Mit der Ankunft des Missionars Johann Flierl in Finschhafen am 12. Juli 1886 begann die Neuendettelsauer Mission in Neuguinea. Über die Zeit des Aufbruchs und das Wirken des Oberpfälzers informierte Dr. Marcus Mühlnikel aus Bayreuth bei einem Vortrag der Bezirksgruppe Burgkunstadt/Altenkunstadt des Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) in der ehemaligen Synagoge in Altenkunstadt.
„In meinen Ausführungen geht es nicht um das Verhältnis zwischen den Missionaren und der einheimischen Bevölkerung, den sukzessiven Ausbau der Missionstätigkeit und auch nicht um Leistungen oder Verfehlungen der Ausgesandten gegenüber den Einheimischen. Im Zentrum steht vielmehr das Verhältnis der ersten Missionare untereinander“, erklärte der Referent. Wer waren die Männer, die sich ans „andere Ende der Welt“ senden ließen, um den „Heidenvölkern“ das Evangelium zu verkünden? Wie gingen sie mit den vielfältigen Herausforderungen um und wie gestaltete sich das Miteinander in einem fremden Land?
Schon als Kind begeistert
Entscheidender Wegbereiter der Neuendettelsauer Mission war Mühlnikel zufolge der Dorfpfarrer Wilhelm Löhe (1808 bis 1872), der 1841 mit der Ausbildung von „Sendlingen“ begann. „Mann der ersten Stunde“ in Neuguinea war Johann Flierl, der am 16. April 1858 in Buchhof bei Sulzbach-Rosenberg geboren wurde. „Über die Lektüre von Missions-Kinderblättern hatte er schon in sehr frühen Jahren den Entschluss gefasst, einmal in die Auslandsmission zu gehen“, berichtete Mühlnikel. Weil die Familie ein Studium nicht finanzieren konnte, wurde er in das Missionshaus in Neuendettelsau geschickt. Dort sei Flierl für die Innere Mission in Nordamerika ausgebildet worden.
Der junge Mann wollte aber lieber als „Heiden-Missionar“ eingesetzt werden und lehnte daher ein Angebot, in die USA zu gehen, ab. 1878 wurde der 20-Jährige nach Südaustralien ausgesendet, wo er seine spätere Frau Luise kennenlernte. 1882 heirateten sie in Tanunda. „Flierl stand bereits sieben Jahre in Australien im Dienst der Mission, als sich ihm 1885 die Möglichkeit bot, in Neuguinea ein neues Missionsfeld zu eröffnen“, so der Referent.
Voraussetzung für Flierls Übersiedlung sei gewesen, dass das Deutsche Reich den Nordosten Neuguineas „unter Schutz“ gestellt hatte. Verwaltet worden sei das Gebiet von der 1882 gegründeten Neuguinea-Kompagnie, die mittels Handel und Plantagen-Wirtschaft gewinnorientiert arbeitete. Der Zentralort der Kompagnie war Finschhafen an der Ostküste.
Flierl, der seine Frau in Australien zurückgelassen hatte, erreichte Finschhafen am 12. Juli 1886. In seinen Briefen an den Missionsinspektor Johannes Deinzer betonte Flierl, dass er für die Missionsarbeit auf die vorhandene Infrastruktur zurückgreifen könne. „In Simbang sollte die erste Missionsstation entstehen, doch mit ihrem Aufbau wurde erst begonnen, als mit Karl Tremel Anfang Oktober 1886 der zweite Neuendettelsauer Missionar in Neuguinea angekommen war“, berichtete der Referent.
Die erste Missionsstation
Die beiden Missionare hätten sich zügig an den Aufbau der Station gemacht und am 8. Oktober erfolgte mit Unterstützung der Neuguinea-Kompagnie der Umzug nach Simbang. Wurden sie anfangs von der Bevölkerung noch abgelehnt, so seien sie nach und nach doch akzeptiert worden. Das Missionsgebiet mit unzähligen Ortschaften, unbekannten Bräuchen und Gepflogenheiten der Einheimischen und vielen Sprachgemeinschaften sei für die Männer eine riesige Herausforderung gewesen.
