Sie weiß mit roten Zahlen umzugehen. Die Kämmerin der Stadt Weismain, Carmen Bezold, blickt fast jeden Morgen auf einen Kontoauszug, der voll davon ist. Schon seit Jahren ringt Weismain mit Geldproblemen.
Vergangenes Jahr hatte sich die Situation zugespitzt: Im Haushalt der Stadt klaffte eine Finanzierungslücke von rund einer halben Million Euro. Gründe waren steigende Kosten und der Einbruch der Gewerbesteuer.
Bei einer Bürgerversammlung sagte Bürgermeister Michael Zapf (GUB) damals: Nur wenn die Stadt sich auf ihre Pflichtaufgaben konzentriere und keine Vorhaben beginne, könne für 2024 ein genehmigungsfähiger Haushalt aufgestellt werden. Für Kämmerin Carmen Bezold begann eine herausfordernde Zeit.
Am Dienstag sagte sie bei einer Sondersitzung des Stadtrates in der Abt-Knauer-Grundschule in Weismain: „Alle Ausgaben müssen auch künftig auf ihre absolute Notwendigkeit hin überprüft werden." Der Vermögenshaushalt 2024 ist insoweit ausgeglichen, da der Fehlbetrag zwischen Einnahmen und Ausgaben mit weiteren Kommunaldarlehen aufgefüllt wurde. "Es gilt weiterhin eine strenge Haushalts- und Ausgabedisziplin", so die Kämmerin.
„Alle Ausgaben müssen auch künftig auf ihre absolute Notwendigkeit hin überprüft werden.“
Carmen Bezold, Kämmerin von Weismain
Freiwillige Leistungen seien nicht möglich und Einnahmen vollständig durch die Verwaltung einzuheben. „Bei 92 Prozent der Kosten können wir an keiner Stellschraube mehr drehen, da diese gesetzlich oder vertraglich vorgegeben sind.“
Knapp 20,6 Millionen Euro Schulden
Der Vermögenshaushalt für das Jahr 2024 liegt bei rund 10,15 Millionen Euro, der Verwaltungshaushalt bei 13,5 Millionen. Somit ergibt sich ein Gesamthaushalt von 23,65 Millionen. Der Schuldenstand lag zu Jahresbeginn bei 19,43 Millionen und wird Endes des Jahres voraussichtlich bei knapp 20,6 Millionen liegen.
Die zur Stärkung der Liquidität sowie in Verbindung mit der Vorfinanzierung von Investitionsfördermaßnahmen benötigten Kassenkredite liegen bei 7,8 Millionen. 2,88 Millionen an Darlehen werden für Investitionen benötigt. Die höchsten Ausgaben aus dem Verwaltungshaushalt sind die Personalkosten mit 3,4 Millionen Euro, gefolgt von der Kreisumlage (2,65 Millionen) sowie von Zuschüssen und Zuweisungen (2,3 Millionen). Die Ausgaben erhöhen sich laut Bezold aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen in den Bereichen Energie, Anschaffungen und Unterhalt, in Verbindung mit der derzeitigen Zinsentwicklung sowie durch die allgemeinen Tariferhöhungen.
Die Einnahmen bleiben gegenüber den Vorjahren nahezu stabil. Die wichtigsten Einnahmen des Verwaltungshaushaltes sind: Realsteuern in Höhe von 2,28 Millionen Euro und die Einkommens- und Umsatzsteuerbeteiligung in Höhe von 3,14 Millionen. Die Schlüsselzuweisungen liegen bei rund 1,44 Millionen und die sonstigen Zuweisungen bei 330.000 Euro.
In der Grundschule wurde getagt, da das Rathaus derzeit saniert wird – dies sei nur durch Fördermittel zu stemmen, die im Vermögenshaushalt mit 3,69 Millionen beziffert sind. Zuwendungen werden in Höhe von rund 3,5 Millionen erwartet. Die höchsten Kosten hat die Stadt für die Sanierung der Kanal- und Wasserleitungen (RZWas) zu bewältigen: 850.000 Euro. Die Baukosten liegen 2024 bei 2,85 Millionen und werden mit zwei Millionen Euro bezuschusst.

