Während Kunstausstellungen wegen der Corona-Pandemie geschlossen sind, zeigt der Holzformer Ernst Müller zahlreiche Skulpturen in seinem Garten in der Dr.-Friedrich-Baur-Straße 6 in Altenkunstadt. Kunst zum Nulltarif und ohne Infektionsrisiko.

Schon in jungen Jahren entdeckte Ernst Müller seine Vorliebe für den Werkstoff Holz und er erinnert sich noch gerne daran, wie er mit einem kleinen Taschenmesser erste Figuren, Pfeil und Bogen aus Ästen schnitzte. Auch in seinem Beruf als Heilpädagoge ließ er die ihn anvertrauten jungen Menschen gerne mit Holz experimentieren. Den Anstoß zu seinen künstlerischen Arbeiten gab ein Besuch der Messe „Heim & Handwerk“ in München, wo er die Schnitzschule und Bildhauerei Geisler-Moroder aus dem Lechtal kennenlernte, bei der er im nächsten Urlaub einen Schnitzkurs belegte. „So, zeig? mal was du kannst“, sagte der Kursleiter und drückte ihm ein Stück Holz in die Hand. Müller war so begeistert, dass er wieder zu Hause sein erstes Schnitzmesserset kaufte.
Mit Sitzgelegenheiten und Klettergeräten für Kinder fängt es an
Nach etlichen Versuchen mit kleineren Werken wagte er sich auch an Baumstämme und fertigte für die Kindergärten am Obermain Sitz- und Krabbelgelegenheiten in Tierform, etwa ein großes Krokodil. Sein Glaube inspirierte ihn auch zu Skulpturen mit christlichen Motiven. Seine Werke schmücken einige heimische Kirchen. Bei einem weiteren Schnitzkurs in Tirol beeindruckte ihn ein Künstler, der mit einer Kettensäge einen Baumstamm bearbeitete und er versuchte sich ebenfalls in dieser Arbeitstechnik.

Inspirieren lässt sich Ernst Müller meist von der Form eines Holzstücks – sei es ein Baumstamm oder ein ungewöhnlich geformter Ast. Auch eigene Ideen und Erlebnisse verarbeitet er in seinen Werken. Auftragsarbeiten nimmt er allerdings nicht an. Auch bei der 1200-Jahr-Feier Altenkunstadts wirkte er mit. Damals hielt Ehrenbürger Josef Motschmann die Laudation und würdigte das künstlerische Schaffen in der Gemeinde. Die Arbeiten des Holzformers sind in zahlreichen Rathäusern, Kliniken,
Bankgebäuden, der Altenkunstadter Synagoge und bei etlichen Gemeinschaftsausstellungen in der Region zu sehen.
Neben Holz experimentiert der Künstler mit betongetränktem Stoff
Dabei arbeitet er nicht nur mit Holz, sondern hat auch neue Techniken aufgenommen, indem er aus betongetränkten Tüchern Skulpturen fertigte, wie etwa der „Vorleser“, dessen faltiges Gewand an mittelalterliche Mönche oder Büßergestalten erinnert.

Zu sehen sind viele seiner Werke in seinem Garten in Altenkunstadt, wo im Laufe der Jahre ein kleiner Skulpturenpark entstanden ist. Neben der handwerklichen Qualität beeindruckt Müller auch mit vielseitigen künstlerischen Ideen. Durch ihren Ausdruck faszinieren die Skulpturen des „Vorlesers“ mit einem Buch unter den Arm oder des „Nachfolgers“ – einem Hinweis, dass jeder ein Vorbild und ein gute Nachfolger von Jesus Christus sein kann. Aus der Hauswand ragen Hände heraus, die den Betrachter freundlich zu begrüßen scheinen, an anderer Stelle sind Gesichter zu sehen und auf dem Balkongeländer scheint ein Hausbewohner zu sitzen. Erst bei näherer Betrachtung fällt auf, dass es sich um eine Puppe handelt. Zahlreiche Holzarbeiten in unterschiedliche Größen und Stilen ergänzen das Freilichtmuseum, das jeder Passant beim Blick über den Zaun besichtigen kann.