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BURGKUNSTADT: August Zirner und Sven Faller begeistern in Burgkunstadt

BURGKUNSTADT

August Zirner und Sven Faller begeistern in Burgkunstadt

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    Musikalische Leckerbissen und amüsante Lebensgeschichten servierten August Zirner (Querflöte) und  Sven Feller (Kontrabass) beim Kultursonntag in Burgkunstadt. Fotos: Roland Dietz
    Musikalische Leckerbissen und amüsante Lebensgeschichten servierten August Zirner (Querflöte) und Sven Feller (Kontrabass) beim Kultursonntag in Burgkunstadt. Fotos: Roland Dietz

    Eine Sternstunde bei den Kultursonntagen in Burgkunstadt waren die „Transatlantischen Geschichten“ mit August Zirner und Sven Faller. Die außergewöhnliche musikalisch-literarische Reise hätte mehr Besucher verdient gehabt.

    Musikalische Leckerbissen und amüsante Lebensgeschichten präsentierten der Schauspieler August Zirner und der Musiker Sven Faller. Leise Flötentöne von August Zirner wurden durch Sven Faller am Kontrabass verstärkt – Musik, bei der man länger zuhören könnte. Sie begannen ihr Programm mit dem Trompetensolo aus der vierten Sinfonie von Franz Schmidt, des illegitimen Großvaters von August Zirner.

    Ein Kuckuckskind

    Und dann begann Zirner aus seinem Leben zu erzählen. So sei seine Großmutter Ella Zirner-Zwieback eine sehr begabte Klavierspielerin gewesen. Sie lernte den Pianisten und Komponisten Franz Schmidt kennen. Als es beim Spielen knisterte, griffen jedoch ihre Eltern ein und verhinderten die Verbindung. Dennoch bekamen sie ein „Kuckuckskind“, Ludwig Ernst Zirner, den Vater des Schauspielers.

    Ein begnadeter Schauspieler und leidenschaftlicher Flötist ist August Zirner.
    Ein begnadeter Schauspieler und leidenschaftlicher Flötist ist August Zirner.

    Die aus Wien stammende Ella Zirner wurde aus „Geschäftsgründen“ mit dem Kommerzienrat Zirner verheiratet und übernahm 1906 mit ihrem Mann das „Maison Zwieback“ ein bekanntes Wiener Kaufhaus. Er stelle sie sich als „buntes Vögelchen“ vor, die sich ihre Passion für die Musik nicht nehmen ließ, sagte Zirner.

    Es gelang ihr ein Unternehmen für Luxusmode zu führen, weil sie wohl nicht nur eine modebewusste und mondäne Frau war, sondern auch eine sehr starke Frau. Von ihrem Sohn Ludwig habe sie nicht allzu viel gehalten.

    Ein außergewöhnliches Duo: August Zirner (Querflöte) und  Sven Feller (Kontrabass).
    Ein außergewöhnliches Duo: August Zirner (Querflöte) und Sven Feller (Kontrabass).

    Als Österreich 1938 in das nationalsozialistische Deutsche Reich eingegliedert wurde, musste Ella Zirner-Zwieback, die jüdische Eigentümerin des Luxuskaufhauses „Maison Zwieback“, ihre Heimat verlassen. Anders als vielen anderen Bürgern jüdischer Herkunft gelang ihr zusammen mit ihrem Sohn Ludwig die Flucht nach Amerika, die ihr Überleben sicherte.

    Franz Schmidt war inzwischen Komponist in Nazi-Deutschland geworden. Er komponierte die Kantate „Eine deutsche Auferstehung“ und die „Kuckucksserenade“ für alle Kuckuckskinder, erzählte Zirner augenzwinkernd. Er spielte auf der Querflöte meisterhaft eine „Serenade für alle Kuckuckskinder dieser Welt“: fröhlich, anmutig und anrührend. Untermalt wurde diese vom Jazz geprägte Musik von Sven Fallers Kontrabass. Hier wurde erlebbar, dass August Zirner, der als erfolgreicher Schauspieler (Grimmepreisträger) bekannt ist, auch ein sehr beschlagener Musiker ist.

    Verfolgt trotz Konversion

    Zur gleichen Zeit musste auch die Wiener Familie Wärndorfer Österreich verlassen. Sie fühlten sich nicht als Juden, da sie bereits Anfang des Jahrhunderts zum evangelischen Glauben konvertiert waren. Für die Nazis galten sie dennoch als Juden, wegen ihrer Vorfahren. Seine Oma bezeichnet Sven Faller als luftig-leichte Person mit einem exzessiven Nachtleben. „Mit Gerd Laqueur hatte sie eine tolle Partie am Laufen, zur Heirat kam es aber nicht“, berichtete er. Beide waren Schöngeister. „Ein Traumpaar“, bis der junge Mann 1938 mit seiner Familie nach Amerika auswanderte und seine Verlobte zurückließ. Sie kehrte ins Rheinland zurück, wo sie Fallers Mutter gebar. Der jüdische Verlobte seiner Großmutter kehrte erst 30 Jahre später zurück, um sein Eheversprechen einzulösen.

    Zirners Vater gründete eine Hochschule für Musik in den USA und der Sohn sammelte dort an der Oper erste Bühnenerfahrungen. Er wollte aber eine Schauspielerausbildung zu machen und kehrte deshalb nach Europa zurück. „Um ein Haar hätten meine Eltern mich übrigens Tamino genannt“, berichtete Zirner schmunzelnd. „Ich wollte den Tamino aus Mozarts Zauberflöte unbedingt einmal singen, aber nach dem Stimmbruch war ich Bassbariton, sodass mir nur der Papageno geblieben wäre.“ Ella Zirner-Zwieback kam nach der Befreiung von den Nazis zurück nach Österreich und verwandte von 1951 bis 1957 viel Kraft darauf, ihr Kaufhaus in Wien zurückzugewinnen. Sven Faller berichtet mit trockenem Humor, dass er der „Neuen Welt“ regelrecht verfallen war und ihm dies mit der Musik eingepflanzt wurde. Von der amerikanischen Kultur beseelt zog es ihn nach New York, um sich dort einen Namen als Musiker zu machen.

    Mythos der Autobahn

    Voller Ironie vergleicht Faller das „Mysterium der deutschen Autobahn“ als großes Missverständnis, den Sehnsuchtsort der freien Raserei für Amerikaner, mit der Route 66 und deren zähfließendem Verkehr. Er beschreibt sich als einen „deutschen Wandervogel in Hollywood“ mit Reisen nach innen und außen.

    Das unterstrich die gefühlvolle Musik, wunderbar auf die Geschichten abgestimmt. Etwa bei der „Bourree“ von Johann Sebastian Bach in der Interpretation der Rockgruppe Jethro Tull und dessen „Locomotiv Breath“, glänzend auf der Querflöte gespielt. Weitere musikalische Schmankerl waren Nat King Coles „Nature Boy“ und Gershwins „Summertime“. Das etwas ungewohnte Duo aus Flöte und Kontrabass unterstrich damit aus den einzelnen Epochen, die spannenden Schicksale verschiedener Familienmitglieder und ging im Dialog perfekt aufeinander ein.

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