Man könnte fast meinen, die berühmte Zeichnung der Riesenschlange, die gerade einen Elefanten verdaut, sei vom sechsjährigen August Zirner persönlich gemalt – so enttäuscht und empört spielte er die Rolle des namenlosen Erzählers in der Interpretation des Weltklassikers „Der kleine Prinz“ aus der Feder Antoine de Saint-Exupérys Klassiker. Das Publikum im ausverkauften Saal erlebte auf diese Weise am jüngsten Kultursonntag der Kulturgemeinde Burgkunstadt, die von der Friedrich-Baur-Stiftung unterstützt wird, viele heitere, aber auch überraschende und nachklingende Momente. Gemeinsam mit und Kai Struwe am Kontrabass stellte der Schauspieler und Musiker an Flöte und Saxophon eine ganz eigene Auslegung der bekannten Geschichte rund um die Reise und Begegnungen des kleinen Prinzen dar.
,,Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche bleibt für das Auge unsichtbar.“
Antoine de Saint-Exupéry
Die Handlung des Kunstmärchens beginnt zunächst mit der Flugzeugpanne eines Piloten in der afrikanischen Wüste, der dadurch die Bekanntschaft eines Kindes, des kleinen Prinzen, macht. Dieser bittet ihn, ein Schäfchen zu zeichnen, das – am Ende des Malprozesses – in einer Kiste steckt. Sehr zum Gefallen des kleinen Prinzen und dessen Imaginationskraft. Dieser stammt von einem anderen, sehr kleinen Planeten, auf dem er drei Vulkane und eine Rose besitzt. Er ist aufgrund von Differenzen mit der Rose von seinem Planeten geflüchtet und hat auf seiner Reise über mehrere Planeten verschiedene Menschen getroffen. Unter ihnen sind ein karikierter Herrscher, ein Eitler, ein Trinker oder ein Geschäftsmann. Ihre Werte, etwa das bloße Besitzen-Wollen, erschrecken den kleinen Prinzen. August Zirner imitierte dabei so viele verschiedene Stimmen in Excellence, dass zur Vorstellung weder Bühnenkulisse noch Verkleidung nötig waren. In seiner ausgefeilten Mimik und Gestik trafen sich in sekundenschnelle die jeweiligen Emotionen, passend zu den Figuren.

Nachdem der kleine Prinz auf die Erde gefallen ist, begegnen ihm Menschen wie der Händler. Dieser möchte ihm beispielsweise „Pillen gegen den Durst“ verkaufen, weil man so wohl 53 Minuten pro Woche sparen kann. Nach einer zwölfmonatigen Wanderung freundet er sich mit einem Fuchs an, der sich von ihm zähmen lässt und ihm zum Abschied ein Geheimnis verrät: ,,Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche bleibt für das Auge unsichtbar“. Mit dieser Erkenntnis macht er sich auf den Rückweg zu seiner einmaligen Rose, um die er sich kümmern muss. Um zurück zu seinem Planeten zu kommen, lässt er sich von einer Giftschlange beißen.
Das geschieht, als es dem Erzähler gelingt, nach tagelanger Arbeit sein Flugzeug zu reparieren und so dem Tod in der Wüste entkommt.
Musikalische Pausen lassen Raum zum Nachdenken
Immer wieder legt das Duo eine Pause mit eigens komponierter Musik ein, die nach den vorgetragenen Passagen Raum zum Nachdenken lässt. Die beiden Instrumente Kontrabass und Flöte genügen sich dabei völlig: Während Kai Struwe den tiefen Takt des Lebens vorgibt, geht die Flöte verschlungene Wege. Sie betritt Wege, dreht um und biegt ab: helle, klare Töne wechseln sich mit abrupten Tonfolgen ab – doch stets befinden sich beide Instrumente im Einklang miteinander.
Auf diese Weise wird die Geschichte des kleinen Prinzen eine ganz Persönliche für das Publikum: So fern wie die Begegnungen des Kindes auf dem anderen Planeten uns scheinen, so nah führt es uns doch Werte wie Liebe, Freundschaft, Sehnsucht und Lebenssinn. So einfach und schlicht der Schreibstil Antoine de Saint-Exupérys auch sein mag, so viele Botschaften verstecken sich in der scheinbaren Einfachheit der Worte. Vielleicht gerade deshalb.
Tiefe Gedanken in einer kunstvoll einfachen Sprache
In diesem Sinne traten auch August Zirner und Kai Struwe auf: Ohne Allüren, ohne Bühnenequipment. Der Schauspieler mit österreichischem und amerikanischem Pass hat in über 80 Filmen mitgewirkt und ist der deutschen Film- und Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken. Aber auch als Musiker (Flöte und Saxophon) ist der beliebte Schauspieler unterwegs, denn August Zirner liebt Geschichten.
Kai Struwe musiziert außer mit seiner eigenen Band, dem Spardosen-Terzett aktuell in der Band von Helge Schneider. Nach einem Studium an der Folkwang Hochschule in Essen unterrichtete er an der Uni Essen Gehörbildung, Harmonielehre, Bass und Combospiel. Parallel dazu konzertierte er als gefragter Musiker bei Chris Farlow und vielen anderen Bands verschiedenster Musikrichtungen. Außerdem komponierte Kai Struwe zahlreiche Theater-, Hörspiel-, Film- und Werbemusiken.

„Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry hat 80 Jahre nach seinem Erscheinen nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Mit Übersetzungen in über 150 Sprachen gehört das Werk zu den meistverkauften Büchern der Welt.
Der nächste Kultursonntag findet am Sonntag, 11. Dezember, statt. Die musikalische Lesung „Weihnachten mit Oskar“ mit Monika Manz und Susanne Wienhöppel (Harfe) beginnt um 17 Uhr. Auch das weitere Programm für die gesamte Saison 2022/23 ist unter baur-stiftung.de/kultursonntage.html einsehbar.