Er fliegt und fliegt und fliegt. Während die anderen Piloten aus Deutschland und Österreich bereits die Segel streichen, schwebt der Großsegler „Glasflügel 604“ von Andreas Kunz noch immer über den Modellflugplatz von Kaltenreuth. „Dieser Durchgang war geil“, entfährt es dem Kulmbacher Weltmeister vor lauter Freude bei der „Contest Eurotour“ für GPS-Flieger, die an Pfingsten in dem Burgkunstadter Ortsteil Station gemacht hat.
Als Grund für den exzellenten Flug im vierten und letzten Durchgang führt der Pilot, der Mitglied bei der Segelfluggruppe Kordigast Burgkunstadt ist, die sehr gute Thermik an, die er beim Geradeausflug habe mitnehmen können.

Eine halbe Stunden später hat der Oberfranke, der den Teilwettbewerb der „Contest Eurotour“ nach Kaltenreuth geholt und organisiert hatte, erneut Grund zum Jubeln. Marianne Kreß aus Aschaffenburg, die den Wettbewerb leitet, überreicht Andreas Kunz die Urkunde für den zweiten Platz. Als Sieger geht der Berliner Florian Griese vom Platz, der für die Interessengemeinschaft Modellflug Nord in Bärenklau bei Berlin fliegt.
Der Pilot von der Spree hat sich ein ziemlich knappes Rennen mit seinem Kontrahenten aus Oberfranken geliefert. „Bei einem Durchgang hatte ich mehr Runden, weil ich über die gesamte Zeit schneller geflogen bin“, benennt er den Grund für seinen Sieg. Dritter wird Josef Mögn vom Fliegerclub Eichstätt in Oberbayern.

Zwei Tage lang blicken 15 Piloten aus Nah und Fern, gebannt in den Himmel, wo Großsegler auf einer Höhe von maximal 500 Metern ihre Runden drehen. Die von Kunz zusammen mit Philip Kolb aus dem südhessischen Jügesheim entwickelte originalgetreue Nachbildung eines Segelflugzeuges hat eine Spannbreite von acht Metern und ein Gewicht von 21,8 Kilogramm. Der elektrisch betriebene Modellflieger saust mit einer Geschwindigkeit von 180 bis 200 Kilometern durch die Lüfte.
Kunz schätzt am GPS-Fliegen, dass es sehr nah dran am manntragenden Streckensegelflug ist. Dazu muss man wissen, dass der Kulmbacher bis 1998 in Segelfliegern durch die Lüfte geschwebt war. Er war sogar schon Bayerischer Juniorenmeister im Streckensegelflug gewesen.
Heute hat der 56-jährige festen Boden unter den Füßen, seine Fernsteuerung fest in der Hand und mit Georg Thanner aus Garmisch-Partenkirchen einen Navigator fest an seiner Seite, mit dem er im vergangenen Jahr im baden-württembergischen Neresheim Teamweltmeister geworden war.
„Man ist konzentriert darauf, mit seinem Modell ein virtuelles Dreieck in 30 Minuten so oft wie möglich zu umrunden. Geflogen wird in Zweier-Teams: Der Navigator, der an einem Tablet per GPS die Position sieht, gibt diese an den Piloten weiter“, erklärt Kunz mit wenigen Worten seinen Modellflugsport. In seinem Ohr trägt er einen Kopfhörer. Ein hoher Ton zeige ein Aufsteigen an, ein tiefer Ton ein starkes Abfallen, so der Experte.
In Thermik kreisen
Die Einschätzung der Thermik ist bei diesem Sport das A und O. Unter Thermik versteht man aufsteigende warme Luft. Damit lasse sich gut kreisen, Höhe gewinnen und Dreiecke fliegen. Je länger man gleite, desto mehr verliere man an Höhe. Dann müsse man sich wieder aufs Neue, so der Fachmann, aufsteigende warme Luft suchen.

Bei dem wechselhaften Wetter an Pfingsten ist das für die Piloten keine leichte Aufgabe. In Kaltenreuth werden bis zu 16 Umrundungen geflogen. Kunz kann 15 für sich verbuchen. Mit Blick auf den Weltrekord, der derzeit bei 21 umrundeten Dreiecken liegt, liege man mit den in Kaltenreuth erzielten Resultaten relativ gut, hebt der Kulmbacher hervor.
Wer am Ende der acht Wettbewerbe in Deutschland und Slowenien als Gesamtsieger der „Contest Eurotour“ hervorgehen wird, steht noch in den Sternen. Etwas anderes steht bereits fest. „Wir haben uns sehr wohl gefühlt in Kaltenreuth und werden im nächsten Jahr wiederkommen“, sagt Kunz zum Abschied. Dem Vorsitzenden der Segelfluggruppe „Kordigast“ Burgkunstadt Werner Hahn aus Altenkunstadt, zaubert er damit ein Lächeln auf das Gesicht.