Lebendige Stadtgeschichte präsentierte die „Zeitreise“-Gruppe bei der Veranstaltungsreihe „Weismain im Licht“ am vergangenen Wochenende in der Pfarrkiche St. Martin. Eingeladen hatten die Pfarrei Weismain und das katholische Dekanat Coburg-Lichtenfels. „Lichtgestalten beleuchten die jahrhundertealte Verbundenheit“ zur Stadt, ihrer Pfarrei und den Bürger, lautete das Motto des zweiten Tages.
Den Mitgliedern der „Zeitreise“-Gruppe, die sonst bei Stadtführungen im Einsatz sind, ist es sehr zur Freude der zahlreichen Besucher gelungen, auch die bedeutendsten Persönlichkeiten der Weismainer Kirchengeschichte ins rechte Licht zu setzen. Mal humorvoll, mal nachdenklich stellen die Akteure die historischen Gestalten anschaulich dar.
Die Wallfahrer ziehen ein
Wie bei einer Wallfahrt marschierten sie ein und als Vorbeter stimmte Jürgen Dietz das alte Wallfahrerlied „Gott Vater, schau auf deine Kinder“ im Wechselspiel mit den Besuchern. Unter den neun Akteuren stellten zwei Adlige dar. So wurde Agnes von Andechs-Meranien (Simone Seidel) mit einer Kutsche ins Gotteshaus gefahren, war sie doch eine Förderin beim Bau der ersten Kirche in Weismain. In Reimen stellte sie sich und ihre Zeit um 1240 vor.

„Aus meinem kleinen Kirchlein ist wahrhaft einen schönes Gotteshaus erblüht, denn hier in Weismain waren die Menschen immer um dieses bemüht“, sagte sie. „Und so bitt ich dich, Herr Jesus Christ, dass du weiter unser Schutz und Segen bist“, schloss sie.
Als Helena Neydecker berichtete Liane Neidlein, dass sie als zweite Frau von Moritz Neydecker zwölf Kinder hatte, von denen neun bald starben. Moritz Neydecker ließ sich 1543 ein Wohnhaus in zentraler Lage gegenüber der Kirche bauen ließ, das mit 26 Meter Firsthöhe alle anderen Bürgerhäuser überragte und die Silhouette Weismain prägte. Ein Wappen im Altarraum zeugt von der Unterstützung der anfallenden Kosten in der Kirche.
Über die Weismainer Wallfahrt informierte Jürgen Dietz. Er sang das geistliche Lied, wie es heute noch beim Auszug von Wallfahrten nach Vierzehnheiligen gesungen wird: „Beim frühen Morgenlicht“. Diese Wallfahrt habe schon vor dem Bau der Basilika stattgefunden. Es gelte als sicher, dass die Feier zur Grundsteinlegung von einer Blasmusik aus Weismain begleitet wurde. Seit 1869 findet diese Wallfahrt am zweiten Sonntag im Juli statt.

Mit der Katharinnenkapelle in Wallersberg und der Kirche St. Clemens in Neudorf hatte Weismain selbst zwei Wallfahrtsorte. Die 1520 erstmals erwähnte Kirche in Neudorf war ein Hot-Spot für Wallfahrten. So pilgerten viele Gläubige Ende des 18. Jahrhunderts zum heiligen Wendelin, um ihn bei Krankheiten des Viehs oder Unglücken in Ställen anzurufen. 1812 kamen trotz Verbotes der bayerischen Regierung wegen einer Viehseuche über 5000 Wallfahrer nach Neudorf. Es mute bis heute wie ein Wunder an, dass der Jura von der Seuche verschont blieb, die im Maintal wütete, erklärte Dietz.
Hexenverfolgung
Als Weihbischoff Friedrich Förner, der 1568 in Weismain geboren wurde, trat Michael Müller auf. 1588 trat er ein Philosophiestudium an der eben wiedergegründeten Universität Würzburg an, wo er den Magistergrad erwarb. 1591 erhielt er durch den Besuch des Bamberger Priesterseminars die niederen Weihen. Der talentierte junge Theologe wurde zur weiteren Ausbildung an das Collegium Germanicum in Rom entsandt.
1596 wurde er zum Priester geweiht und 1598 erwarb er den Grad eines Lizentiaten der Theologie, kurz darauf auch den Doktorgrad an der Universität Perugia. 1632 wurde er zum Weihbischoff geweiht. Nach seiner Rückkehr nach Bamberg erwies sich Förner als radikaler Verfechter der Gegenreformation.

