Regional erzeugtes Biofleisch der Allgemeinheit verfügbar machen – diesem Ziel ist die Ökomodellregion Obermain Jura nun einen großen Schritt nähergekommen. In wenigen Wochen werden Verbraucher im Landkreis Lichtenfels erstmals die Gelegenheit haben, Steaks, Rouladen und Co. von heimischen Rindern im Einzelhandel zu erwerben, genauer gesagt an den Frischetheken der beiden E-Center Werner in Burgkunstadt und Lichtenfels. Was dabei besonders positiv ins Gewicht fällt: Das Fleisch stammt von artgerecht gehaltenen Kühen, die ihr Leben hauptsächlich auf der Weide verbringen durften.
Artgerechte Haltung, intensiver Geschmack
Etwa zehn Kilometer westlich von Burgkunstadt, unmittelbar an der Landkreisgrenze zu Kulmbach, liegt im beschaulichen Eben der Bioland-Hof von Janine und Marcus Tzschoppe. Die beiden Bioland-Landwirte wirtschaften nach strengen Richtlinien, die weit über die gesetzlichen Mindeststandards für Bio-Lebensmittel hinausgehen – ohne Gentechnik, Massentierhaltung, chemisch-synthetischen Stickstoffdüngern und Pflanzenschutzmitteln. Selbst jetzt, im nasskühlen Oktober, sind dort noch Rinder auf den Weideflächen zu sehen, die entspannt grasen oder Heu fressen. Auch in den Stallungen steht ihnen ausreichend Platz zur Verfügung.
Dass die Tiere bei Familie Tzschoppe in der Regel doppelt so alt wie der Durchschnitt ihrer Artgenossen in Bayern werden, sei eine Seltenheit, betont Christian Werner, Leiter der Edeka-Werner-Märkte im Landkreis Lichtenfels. „In der Regel erhalten wir Fleisch von vierjährigen Rindern. Hier sind sie bis zu acht Jahre alt. Damit ist zwar eine längere Reife- und Garzeit verbunden, aber dafür ist der Geschmack intensiver“, erklärt der Kaufmann.

Zudem sind die Transportwege kurz: Geschlachtet werden die Tiere im Kulmbacher Schlachthof, der biozertifiziert ist und auch kleineren, lokalen Landwirten und Bio-Bauern die Produktion hochwertiger Lebensmittel ermöglicht.
Auch kleinere Mengen erhältlich
„Die Vermarktung von regionalem Bio-Fleisch über den Lebensmitteleinzelhandel ist definitiv ein Meilenstein“, führt Kreisfachberater Michael Stromer an und weist darauf hin, dass auf diese Weise jeder die Möglichkeit habe, hochwertiges Fleisch direkt vom Erzeuger zu erwerben. Der Vorteil liegt dabei vor allem an der angebotenen Menge: Während bei der Direktvermarktung ab Hof in der Regel große Fleischpakete von rund zehn Kilo abgenommen werden müssen, ist das Fleisch an Frischetheke auch in kleinere Mengen erhältlich, so dass auch der Single-Haushalt mit begrenzten Kühl- und Lagerkapazitäten davon profitiert.
Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die sogenannte Ganztierverwertung. Das heißt, dass sämtliche Teile des Tieres an der Fleischtheke angeboten werden. Damit wolle man laut Christian Werner auch ein Bewusstsein beim Verbraucher schaffen, dass ein Rind eben nicht nur aus Filet, Hochrippe oder Hüfte besteht. Insgesamt 350 Kilogramm stehen in einem ersten Durchlauf zur Verfügung und werden im November in den E-Centern in Burgkunstadt und Lichtenfels vermarktet. Preislich wird das Fleisch etwa zwei bis drei Euro pro Kilo teurer sein als die konventionelle Ware. Wie Anja Hofmann, Leiterin der Metzgerei-Abteilung bei Edeka Werner, ergänzt, sei es für Familie Werner wichtig, „dass auch beim Landwirt mehr ankommt.“
„Wenn der Absatz erfolgreich ist, könnten bald mehr Bio-Landwirte aus der Region ihre Produkte an den Lebensmitteleinzelhandel vermarkten“, erklärt Bianca Faber, Projektmanagerin der Ökomodellregion Obermain-Jura, und fügt hinzu: „Grundsätzlich wollen wir unser Konzept auch für weitere Landwirte interessant machen und natürlich den hiesigen Ökolandbau noch stärker fördern. Bislang liegt der Anteil an Betrieben, die ökologische Landwirtschaft betrieben, bei lediglich fünf Prozent im Landkreis Lichtenfels. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.“