Es war ein toller Samstag mit klasse Veranstaltungen bei der 900-Jahr-Feier des Altenkunstadter Ortsteils Baiersdorf. Viele Teilnehmer und noch mehr Zuschauer versammelten sich, um einen bewegenden Umzug vom Hotel Fränkischer Hof zu den Sportanlagen des FC Baiersdorf zu gestalten beziehungsweise zu bewundern. Auch danach stand der Blick auf die vergangenen 900 Jahre im Mittelpunkt.

Der Zug wurde von einer Pferdekutsche mit zwei honorigen Persönlichkeiten des Geschehens und der jüngeren Geschichte als „Passagiere“ angeführt: Edwin Jungkunz, Träger der Kommunalen Verdienstmedaille in Bronze des Landes Bayern und seit 2018 Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande, und Dagmar Dietz, Trägerin der silbernen Ehrenmedaille der Stadt Weismain und für Tätigkeiten im Ehrenamt im oberen Landkreis mehrfach ausgezeichnet.
Kleine und größere Burgfräulein

Danach kam schon Organisatorin Simone Seidel mit einer Kindergruppe in mittelalterlichen Gewändern, ehe es in die Gegenwart ging: So waren die jüngsten Kicker des FC Baiersdorf in ihren bunten Trikots zu erleben, was auch wie eine kleine Hommage an die laufende Fußball-EM wirkte. Dazwischen hatten sich schon etwas größere Burgfräulein, die von der Burg Niesten gekommen waren, unter das muntere Völkchen gemischt.
Dann war der heimliche Gründer und Namensgeber zu sehen: „Ritter Luitpolt zu Beirestorf“. Als Gefolge hatte er die Baiersdorfer Bürger mit Dreschflegeln und Harken aus früherer Zeit und gar einige Nachtwächter mit Hellebarden mitgebracht.

Zurückhaltend daher die Gemeinderäte aus Altenkunstadt mit Zweitem Bürgermeister Marco Weidner, die bis auf einige wenige in Alltagskleidung erschienen waren.
Allerhand Geklimper
Für die musikalische Gestaltung sorgten die vier Spielleute der Gruppe Vogelfrei mit ihren historischen Instrumenten wie Dudelsack, Schalmei und Trommeln sowie allerhand Geklimper an Händen und Beinen. Ein toller Anblick! Und nur freundliche Gesichter, wohin man auch sah. Im oberen Teil angekommen, hatten zunächst einmal die Helferinnen und Helfer an den Ausschankstellen ob der schweißtreibenden Sommertemperaturen viel Arbeit.

Nach kurzer Pause standen historische Führungen auf dem Programm. So war eine echte Schmiede mit Esse und Amboss wie zu früheren Zeiten aufgebaut und angeschürt worden. Schmied Jürgen Dietz und seine beiden Gesellen demonstrieren das Schmiedehandwerk. Dietz erklärte, dass man schon früher auf sich bedacht gewesen sei, denn ein Schmied habe seine Arbeiten immer signiert. Etliche Besucher nahmen von Dietz geschmiedete Hufeisen mit nach Hause, denn sie sollen ja Glück bringen.
Anmutig
Wesentlich anmutiger die beiden Burgfräulein und Wohltäterinnen aus Niesten, Agathe und Hermine, die aus ihrem Leben in sehr altertümlicher, ja schauspielerischer Form erzählten. Ihr Weg von der Burg Niesten zur Schloß-Burg nach Maineck und weiter nach Kulmbach in die Plassenburg zu dortigen Verwandtschaft führte sie eben über „Beirestorf“. Dabei freuten sie sich, dass ihre Schwester Ermelinde einen gepflasterten Weg dorthin gebaut hatte. Hermine hatte wiederum die erste Kapelle gespendet. Wo früher das Vieh getränkt wurde steht heute eine Nepomukstatue.
In Niederadel erhoben

„Wänn die Leut heit sott odär müssen sie immer nuch nein Wold zum Pfiffer sung“ lautete ihre Antwort auf die Frage nach dem Beinamen des Orts „Baschoffer Pfiffer“. Ebenso die Frage, die sich selbst beantworteten. „Wätts denn do a moll a Herberche gäm“? Als geistlichen Trost hatten sie gerade für arme Seelen „Gebetsbildla“ dabei.
„Da ich dem Bamberger Fürstbischoff beim Organisieren der neuen Hoheitsgebiete die nach 1038 von Würzburg am Obermain übergeben wurden, geholfen habe, wurde ich in den Niederadel als Luitpolt von Beirestorf erhoben und bekam das Gut dort geschenkt“, sagte der 1. Beirestorfer Ritter. Diese Schenkungsurkunde wurde jetzt zum Geburtstag herangezogen. „Galt es doch die Gerechtigkeit zwischen Domprobst, Zisterzienser als Langheim, Ritter von Waldenfels, dem Pfarrer von Weismain und meinen Interessen durchzusetzen.“

Die Kinder mussten in die sogenannte „Wingglschuul“. Wie es dort zuging vor über 150 Jahre, erzählte Lehrer Edwin. Zu seinem Schicksal als Lehrer in dieser Zeit sang er das Lied vom armen Dorfschulmeisterlein: „Sein Lohn der ist nicht groß, so kriegt er nur Kloß mit Soß, den frisst er hungrig rein – das arme Dorfschulmeisterlein“. Kühle Getränke und schöne Musik gab es an der Kirche, wo die Altenkunstadter „Brassbinis“ mit ihrer Leiterin, Burgfräulein Stefanie, aufspielten.
„Staabruchmaster“ Roland
Riesige Sandsteinquader, die am oberen Rand von Baiersdorf zu sehen sind, erklärte „Staabruchmaster“ Roland den Interessierten. Vor über Millionen Jahren ist dieser Sandstein entstanden und hat im späten Mittelalter gar zum Bau der Stadtmauer und der Kirche in Weismain Verwendung gefunden. Dass das durchlaufende und sehr gesunde Wasser, das auch im Sportheim läuft, in Verbindung mit dem Erfolg des FC Baiersdorf zu sehen sei, war eine mehr humoristische Aussage.

Adlige hatten es auch nicht immer leicht zu früherer Zeit. So wurde die Gräfin von Niesten von hungrigen Baiersdorf Kindern überfallen, niedergeschlagen und ihr die vorbereiteten Klöße geraubt, die es am Samstag in Schokoladenform gab. Herrliche historische Geschichten des Grafen von Besold und seiner Frau gab es zu hören. Entsprechende Speisen wurden dann am Abend gereicht, wie etwa Wildgulasch und Sau am Spieß.