„Kirche an Hecken und Zäunen“ lautete das Thema eines Vortrags von Pfarrer Hans Lyer aus Bamberg beim katholischen Frauenkreis Altenkunstadt im Jugendheim „Villa“. Ein Thema, das nach den Worten des Geistlichen von Jesus kommt, denn er war an Hecken und Zäunen zu finden. Er kam in Konflikt mit Menschen, die ihn letztlich auch ans Kreuz brachten. „Auch die Kirche muss an Rändern und Abgründen des Lebens stehen“, betonte der Priester.
Die bevorstehende Auflösung des Klosters in Altenkunstadt und der damit verbundene Abzug der beiden Patres zeige, in welcher Situation die Kirche sich befindet und warum Änderungen erforderlich seien. Geschehen müssten diese Änderungen in den Ortskirchen. „Auch in Bamberg leeren sich die Gotteshäuser, auch dort lebt man nicht in einer heilen Welt“, erklärte Lyer, der viele Jahre als Gefängnisseelsorger in der Jugendhaftanstalt in Ebrach tätig war.
Aber wie kann das Christentum ohne Priester überleben? „Es gab Jahrhunderte, wo nur Laien deren Aufgaben erledigten. Und letztlich war auch Jesus kein Priester“, betonte der Geistliche. Die Fragen der Menschen seien ein Ansatz für Seelsorge und für eine Kirche, die für Menschen da ist. Seelsorge verlange ein offenes Ohr für Menschen, aber oft hätten Priester und Mitarbeiter keine Zeit dafür.
„Wir finden Gott, wo Menschen sich etwas Gutes tun, in banalen, alltäglichen Dingen.
Hans Lyer, Pfarrer
Strukturelle Reformen allein genügten nicht. „Es braucht Spirituelles, Hecken und Sträucher, die uns nach draußen bringen zu einem Ort von Suchenden und Glaubenden. Wir brauchen ein neues Verhältnis zu neuen Dimensionen des Glaubens. Es geht um die Suche nach Gott“, erklärte Lyer. Kirche dürfe nicht mit Gott verwechselt werden. Menschen bräuchten dialogische Offenheit, wo über alles geredet werden könne.
„Wir finden Gott, wo Menschen sich etwas Gutes tun, in banalen, alltäglichen Dingen. Wir finden ihn überall“, sagte der Priester und führte die Zuhörer gedanklich zum See Genezareth. Jesus, der keine Ahnung vom Fischen hat, steht am Ufer und gibt denen, die sich dort erfolglos abrackern, Tipps: „Macht weiter! Werft die Netze aus“. Eine Szene, die zur gegenwärtigen Situation der Kirche passe: „Macht weiter, aber probiert Neues“.
Als Beispiel für das Neue nannte der Seelsorger die Stellung der Frau in der Kirche: „Dieses oben und unten muss endlich aufhören“. Lyer empfahl den Christen, den Gott zu suchen, den Christus ihnen zeige. Kirchen, Liturgie, schöne Andachten allein seien zu wenig, denn dann werde Kirche zu einem „folkloristischen Unternehmen“. „Wir dürfen nicht immer die gleichen Fehler begehen, sondern müssen Neues wagen und warten können, denn auch Gott lässt manchmal auf sich warten“, erklärte der Geistliche. Diese Zusammenkunft des Altenkunstadter Frauenkreises sei ein kirchliches Ereignis wie ein Gottesdienst: „Wer dabei mitmacht, ist ein Repräsentant der Kirche“.
Die eigene Meinung äußern
„Hecken und Zäune führen nicht mehr zu Abgründen. Wer sich dort bewegt, muss Position beziehen. Dazu gehören auch Frauen, die in der Kirche Stellung beziehen und ihre Meinung äußern“, fasste der Referent zusammen.
Mit Erinnerungen an den 2016 verstorbenen Altenkunstadter Theologen, Heimatforscher und Mundartdichter Josef Motschmann rundete Lyer seinen Vortrag ab. Die beiden Geistlichen verband eine enge Freundschaft. „Für Josef und mich war nicht die Kirche das Entscheidende, sondern das Evangelium. Das hat uns verbunden“, betonte er.
Frauenkreis-Vorsitzende Roswitha Arnold dankte Pfarrer Hans Lyer für seine interessanten Ausführungen und überreichte ein Geschenk. Sie gab bekannt, dass der katholische Frauenkreis am Sonntag, 26. Mai, um 14 Uhr in der Pfarrkirche eine Maiandacht gestaltet. Danach gibt es im Jugendheim „Villa“ Kaffee und Kuchen.