Insbesondere gegen die Bewohner von Altenkunstadt, die nicht zum Katholizismus konvertieren wollten, ging er hart vor. Mit einer großen Gruppe bewaffneter Weismainer Bürger zog er nach Altenkunstadt und nahm die Protestanten gefangen, um sie zur Beichte und Kommunion nach katholischer Lehre zu zwingen. Friedrich Förner gilt auch als eine Schlüsselfigur der Hexenverfolgungen. Er wird er als „einer der geistigen Urheber der Bamberger Hexenprozesse“ bezeichnet.
Dieser Hexenverfolgung fiel die Weismainerin Margarethe Handl zum Opfer, beeindruckend dargestellt von Andrea Dembowski. Ihr Vater Johann Handel, der sich 1626 als Metzger in Weismain niederließ, hatte später das Amt des Oberbürgermeisters inne. 1674 im hohen Alter von 75 Jahren wurde sie verleumdet, dass bei ihrem Erscheinen die Kühe Blut statt Milch beim Melken geben würden oder dass sie über die Häuser geflogen sei. Im Bamberger Malefizhaus wurde sie sieben Wochen lang gefoltert und verhört, bis sie an den Qualen starb. Ein Familienwappen der Handel ist noch in der Kreuzkapelle zu sehen.
Pater Otto Hopfenmüller, den Edwin Jungkunz spielte, wurde am 25. Mai 1844 in Weismain geboren. Er war Pressekaplan des 1871 gegründeten Bamberger Volksblatts und wurde wegen umstrittener Berichte zu mehr als acht Monaten Haft verurteilt. Nach der Entlassung erhielt er die Kuratie Reichmannsdorf und später eine Pfarrerstelle in Seußling, wo er gegen das soziale Elend kämpfte.
Um Missionar zu werden, trat er in Rom in den Orden der Salvatorianer ein. Er kam 1888 nach Assam in Indien, wo er in kürzester Zeit so viel erreichte und Gutes tat, dass eine Seligsprechung im Bereich des Möglichen scheint. Am 21. August 1890 starb Pater Otto Hopfenmüller an einer Gehirnentzündung infolge eines Hitzschlages.
Der Komponist Johann Degen
Auch großartige Musiker stammen aus Weismain, wie der 1585 geborene Komponist Johann Degen, den Matthias Müller auf der Orgelempore spielte. Johann Degen erhielt seine theologische und musikalische Ausbildung vorwiegend im Zisterzienserkloster in Langheim.
Er wurde 1613 Kaplan und 1615 auch Organist in der St.-Martins-Kirche in Bamberg. Sein bekanntestes Werk ist das Weihnachtlied „Es ist ein Ros entsprungen“, das die Besucher zur Orgelbegleitung von Udo Dauer anstimmten.
„In Weismain war schon immer das Geld knapp“, berichtete ein Losverkäufer Marco Lohrer. So war beim Bau des Kirchenschiffes 1896 die finanzielle Lage der Stadt und der Pfarrei so trostlos, dass mit einer Lotterie 180.000 Lose für zwei Mark ausgegeben wurden. Ausgeschüttet als Gewinne wurden 120.000 Mark und der Reinerlös betrug knapp 100.000 Mark. Damit konnte auch noch die Kreuzkapelle renoviert werden. Er werde gerne auch für die Stadt wegen der Rathaussanierung tätig, bot der Losverkäufer an.
„Es gibt noch Zeitzeugen, die mich kennen“, stellte Roland Dietz in der Rolle des Dekans Dr. Otto Graßmüller fest. Er hatte Weismain am Ende des Zweiten Weltkriegs vor eine Katastrophe gerettet, indem er die weiße Fahne auf dem Kirchturm hisste, als amerikanische Panzer an der Bernreuther Brücke standen.
Schwester Hermelinde (Dagmar Dietz) und Pfarrer Christian Montag dankten den Akteuren für diese außergewöhnliche Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Weismain im Licht.“
Die farbige Illumination des Kirchenschiffes untermalte die szenischen Darstellungen stimmungsvoll. Sichtlich bewegt waren die Besucher, die anschließend vor dem Pfarrhaus gerne noch bei einem Glühwein verweilten.