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BURGKUNSTADT: CHW-Vortrag: Weidnitz nach den Weiden benannt

BURGKUNSTADT

CHW-Vortrag: Weidnitz nach den Weiden benannt

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    Groß war das Interesse am CHW-Vortrag von Dr. Joachim Andraschke über fränkische Ortsnamen.
    Groß war das Interesse am CHW-Vortrag von Dr. Joachim Andraschke über fränkische Ortsnamen. Foto: Ingrid Kohles

    Über „Fränkische Ortsnamen als Leitfossilien der Besiedlungsgeschichte“ referierte Dr. Joachim Andraschke bei der CHW-Bezirksgruppe Burgkunstadt/Altenkunstadt im voll besetzten Pfarrheim in Burgkunstadt. Der Referent studierte in Bamberg Geschichte und hat eine Magisterarbeit über Wüstungen in Oberfranken geschrieben. Sein Forschungsschwerpunkt ist die fränkische Namenskunde. Kürzlich stellte er sein Buch zu den „germanisch-frühdeutschen Ortsnamen des Regnitz- und Obermaingebietes“ vor.

    Der Begriff „Leitfossilien“ bezeichnet im übertragenen Sinne die Tatsache, dass man anhand der Fundplätze von vorzeitlicher Keramik an verschiedenen Fundorten eine gemeinsame Herkunft ableiten kann. So wurde anhand archäologischer Funde nachgewiesen, dass Germanen ab 80 vor Christus an der Elbmündung aufbrachen, nach Süden an den Obermain zogen und hier siedelten. Zu den Elbgermanen zählt man die Semnonen, Hermunduren, Quaden, Markomannen und Langobarden. Eine elbgermanische Landnahme durch die Markomannen lässt sich im Maingebiet zwischen 40 vor bis 12 nach Christus nachweisen und wird mit der Großromstedter Kultur in Verbindung gebracht.

    Von Franken und Slawen

    Der Name Franken für die Mainlande entstand mit der Machtausweitung der fränkischen Herrschaft im frühen Mittelalter nach Osten. Die ursprünglichen Siedlungsgebiete der Franken lagen am Niederrhein, in Flandern, Luxembourg und Frankreich. Seit dem hohen Mittelalter heißen die Mainlande Franken. Nach den von germanischen Stämmen bewohnten „Altsiedelgebieten“ des Regnitz- und Obermaingebietes setzte seit der Merowingerzeit und der folgenden Karolingerzeit ein verstärkter Landesausbau ein (im 7. bis 8. Jahrhundert). Aufgrund von Ortsnamen und archäologischen Funden kann man darauf schließen, dass im 8. und 9. Jahrhundert auch slawische Siedler daran beteiligt waren.

    Andraschke ist ein ausgewiesener Kenner der fränkischen Namensforschung und hat in jahrelanger Archivrecherche eine Bestandsaufnahme der ältesten Namentypen vorgenommen. So geht der germanische Ortsname Weidnitz nicht auf das Geschlecht der Widencer zurück, sondern bezeichnet die Ortsgründung „bei den Weiden“. Und die Bewohner von Friesenhof stammen tatsächlich von der Küste, nachdem König Karl der Große (768 bis 814) rund 10 000 aufständische Friesen umsiedeln ließ. Daher finden sich im Main- und Regnitzgebiet mehrere Ortschaften namens Friesen, Friesendorf oder Friesenhof.

    Jener Kuoni, der dem um 800 erwähnten Kunstadt seinen Namen gab, wurde als „der Kühne, Tapfere“ bezeichnet, denn die Personennamen der germanischen Epoche waren sinngebend. Der Ort dürfte Andraschkes Ausführungen entsprechend im 4. bis frühen 6. Jahrhundert entstanden sein. Eine stammliche Zuordnung, etwa zu den Burgundern oder Thüringern, war aber nicht nachzuweisen.

    Anhand gleicher Wortendungen (Suffixe) kann bei Ortsnamen auf die gleiche Entstehungsgeschichte geschlossen werden, beispielsweise weil damals Familienangehörige häufig in unmittelbarer Nähe siedelten und der Familienname sich für diese Niederlassungen verfestigte. Das kann im Landkreis Lichtenfels bei Ebensfeld, das 780 und 817 als Eblisvelt auftaucht und Ebersheim (1348 Ebersheim) nachgewiesen werden (Ebil bedeutet Eber). Das gleiche gilt für Pferdsfeld (780/817 Heingesfelt) und Horsdorf (1272 Horscholstorf), Hengist und Horskolf sind der verwandte Wortstamm. Bei Weigendorf (Wüstung bei Altenkunstadt, das 1341 als Weikendorf erscheint und Woffendorf sind die Weigo und Woffo anzusetzen.

    Die Grundwörter beziehungsweise Suffixe der Ortsnamen die auf –heim, -stat, -ingen, -feld oder –dorf enden, zählen zu den ältesten Ortsnamentypen und sind bereits seit germanischer Zeit nachzuweisen.

    „Hilfreich ist es bei Ortsnamen-Rätseln, die mundartlich überlieferten Bezeichnungen als Hilfe beizuziehen.“

    Dr. Joachim Andraschke, Historiker

    In Oberfranken sind zwar die –dorf-Namen geradezu Leitnamen der Merowinger- und Karolingerzeit, jedoch fehlen auch dort nicht die frühen Vertreter des 4. und 5. Jahrhunderts. Das hat Andraschke auch in seinem Aufsatz „Wan-Wada-Walika“ in der Zeitschrift „Vom Main zum Jura“ (Heft 26) erläutert.

    Auch heute bestehe noch ein Drang in der fränkischen Namenforschung, undurchsichtige Ortsnamen oder solche mit Suffixbildungen als aus dem slawischen kommend zu deuten. Vieles von diesen Namensdeutungen könne aber aufgrund der Forschungen verworfen werden. Unabhängig davon seien jedoch viele Ortsnamen Oberfrankens ein Beleg für die slawische Zuwanderung, während viele andere aus dem germanischen kommen.

    Auf die Frage eines Zuhörers, wie sich Ortsnamen mit den Endungen –grün und –reuth deuten lassen, legte der Referent dar, dass sie wohl in der hochmittelalterlichen Besiedlungsphase während des Klimaoptimums zwischen 980 und 1280 entstanden sein dürften. Wo vorher keine Besiedlung möglich war, sich dann durch die Erderwärmung aber das Klima verbesserte, konnte die grüne Landschaft besiedelt werden. Die –reuth-Orte lassen den Schluss zu, dass das Gebiet durch Rodung urbar gemacht wurde. Diese Ortschaften können möglicherweise bereits aus der Karolinger-Zeit kommen, aber waren bis in das 11. Jahrhundert hinein produktiv.

    Hilfreich sei es bei „Ortsnamen-Rätseln“, die mundartlich überlieferten Bezeichnungen als Hilfe beizuziehen.

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