Sogar in seiner Heimatstadt Bamberg wird Hans Ehard (1887-1980) mit dem Komiker Heinz Erhardt und dem Politiker Ludwig Erhardt verwechselt. Gegen das Vergessen eines der großen Söhne Bambergs hat der Direktor des Bamberger Stadtarchives Horst Gehringer ein Buch mit einer ausführlichen Biographie von Hans Erhard verfasst. In einem bemerkenswerten Vortrag stellt er das Werk beim CHW der in der Umweltstation Weismain vor.
„Zu Unrecht ist der promovierte Jurist, der zweimal sogar Ministerpräsident in Bayern war, fast vergessen“, sagte Horst Gehringer. Gehe man davon aus, wäre er wohl der bedeutendste Ministerpräsident, den Bayern hatte. Hans Ehard wuchs in Bamberg auf, sein Elternhaus steht in der Wildensorger Straße. Der Vater August Georg stammt aus einer Tuchmacherfamilie aus Spalt, und war später Stadtkämmerer.
Nach dem Abitur studierte Ehard von 1907 bis 1912 Rechts- und Staatswissenschaften in München und Würzburg. Im Ersten Weltkrieg war er als Militärgerichtsschreiber bei der bayrischen Militärjustiz tätig. Politisch fand er in der bayerischen Volkspartei, der Vorgängerpartei der CSU, eine politische Heimat. Bereits 1919 kam er ins Staatsministerium der Justiz. Dass er ein weit denkender Mensch war, zeigte nach dem Ersten Weltkrieg seine Publikation „Was machen wir mit unseren Herrscher-Häusern?“ in Anspielung auf die endende Monarchie in Bayern.
Er verhörte Hitler nach Putsch
1923 war er als Staatsanwalt beim Volksgericht München im Hitler-Ludendorff-Prozess dabei und hatte ein fünfstündiges Verhörgespräch mit Hitler. Er war ein genauer Beobachter der erstarkenden NSDAP. Als deren Kritiker wurde er von Justizminister Hans Frank in den Senat für Urheberfragen degradiert und schied aus dem Ministerium aus. Dennoch blieb er im Staatsdienst. Wegen seiner Kompetenz wurde er Leiter der Bayerischen Vereinsbank. Er trat dem NS-Richterbund und der NS-Volkswohlfahrt (1934) bei, nicht jedoch der NSDAP. Adolf Hitler bezeichnete ihn 1942 als scharf in der Sache, aber höflich in der Form, was alles andere als ein Lob war, wie der Referent betonte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Hans Ehard an den Überlegungen zur demokratischen Neugestaltung Bayerns und Deutschlands maßgeblich beteiligt. So spielte er eine führende Rolle beim Aufbau der Justizverwaltung ohne ein förmliches Amt innezuhaben. Als Wilhelm Hoegner (SPD), ein überzeugten Föderalist, von der amerikanischen Besatzungsmacht zum Ministerpräsidenten ernannt wurde, bestellt er den der CSU beigetretenen Ehard zum Staatsrat im Justizministerium. Seine föderalistischen Ideen, um die Länder wirtschaftlich und finanziell unabhängiger zu machen, gefielen den Besatzern.

„Den Karren aus dem Dreck ziehen, war seine Devise“, erklärte Horst Gehringer. Wegen Zwistigkeiten der CSU-Granden Alois Hundhammer, der die altbayerischen, katholischen und bäuerlich-konservativen Ansichten vertrat, und dem überkonfessionell denkenden Josef Müller, der eine fast schon liberale CSU wollte, wurde Hans Ehard zum Ministerpräsidenten gewählt. Dies gelang erst im zweiten Wahlgang mit Stimmen der SPD. Das führte trotz der absoluten Mehrheit der CSU zu einer große Koalition beider Parteien mit der Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung und dem Block der Heimatvertriebenen. Viele kritisierten, dass Ehard als bayerischer Ministerpräsident mit einer evangelischen Frau verheiratet war, doch sogar Kardinal Michael Faulhaber gab sein Einverständnis.
Mit Stimmen der SPD gewählt
Mit einem juristisch-nüchternen Regierungsstil der von ihm meist harmonisch mit Hoegner geführten bayerischen Kabinette gelang Ehard der demokratische Wiederaufbau von Staat und Verwaltung in Bayern. Um den Einfluss Bayerns auf die Gestaltung der Verfassung der Bundesrepublik zu sichern, lud Ehard 1948 zum Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee ein. Er versuchte, mehr föderale Elemente in der neuen Verfassung zu verankern, konnte sich damit aber nur zum Teil durchsetzen. So entstand auch der Bundesrat. Bayern lehnte dann zwar das Grundgesetz ab, bekannte sich aber dennoch dazu, dass es auch in Bayern gilt.
Förderer Bambergs

Hans Ehard war von 1946 bis 1954 Bayerischer Ministerpräsident, von 1950 bis 1951 Bundesratspräsident, von 1954 bis 1960 Präsident des Bayerischen Landtages und von 1960 bis 1962 nochmals Ministerpräsident und von 1961 bis 1962 nochmals Bundesratspräsident. Auch vergas er seine Heimatstadt Bamberg nicht. Zahlreiche Bauten und Förderungen wie die der Bamberger Symphoniker sind mit seinem Namen verbunden. „Auch wenn Hans Ehard nicht der Mythos eines Landesvaters wie Alfons Goppel oder Franz Josef Strauß umgibt, muss man ihm aus heutiger Sicht dankbar sein“, betonte Horst Gehringer.