Wenn Laien heute an einen Hufschmied denken, dann oft im Rahmen von alten Erzählungen oder Fotografien: ein Mann mit Lederschürze und glühenden Eisen in seiner Werkstatt. Auch heute werden Pferden noch händisch Hufeisen angelegt – doch Ralf Münch hat eine „fahrende Werkstatt“, die vom Hufeisen bis zum Ofen alles beinhaltet. Kamen die Bauern früher mit ihren Pferden zur Werkstatt des Hufschmieds, so ist es heute der 59-Jährige, der mit seinem Werkzeug zu den Höfen und Gestüten ausrückt.
Hufschmied gar kein Ausbildungsberuf mehr
Der Burgkunstadter ist viel unterwegs und hat einen festen Kundenstamm – aus Franken, aber auch den benachbarten Bundesländern bis hinauf nach Chemnitz. Seit knapp 40 Jahren ist Ralf Münch nun selbstständig. Dabei ist Hufschmied gar kein Ausbildungsberuf mehr.
„Als in den 1920-er Jahren mehr und mehr Maschinen in die Arbeitswelt Einzug gehalten haben, hat man das geändert“, erzählt er. Über einen Quereinstieg und ein Praktikum erlange man heute die nötigen Qualifikationen für die Tätigkeit. Ralf Münch selbst ist gelernter Landmaschinenmechaniker und hat sogar den Gesellenstatus inne. Nachdem er in seinem damaligen Betrieb nicht weiterarbeiten konnte, hat er seine Begeisterung für Pferde seit früher Kindheit zum Beruf gemacht: Mit 22 Jahren erlangte er den Titel „Staatlich geprüfter Hufschmied“, bald darauf auch die Meisterwürde.
Rennpferde zum Sieg „beschlagen“
Mit dieser Qualifikation zog es ihn nach München: Als Rennbahnschmied der Galopprennbahn in Riem beschlug der gebürtige Theisauer von 1984 bis zur Jahrtausendwende wohl etliche erfolgreiche Leistungspferde. Gerne erinnert er sich noch daran, als der von ihm „besohlte“ Hengst Philipo im Jahre 1986 deutscher Derbysieger wurde.
Der Kern seiner Arbeit ist jedoch immer der gleiche: Das alte Hufeisen samt Nägeln abnehmen, das nachgewachsene Horn mit einer Hauklinge oder einer Beschneidezange entfernen. Das Hufeisen wird dann an der Unterseite des Hufes aufgelegt, das nötige Maß und die Form festgestellt und mittels Hammer auf dem Amboss zugerichtet (geschmiedet), um es in Breite und Form exakt anzupassen. Ob das in heißem oder kaltem Zustand erfolgt, hängt vom Pferd selbst ab: „Ist es beispielsweise ein Kaltblüter, sollte das Metall heiß sein, bei einem Sportpferd sollte es kalt sein.“
Neben den Einsatzbereichen spielen auch die Konstitution und eventuelle Unebenheiten im Gang des Pferdes eine wichtige Rolle. Deshalb schaut sich der Hufschmied die Rösser vor seiner Arbeit genau an.
„Ein Huf ist wie ein Fingerabdruck“

„Ein Huf ist dabei wie ein Fingerabdruck“, verrät Ralf Münch. „Er ist individuell.“ Mit einem Beschlagshammer wird das Hufeisen schließlich festgenagelt, der Hufnagel mit einer Hufbeschlagszange abgezwickt. Für diesen Vorgang benötigt er durchschnittlich eine bis eineinhalb Stunden. Je nach Jahreszeit sieht er die Pferde regelmäßig nach sieben bis zehn Wochen wieder – zum neuen Beschlag –, meist in gebückter Haltung. Angst vor Tritten habe er jedoch nicht mehr: „Mich haben schon einige Pferde ins Gesicht getreten, zum Glück ohne Eisen dran. Aber ich glaube, ich vermittle dem Pferd eine selbstsichere Ausstrahlung, und das spüren Pferde. Wenn die Chemie stimmt, dann klappt auch alles gut!“
Dass Ralf Münch eine besondere Beziehung zu den Tieren hat, spürt man. Nicht verwunderlich, dass ihm in manchen Momenten seiner Arbeit auch schwer ums Herz wird: Wenn Pferde körperlich oder psychisch unheilbar erkrankt sind oder er gar von toten Tieren die Eisen abnehmen muss. „Oder auch zu sehen, dass manche Pferde verwahrlost sind. Das sind traurige Momente.“ Die nichtsdestotrotz auch schon Jahrhunderte alt sind – so wie das Handwerk selbst.
Kampf um eine eigene Ausbildung

Die moderne Technik habe dabei nur insofern Einzug in das Tätigkeitsfeld gefunden, dass es heute mehr Spezialeisen gebe, die maschinell hergestellt werden. Der Hufschmied müsse diese in einigen Fällen nur noch mit Löchern versehen und anpassen.
Die alte Kunst hat somit eine Zukunft, doch Nachwuchssorgen plagen die Branche: Damit ist nicht die Corona-Krise gemeint. Die allgemeingültigen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen beeinflussen den Arbeitsalltag der Hufschmiede kaum. Aber da in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Fällen keine Notwendigkeit für den Meistertitel in der Branche bestand, gibt es heute nur noch wenige Hufschmied-Ausbilder.

Einer der wenigen ist Ralf Münch. Als Fachgruppenleiter Hufbeschlag der Innung Bayern kämpft er zusammen mit vielen Kollegen für die Statuierung des Hufschmieds als Lehrberuf, nicht als Weiterbildungskomponente. Eine Qualifizierung als Metallgestalter könnte wertvolles Wissen und nützliche Techniken vermitteln, ehe Frauen und Männer sich im dritten Lehrjahr auf den Hufschmied spezialisieren könnten. Denn: Der Beruf hat Zukunft.
Trompeter beim Musikverein Burgkunstadt
Von seinem Einsatz für diese Anerkennung und seinem vollen Terminkalender lenkt sich Ralf Münch am Abend gerne beim Fernsehen mit einem Bier ab. Außerdem spielt er Trompete beim Musikverein Burgkunstadt, hat einen Wohnwagen im Zillertal stehen und fährt dort gerne Ski. Auch an den Chiemsee reist der Vater von zwei erwachsenen Kindern gerne.