Zu Auseinandersetzungen kam es laut Mühlnikel aber nicht nur mit den Einheimischen, sondern auch unter den Missionaren. In einem Brief an Johannes Deinzer habe Flierl beklagt: „Tremel beobachtet scharf, beredet alles, was ihm missfällt, und kommt dabei leicht ins Nörgeln.“ Tremel wiederum missfalle das Verhalten Flierls gegen „Weiße und Schwarze“. Er sei zu mild. „Sowohl Johann Flierl als auch Karl Tremel traten sehr bestimmt und wenig kompromissbereit auf. Tremel, der zwar keine Erfahrung in der Missionsarbeit besaß, jedoch ein halbes Jahr älter war als Flierl, konnte und wollte diesem die bedingungslose Führerrolle auf der Station nicht überlassen“, erklärte Mühlnikel.

Streit unter den Missionaren
1887 erhielt die Station mit Georg Bamler einen dritten Missionar. Im Oktober 1887 reiste Flierl nach Australien, um seine Frau Luise nach Neuguinea zu holen. Die Hoffnung auf ein harmonisches Zusammenleben mit den Brüdern habe sich jedoch nicht erfüllt. Ende Oktober 1888 informierte Flierl die Neuendettelsauer Zentrale über eine heftige Auseinandersetzung: „In diesem Streit hätte Georg Bamler sich auf Tremels Seite geschlagen und sich dabei Dinge geleistet, die selbst für Tremel zu weit gegangen seien“. Für die schlechte Stimmung habe Tremel Flierls Frau Luise verantwortlich gemacht, die nur für ihren Mann da sei und nicht an das allgemeine Wohl denke.
Die Situation habe sich beruhigt, als Karl Tremel nach Australien aufbrach, um sich ebenfalls eine Frau zu suchen. Nach dessen Abreise habe sich das Verhalten von Georg Bamler verbessert und selbst Tremel habe sich einsichtig gezeigt. „Flierl wiederum versäumte es gegenüber der Missionsleitung in der Zeit der Trennung jedoch nicht, seine Position in langen Briefen zu begründen und dabei immer wieder Material gegen Tremel zu liefern“, so der Referent. Die Gründung einer zweiten Station auf den vorgelagerten Tami-Inseln sei dabei ins Gespräch gekommen.
Tatsächlich wurde am 9. November 1889 die Missionsstation auf Tami gegründet. Tremel war im August mit seiner Ehefrau Christine nach Simbang zurückgekommen und ein Vierteljahr später siedelten das Ehepaar und Georg Bamler nach Tami über. Das Missions-Team wuchs. Nach der Ankunft von Georg Pfalzer im April 1889 und von Johann Konrad Vetter im Oktober 1889 befanden sich fünf Missionare und zwei Missionsfrauen in Neuguinea.
Um die Berichte aus der Mission zu vereinheitlichen und Aussprachen unter den Missionaren zu forcieren, wurden Missionskonferenzen eingerichtet. Das Missionswerk wuchs stetig und 1892 wurde eine Station auf dem Sattelberg errichtet. Sie entwickelte sich Missionszentrum, von wo aus die Reisemission in das Hochland begann.

Johann Flierl habe bis 1930 am Aufbau der Mission mitgearbeitet und dann seinen Ruhestand im australischen Tanunda und ab 1937 in Neuendettelsau verbracht. Dort starb er am 30. September 1947 im Alter von 89 Jahren. Sein Grab auf dem Neuendettelsauer Friedhof wird regelmäßig von Partnerkirchen aus Neuguinea besucht.
„Keine unfehlbaren Helden“
Schmälert der Streit unter den ersten Missionaren ihre Leistung? „Sicher nicht. Die über Jahre und Jahrzehnte getragenen Entbehrungen, die Todesgefahren, in denen die Missionare und später auch deren Frauen und Kinder schwebten, sowie die Frustration über die vielen Rückschläge machen deutlich, dass die Mission der `Heidenvölker´ Neuguineas den Männern ein inneres Anliegen war. Die Neuendettelsauer Brüder waren keine unfehlbaren Helden, wie es die Missionspropaganda in der Heimat zuweilen vorgaukelte“, erklärte der Referent.