Weitere Baumaßnahmen, die in diesem Jahr anstehen, sind die Sanierung des Hutzelbrunnens, die heuer fertig gestellt werden soll (Baukosten: 333.200 Euro; Fördermittel: 162.000 Euro; Eigenanteil: 171.200 Euro) und die Sanierung des Sozialtrakts und der Heizung im Feuerwehrhaus (Baukosten und Eigenanteil: 147 500 Euro; keine Fördermittel), der Breitbandausbau (Baukosten: 168.100 Euro; Fördermittel: 211.300 Euro; Eigenanteil: minus 43.200 Euro); und die Sanierung Grundschul-Turnhalle (Baukosten: 128.000 Euro; Fördermittel: 228.800 Euro; Eigenanteil: minus 100.800 Euro).
Hinsichtlich des Turnhallen-Sanierung und des Breitbandausbau bekommt die Stadt mehr Zuschüsse in diesem Jahr ausbezahlt, als Rechnungen offen sind. „Das hängt damit zusammen, dass diese beiden Maßnahmen nun fertiggestellt sind und abgerechnet werden können. Die Fördergeldgeber zahlen während der Baumaßnahme nur Abschläge aus“, erklärte Bezold.
Für die von der Stadt verwaltete Wohltätigkeitsstiftung sind im Verwaltungshaushalt 20.350 Euro vorgesehen. Für den Ausgleich sind Rücklagen in Höhe von 2350 Euro erforderlich. Weitere Investitionen, Grundstücksgeschäfte oder Kredite sind nicht geplant.
Straßensanierung – aber welche?
300.000 Euro sind außerdem für die Sanierung einer Straße vorgesehen. Nur welche? Das Geld reiche womöglich nicht mal für eine. Dabei sind nach Angaben der Stadt sowohl die „Untere Giechkröttendorfer Straße“, als auch die Straße „Neudorf – Görau“ sanierungsbedürftig. Das Landratsamt möchte eine genaue Angabe im Haushaltsplan bezeichnet haben.
„In der Straße Neudorf – Görau sind sehr viele Schlaglöcher“, brachte Stadtrat Rudolf Dück (CSU) ein. Schlaglöcher, Schlamm und Ausschwemmungen beklagten Anwohnerinnen und Anwohner der „Unteren Giechkröttendorfer Straße“ vergangenen Dezember. Der Stadtrat entschied sich schließlich für die „Untere Giechkröttendorfer Straße“. Eine Gegenstimme gab es von Rudolf Dück.
„Nur, weil es nun im Haushaltsplan steht, heißt das noch lange nicht, dass wir den Straßenausbau auch vornehmen können“, sagte der Zweite Bürgermeister Matthias Müller (GUB). Er räumte ein, enttäuscht zu sein, dass kein Vertreter der Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamtes bei der öffentlichen Haushaltssitzung dabei war, schließlich gebe es noch offene Fragen. „In der Vergangenheit wurden trotz unserer schwierigen Finanzsituation immer wieder Kredite genehmigt. Weismain gerät immer mehr in die Schuldenspirale. Ich kann nicht verstehen, dass das Landratsamt dabei zusieht.“
Wie Blick in Glaskugel
Auch bis 2027 dürfen laut der Kämmerin nur „absolut notwendige“ Ausgaben vorgenommen werden. Bezold sagte: Der Blick in die Zukunft sei wie ein Blick in eine Glaskugel. „Aufgrund unserer Finanzsituation kann man nicht viel planen. Wir können nur relativ kurzfristig agieren. Die ,große Politik‘ ist sehr schnelllebig. So müssen wir abwarten, ob Fördermaßnahmen aufgrund der aktuellen Finanzsituation des Bundes vielleicht gestrichen oder unter neuen Richtlinien und Voraussetzungen fortgesetzt werden.“
Schwerpunkte werden auch in den Jahren 2025 bis 2027 auf der Sanierung der Wasserleitungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen liegen sowie bei Maßnahmen im Rahmen der Städtebauförderung und bei der Sanierung des Rathauses.
