Das Adjektiv „Hoch“ spielte beim Seubersdorfer Scheunafestival eine ganz besondere Rolle. Aus dem hohen Norden kamen Gäste angereist, die zu mitternächtlicher Stunde aus dem zuvor eher beschaulich dahinplätschernden Festival, das zum 25. Mal stattfand, eine überschäumende Punk´n´Roll-Party machten. Dazu später.

Zu Beginn des Festivals hatte ein hoher Gast dafür gesorgt, das etwas anderes auf dem Metal- und Punkfestival schäumte: der Gerstensaft. Der Weismainer Bürgermeister Michael Zapf zapfte am Samstagabend vor dem Dorfgemeinschaftshaus das erste Fass Bier an. Zudem trug er sich in das Goldene Buch des Festivals ein, das Gästebuch, in dem sich Musiker aus aller Herren Länder verewigt haben. Er wünschte den 200 Musikfans aus Nah und Fern in seinem Eintrag einen schönen Abend bei guter und lauter Musik.
Erinnerungen
Zugleich outete er sich als ehemaliger Besucher des Festivals. „Vor 15 Jahren, als das Festival noch im urigen Feststadel der Feuerwehr stattfand, erlebte ich einen Sänger mit Galgen in der Hand, der mit seinem schwarz-weißen Gewand wie ein Skelett ausgesehen hatte“, erinnerte sich der Bürgermeister.

Sein Kommen hatte einen ganz besonderen Grund. „Was hier seit über 25 Jahren auf ehrenamtlicher Basis gestemmt wird, ist aller Ehren wert“, hob der Redner hervor. Auch seinen Musikgeschmack verriet Zapf: Persönlich höre er ruhigere Musik aus der Feder von Bruce Springsteen und Neil Diamond.
Vom Punkkönig begrüßt

Niemand geringeres als Punkkönig Brandy I. und sein Adjutant Markus Köstner von der Kulmbacher Kultband „Euroschäck“ begrüßten das Stadtoberhaupt.
Die Kulmbacher Musikszene war vor 27 Jahren Geburtshelfer für das Festival auf dem Jura. Sie hatte dafür gesorgt, dass das 100-Seelen-Dorf an der Grenze zum Landkreis Kulmbach, das zur Stadt Weismain gehört, zum Nabel der Headbanger, Pogotänzer und Stagediver wurde.

Frank Zeutschel aus Berlin, der einst bei der Kapelle „Euroschäck“ Gitarre gespielt hat, streifte sich noch einmal das Festival-T-Shirt aus dem Gründungsjahr 1998 über, auf dem mit „Tribestuff“, „Shark“, „Between The Sheep“ und „Euroschäck“ nur Kulmbacher Bands gespielt haben.
In der Rolle des Gepeinigten

Beim Auftritt des Deutsch-Finnen Mäkkelä aus Fürth hielt sich die Lautstärke noch in Grenzen. Der Liedermacher mit seinen akustischen Instrumenten schlüpfte in die Rolle des Gepeinigten, der sich seinen Kummer mit gequälter Stimme famos von der Seele sang.
Der Punk´n´Roll-Motor des Kronacher Rocktrios „The Poachers“ klang noch immer gut geölt wie vor 21 Jahren, als es zum ersten Mal für Begeisterung in Seubersdorf gesorgt hatte. Ihre schnelle und eingängige Bikerhymne „Motorcycle Man“ klang wie eine fränkische Variante des Rockklassikers „Born To Be Wild“.
Wie zähflüssige Lava

Anschließend wurde das Tempo auf dem Rock´n´Roll-Highway gedrosselt. Wie zählflüssige Lava krochen die düsteren und massiven Doommetalriffs der Berliner Band „Kayman“ aus den Boxen. Sie gingen den Metalfreaks, die andächtig lauschten, regelrecht durch Mark und Bein.

Die junge Forchheimer Band „Dark Red Dawn“ servierte einfühlsame Rockballaden und knackig-flotte Metalkracher, die von erstklassiger Natur waren, im Publikum aber kaum Regungen auslösten.
Die Dämme brechen
Sie kamen, sahen und siegten: Die Musiker der norwegischen Band „Nullskattesnylterne“ aus Namsos kehrtem nach 24 Jahren auf das Festival zurück, auf dem sie einst zum feurigen Punk´n´Roll-Halali geblasen hatten. Im Nu brachen die Dämme der Zurückhaltung. Und es wurde Pogo getanzt. Auch die Sprachbarriere – die Musiker sangen in ihrer Muttersprache – wurde niedergerissen. Kein Wunder bei einem Punkrockstil, der so ausgelassen, fröhlich und ungestüm daher kommt, dass er Lebensgeister weckt und gute Laune schenkt.