews „Muttergottes“, einem „Mönchsgebet“ aus dem vierten Jahrhundert und Dimitri Bortnjanskis berühmtem Lied „Ich bete an die Macht der Liebe“, das die Interpreten auf Russisch und auf Deutsch sangen. Das wunderschöne „Ave Maria“ und das einfühlsame Lied „Abendglocken“ sorgten bei vielen Zuhörern für Gänsehaut.
Mit fröhlich-flotten Weisen
Mit fröhlich-flotten Weisen entführten die Sänger in die stimmungsvolle Welt der Folklore. Lieder wie „Still ruht der See“, „Schneetreiben“ und das aus dem alten Russland stammende Stück „Wolgaschlepper“ waren ganz nach dem Geschmack der aufmerksam lauschenden Zuhörer. Aus dem reichhaltigen Repertoire Ivan Rebroffs stammten die Lieder „Stenka Rasin“ und „Eine weiße Birke“. Als faszinierender Ohrenschmaus erwies sich das berühmte „Wolgalied“ (Es steht ein Soldat am Wolgastrand) aus Franz Lehars Operette „Der Zarewitsch“. Durch die Verbindung von melodischer Schlichtheit mit ergreifender Sentimentalität wurde es zu einem der bekanntesten Schlager der Operettengeschichte. Mit Johannes Brahms beliebtem Schlaflied „Guten Abend, gut? Nacht“ endete ein großartiges Konzert, das durchaus ein paar Zuhörer mehr verdient gehabt hätte. Doch denen, die gekommen waren, wird es noch lange in Erinnerung bleiben.