Schon mit Einbruch der Dunkelheit wurde auf dem Weismainer Marktplatz schnell klar, dass an diesem Tag etwas Besonderes stattfinden muss. Dass vor dem Pfarrhaus wärmende Feuerschalen entzündet wurden, war ob der kalten Temperaturen schon noch nachvollziehbar. Dass aber die Fensterlichter von Sankt Martin in bunten Disco-Farben leuchteten, war nicht so ganz verständlich.

Wer den Innenraum betrat, dem war klar: Das wird heute kein normaler Gottesdienst. Eine moderne Lichter-Illumination und Popmusik wie „Ebony and Ivory“ von Paul McCartney und Stevie Wonder sowie ein Tisch mit der Musikanlage von zwei DJs ließen keinen anderen Schluss zu: Es musste sich um eine Jugendveranstaltung im Weismainer Gotteshaus halten.
Kirche kann auch anders
Die Idee, einmal etwas Außergewöhnliches für Gläubige zu machen, war bei einer Dekanatsratssitzung beim Weismainer Pfarrer Christian Montag auf fruchtbaren Boden gefallen. Eine „Veranstaltungsreihe mit Strahlkraft“ sollte es sein. Und für diese erste Veranstaltung konnte Christian Montag seine neu gegründete Kolpingjugend begeistern. Auch ein Name für das Event war schnell gefunden: „Sounds are god – Kirche kann auch anders“. Die Kolpingjugend gestaltete den Gottesdienstbesuch also mal etwas anders.

Neben zahlreichen Kindern waren aber auch Omas und Opas und die Eltern meist als Begleitpersonen gekommen. Pfarrer Christian Montag stellte kurz vor, was alles aufgebaut war und genutzt werden konnte. „Heute darf aufgestanden und getanzt werden“, sagte er den erfreuten Kids in der ersten Bankreihe. Und dann ging es auch schon los mit moderner Musik.
Gebetslounge für Fürbitten
Hinter dem Volksaltar in einer Gebetslounge konnten Fürbitten eingetragen werden. Dort entzündeten die Kids kleine Teelichter, die den Hochaltar in einem außergewöhnlichen Licht erstrahlen ließen. Und dann schauten noch die „drei Könige“ vorbei.

Also, erst mal kamen zwei von ihnen, und zwar nicht mit Dromedaren, sondern mit einem E-Scooter. Sie suchten ihren Kollegen. Die Frage war, sitzt er mal wieder beim Obendorfer, beim Jula oder bei der Renate in Wunkendorf in der Kneipe oder ist er wie schon oft im Tanzsaal beim Deuber? Doch er kam gerade noch rechtzeitig.
Schuld an der Verspätung seien die blöde Ampelregelung in Burgkunstadt und die Verkehrsbeschilderung im „Kaff“ Weismain gewesen. Er habe auf Instagram gelesen, dass in Weismain etwas los sein muss. Dies trug natürlich zur Erheiterung aller bei. Die drei mischten sich sogleich unters Volk, genauso wie Dekan Lars Rebhan und Pfarrvikar Georg Birkel, der Zweite Bürgermeister Matthias Müller, Kreisbrandmeister Andreas Leikeim oder Altbürgermeister Fritz Dietz.
Tanz zu „Macarena“
Mit dem Hit „I will follow him“ aus dem Film „Sister Act“ starteten die beiden DJs Dominik und Jonathan. Nebelschwaden zogen dann durch das außergewöhnlich ausgeleuchtete Gotteshaus, als die „Kolpingmädels“ eine tolle Tanzchoreographie zum Evergreen „Macarena“ boten. Da machte selbst Pfarrer Montag gerne mit.

So entstand schnell eine gute Stimmung, und die DJs heizten bei für die Älteren erträglicher Lautstärke weiter ein. „Sing halleluja“ von Dr. Alban, „Cotton eye Joe“ von „Rednex“, der Stadionhit „Völlig losgelöst“ von Tom Schilling und der Rockklassiker „Hallo Klaus“ von „Nickerbocker und Biene“ sorgten für beste Partystimmung in einer einmaligen Kirchenatmosphäre. „Su wos hott unnä Kärng bis jetzt nonich erläbt, es is hallt a moll wos annersch“, meinte eine ältere Besucherin, der das Ganze schon gefiel.
Tee und Feuerschalen
Einige stärkten sich am Schalenfeuer vor dem Gotteshaus, andere, meist aber Erwachsene, wärmten sich an der Teebar. Die Sitzplätze davor hatten die Kids zu einer Chillecke gestaltet, in der die neuesten Nachrichten auf den Handys gecheckt wurden. Eine Spielecke mit Kartenspielen und eine Kreativstation mit Mandalas zum Ausmalen konnte am Eingang der Kirche in Anspruch genommen werden.

Mit Lichtmaschine und Verstärkeranlage liefen die beiden DJs zur Hochform auf. Alles tanzte beim „Fliegerlied“ und dem Partyknaller „Das rote Pferd“. Dass auch Jesus einmal jung war zeigte ein Sketch der Kolpingjugend, die alles glänzend organisiert hatte. Jesus war gerade vom Tempel heimgekommen und seine Mutter Maria nervte ihn regelrecht. Hast du schon Hausaufgaben gemacht, dein Zimmer aufgeräumt, den Tisch gedeckt und Wasser am Brunnen für das Essen geholt? „Chill doch erst mal, Mamma“, antwortete er, und schon war er in der Disco verschwunden.

Mit den treffenden Hit „Don't Stop me now“ und seiner Botschaft „Halte mich nicht auf, weil ich Spaß habe“ ging es in die letzte Runde. Nach dem Segen von Dekan Lars Rebhan wurde bei „Rocking all over the World“ und „The final Countdown“ nochmals richtig abgerockt. Alle zeigten sich sehr angetan von dem außergewöhnlichen Spektakel in der Weismainer Martinskirche. „Wir haben doch eine tolle Jugend“, stellte Pfarrer Christian Montag fest.