Da der erforderliche Umbau des städtischen Bauhofes durch kein Förderprogramm bezuschusst wird, soll ein Antrag auf Stabilisierungshilfe (Investitionshilfe) im Haushaltsjahr 2024 gestellt werden. Denn der Umbau kann laut Kämmerin nur mit staatlichen Mittel akquiriert werden. Ansonsten brauche man Alternativen.
Im Zeitraum von 2024 bis 2027 ergibt sich ein Darlehensbedarf von 12,41 Millionen Euro. 5,48 Millionen sollen in diesem Zeitraum getilgt werden. Bezold betonte, dass der Finanzplan keine verbindliche Planung darstelle, sondern eine Prognose und „unverbindliche Absichtserklärung“. Ohne Gegenstimme segnete der Stadtrat den Haushalt für 2024 sowie die Finanzplanung bis 2027 ab.
Bundesweites Problem Das Problem der Überschuldung trifft in diesem Jahr viele Kommunen in Deutschland. „Wir sind weit nicht mehr die einzigen“, sagte Bürgermeister Michael Zapf bei der Sondersitzung des Stadtrats am Dienstag. Grund sind Verschiebungen von Finanzlasten durch Bund und Länder – ohne entsprechenden Finanzausgleich. Das Statistische Bundesamt meldete Ende 2023 eine Erhöhung um 3,3 Prozent, das entspricht rund 77,4 Milliarden Euro. Wirtschaftsforschungsinstitute kritisieren, dass Kommunen zusätzliche Aufgaben übertragen wurden, ohne sie finanziell dafür auszustatten. Die Folge ist in Weismain zu sehen: Investitionen werden zurückgefahren, die Kreditlast steigt. „Die Kostenexplosionen erfordern ein rasches und umsichtiges Handeln, da die zur Verfügung stehenden, wenigen Mittel entsprechend eingesetzt und gegebenenfalls umgeschichtet werden müssen, um den Verwaltungsbetrieb im Ganzen am Laufen halten zu können“, sagte Kämmerin Carmen Bezold. Weismain hat schon in den Jahren 2012 bis 2017 Stabilisierungshilfen erhalten – quasi eine staatliche Hilfe zur Selbsthilfe zur Tilgung von Schulden und Entlastung des Haushalts. Nachdem die Gewährung von Stabilisierungshilfen auf maximal fünf Jahren begrenzt ist, will die Stadt diese nun erneut beantragen. Dem Konzept zur Haushaltskonsolidierung stimmte der Stadtrat einstimmig zu. Aus dem Stadtrat • Dem Bauantrag für einen beidseitigen Anbau an eine bestehende Maschinen-/Bergehalle und dem Abriss einer ehemaligen Futterküche auf der Flurnummer 2556, Gemarkung Neudorf (Seubersdorf 29), stimmte der Stadtrat zu. Geplant sind zwei Anbauten mit Pultdach aus Trapezblecheindeckung sowie die Verkleidung der Außenwände aus Holzbrettern. Die Entwässerung erfolgt über einen Rückhalt in eine ehemalige Güllegrube mit Überlauf und Weiterleitung in einen unterirdischen Sickerschacht. • Über den Vorentwurf des neuen Flächennutzungsplans der Stadt Weismain wird voraussichtlich in der nächsten Sitzung entschieden, da dieser vom Planungsbüro nochmals überarbeitet wird. Stadtrat Michael Dreiseitel (SPD) hatte zuvor einen Geschäftsordnungsantrag zur Absetzung des Flächennutzungsplan von der Tagesordnung gestellt, der abgelehnt wurde.