Umrahmt von einer schmucken Holzvertäfelung fallen sie sofort ins Auge: die glitzernden Pokale und Trophäen, die im Eingangsbereich in zwei Vitrinen in Reih und Glied stehen. Die Reifenindustrie ehrt damit die Besten der Besten unter ihren Zulieferern. Ihre Auszeichnungen zeugen von Liefertreue, Innovation, Service und Zuverlässigkeit. So wie sich ein Fußballclub neue Verstärkung holt, hat sich auch die Maschinenfabrik Fischer aus Burgkunstadt, Weltmarktführer in der Fertigung von Cordschneideanlagen für die Reifenindustrie, neu und breiter aufgestellt. Sie ist mit dem slowakischen Unternehmen Kontrukta TireTech aus Trenčín verschmolzen und firmiert seit dem 28. Januar unter dem Namen Fischer TireTech.
„Es war eine Wunschehe“, sagt Technik-Geschäftsführer Dr. Kristjan Bauer, der als CEO gesamtverantwortlich für das Unternehmen ist. Er ist bei dem Pressegespräch – Videotelefonie macht es möglich – aus Indien zugeschaltet, wo sich das global agierende Unternehmen aus Oberfranken ein weiteres Standbein aufgebaut hat.
Zusammenschluss zahlt sich aus
Durch den Zusammenschluss mit dem slowakischen Unternehmen, das Cordschneide- und Extrusionsanlagen herstellt, habe man Wachstumspotential erschlossen und Synergieeffekte genutzt, erläutert der kaufmännische Geschäftsführer Tilo Heinen. „Beide Firmen sind wichtige Zulieferer im Bereich der Materialvorbereitung für die Reifenproduktion“, ergänzt Detlef Knorr, der als Geschäftsführer Vertrieb über jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen verfügt.
Im vergangenen Jahr hat das Burgkunstadter Unternehmen erstmals in seiner 85-jährigen Geschichte die Umsatzschwelle von 100 Millionen Euro überschritten. Heinen nennt als einen wichtigen Grund das Marktwachstum im Neuanlagengeschäft, spricht aber auch von der „weltweiten Maschinenpopulation aus dem Hause Fischer“, die dem Unternehmen Umbauten und Reparaturen beschert habe. Manche Anlagen stünden schon seit 30 oder 40 Jahren bei den Kunden. Außerdem habe sich der Zusammenschluss mit dem slowakischen Unternehmen ausgezahlt, ergänzt Bauer.
Extruder als neues Geschäftsfeld
Für das neue Jahr ist ein Anstieg auf 120 Millionen Euro geplant. Darauf angesprochen, wie die Firma das Ziel erreichen möchte, kommt ihm das altbekannte Sprichwort „Schuster bleib bei deinen Leisten“ in den Sinn. Man wolle weiter als Zuliefererbetrieb für die Reifenindustrie agieren und sich dabei technologieoffen zeigen. Waren es bislang die Cordschneideanlagen, auf die man sich konzentriert hatte, sind nun zwei neue Geschäftsfelder hinzugekommen, mit denen das Unternehmen punkten will. Die in der Slowakei hergestellten Extruder, auch Schneckenpressen genannt, formen den zur Herstellung eines Reifens benötigten Gummiwerkstoff, zu einem endlos langen Streifen aus.

Wie weiß der Autofahrer, in welchem Zustand sich der Reifen seines Fahrzeuges befindet? Eine Antwort darauf geben intelligente Reifen, die mit einem RFID-Chip (Radio Frequency Identification) ausgestattet sind. „Mithilfe des Chips können Informationen über den Reifen und dessen Herstellungsprozess ermittelt und weitergeleitet werden. Fischer TireTech baut die Laminiermaschinen für diese Zukunftstechnologie. Der Chip wird zwischen zwei Gummistreifen einlaminiert und später in den Reifen eingebaut“ erläutert Knorr.
Dass die Autoindustrie zurzeit schwächelt, hat keine großen Auswirkungen auf das Geschäft von Fischer TireTech. Es würden zwar weniger neue Fahrzeuge gebaut, doch dafür liefen die Gebrauchtwagen länger, betonen die Geschäftsführer. Bei einem Auto, das länger gefahren werde, würden die Reifen durch mehr Fahrleistung verschleißen, was einen Reifenwechsel erfordere, so Knorr.
Auch neue Technologien wie die Elektromobilität oder das autonome Fahren spielten dem Unternehmen in die Karten, betonen die Geschäftsführer. Aufgrund des hohen Gewichts und des unmittelbaren Drehmoments nutzten sich die Reifen bei Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Autos mit Verbrennermotoren stärker ab. „Das ist gut für uns“, freut sich Bauer. Beim autonomen Fahren, das es in den USA und China bereits gibt, werde mittel- und langfristig zwar der Individualverkehr abnehmen, doch dafür würden die Robotaxis mehr Kilometer zurücklegen, was zu einem hohen Reifenverschleiß führe, so Knorr.
Joint Venture in Indien
Zudem gehe es in weiten Teilen der Welt, die technologisch noch nicht so weit entwickelt seien, mit der Mobilität erst so richtig los, ergänzt Bauer. In Indien zum Beispiel, das für Fischer TireTech ein wichtiger Absatzmarkt ist, werde sich die Anzahl der Autos pro Einwohner in den nächsten Jahren vervielfachen. „Deshalb haben wir die bestehende Partnerschaft mit Dawnsun, unserem langjährigen Handelsvertreter für Indien, durch ein Joint Venture intensiviert“, sagt Bauer. Ziel sei es, den indischen Kunden noch mehr Service zu bieten.

Mit dieser Kundenorientierung und qualitativ hochwertigen Produkten will Fischer TireTech weiterhin auf Wachstumskurs bleiben. Dafür sucht das Unternehmen nach neuen Fachkräften. Und wer weiß: Am Ende stehen dann vielleicht noch ein paar mehr Pokale in den Vitrinen des Hidden Champion aus Burgkunstadt.
Fischer TireTech Mitarbeiter: Rund 700 an den fünf Standorten in Burgkunstadt, Trenčín (Slowakei), Chennai (Indien), Lawton (USA) und Quingdao (China). Kunden: In über 50 Ländern hat Fischer TireTech Abnehmer für seine Produkte. Geschäftsführer: Detlef Knorr (Vertrieb), Tilo Heinen (Finanzen), Marcel Drgala (als CEO leitet er den Standort Trenčín in der Slowakei) und Dr. Kristjan Bauer (Technik, als CEO ist er gesamtverantwortlich für das Unternehmen).