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WEISMAIN: Stärkend, nahrhaft und gesund: CHW-Vortrag über Bier

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Stärkend, nahrhaft und gesund: CHW-Vortrag über Bier

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    Bier trinkende beleibte Männer galten im 18. und 19. Jahrhundert als stark und gesund.
    Bier trinkende beleibte Männer galten im 18. und 19. Jahrhundert als stark und gesund. Foto: red

    „Sicherlich wäre es schön, wenn wir bei Vorträgen wieder körperlich zusammen kommen würden“, erklärte der Vorsitzende des CHW Oberfranken, Prof. Günter Dippold, bei seiner Begrüßung zu seinem Online-Vortrag über „Nutzen und Schaden des Bieres“. Erfreut zeigte er sich darüber, dass dieses Format sehr intensiv genutzt wird. Über 100 Teilnehmer hatten sich zugeschaltet. Wenn man dabei bedenkt, dass viele zumindest zu zweit an ihrem Bildschirm sitzen, ist das eine großartige Resonanz.

    Über Bier wurde ja schon oft berichtet, dennoch fand Prof. Günter Dippold seine ganz eigene Sicht auf die Geschichte des Gerstensafts von der Entstehung bis heute. So stand zu Beginn die Frage: Soll man überhaupt Bier trinken? Ein Mensch der frühen Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert hinein würde sie sicherlich mit „Ja“ beantworten.

    Warum Bier lange Zeit als gesünder galt als Wasser

    Munterkeit, Kraft und Wohlbehagen waren die dem Biertrinker zugeschriebenen Attribute. Georg Christoph Lichtenberg (1742-1794) hat dies etwa in seinen Bemerkungen zum Kupferstich „Biergasse“ von William Hogarth (1697-1764) getan, auf dem feiste und zufriedene Menschen in Bierseligkeit zu sehen sind.

    Tatsächlich war Bier als Getränk zu dieser Zeit alternativlos. Wasser war oft keimbelastet, Bier deshalb hygienischer. Das gesundheitliche Risiko war geringer durch die Hitze beim Produktionsprozess, den niedrigen pH-Wert und den Alkoholgehalt. Milch war nicht zu jeder Jahreszeit (Sommer) gut.

    Koriander, Lorbeer, Wacholder und Kümmel im Gerstensaft

    Typische, mit dunklem Holz verkleidete fränkische Bierstube um 1890.
    Typische, mit dunklem Holz verkleidete fränkische Bierstube um 1890. Foto: red

    Wesentlicher Grundstoff war Gerste, was auch von der Obrigkeit so festgelegt wurde. Mit Weizen und Roggen wurde Bier nicht hergestellt, da diese Getreidearten fürs Brot benötigt wurden. Der Hopfen hatte den Vorzug, kultivierbar zu sein, und gab dem Bier seinen hauptsächlichen Geschmack.

    Der Begriff „Reinheitsgebot“ kam erst im 20. Jahrhundert auf und ist eine „konstruierte Tradition“, erklärte Dippold. Ein Abschnitt übers Bier in der bayerischen Landesordnung von 1516 zeigt, dass Reinheit nicht im Mittelpunkt stand, wurden doch auch Koriander, Lorbeer, Wacholder und Kümmel ins Gebräu gemischt.

    „Wo Bier zu haben ist, trinkt der Bauer auch zum Frühstück seinen Krug Bier, das schwer und stark ist.“

    Sonneberger Beamtenniederschrift von 1793

    Bier galt als stärkend und kraftspendend. In einer Sonneberger Beamtenniederschrift von 1793 steht: „Wo Bier zu haben ist, trinkt der Bauer auch zum Frühstück seinen Krug Bier, das schwer und stark ist. Bei dieser Kost ist der Landmann außerordentlich stark, arbeitsam und dauerhaft.“ Der schwedische Arzt und Biologe Carl von Linne (1707-1778) rühmte Bier als viel dienlicher als alles andere für Menschen, die heftige Arbeit haben. Auch lobte er Bier unter medizinischen Gesichtspunkten. So verursache Bier im Gegensatz zum Wein keine Nierensteine.

    In Bamberg schrieb 1830 ein Arzt, dass Tausende im Sommer fast einzig von Brot und Bier leben. Dies sei für die arbeitende Klasse unstreitig passend. Da es das gesündeste Getränk sei, sei dies auch nicht besorgniserregend. Es sei nicht nur erquickend und lösche den Durst, sondern auch nährend für den Körper.

    Fünf Liter pro Tag tranken die Frankenwaldflößer

    Viel Bier getrunken wurde bei der schweißtreibenden Arbeit der Frankenwaldflößer, was am Main zur Folge hatte, dass viele Brauereien entstanden.
    Viel Bier getrunken wurde bei der schweißtreibenden Arbeit der Frankenwaldflößer, was am Main zur Folge hatte, dass viele Brauereien entstanden. Foto: red

    Schweißtreibende Arbeiten schienen ohne Bier nicht zu bewältigen. Flößer, die auf schattenlosen Flößen arbeiteten, hatten einen Verbrauch von fünf Litern am Tag. So entstanden, wo die Frankenwaldflößer anlegten, am Main viele Brauereien.

    Bier galt auch als wichtiges Getränk für stillende Mütter. 1846 hieß es, es sei gut für die Konsistenz der mütterlichen Milch. Aber auch seine Bedeutung als Genussmittel nahm um das Jahr 1810 immer mehr zu. So schrieb ein Erlanger Geologe, der in Muggendorf weilte: Jeder noch so Arme geht am Sonntagabend in die Schänke, um eine Maß gutes Bier zu trinken. Wirte machten sich das zum Vorteil und veranstalteten schweißtreibende Tanzabende bis zum frühen Morgen, an denen viel getrunken wurde.

    Der sechszackige Stern zeigt an, wo es frisch gebrautes Bier gibt

    Bier war auch eine Frage des Geldes. Hofbedienstete und Mönche erhielten große Mengen zu ihrem eigenen Konsum. Da füllige Menschen als kräftig und gesund galten, hatten Biertrinker Vorteile, was Bilder von ihnen zeigen. Der Alkoholgehalt des Biers galt als akzeptabel. Selbst dem gelegentlichen Vollrausch schrieb die Medizin um 1800 eine reinigende Wirkung zu. Zu oft sollte es jedoch nicht dazu kommen.

    Wenn gebraut worden war, lud der ausgeklappte Bierstern oder Bierstab - im Fränkischen auch Böhra genannt - wie hier in Burgkunstadt zur Einkehr ein.
    Wenn gebraut worden war, lud der ausgeklappte Bierstern oder Bierstab - im Fränkischen auch Böhra genannt - wie hier in Burgkunstadt zur Einkehr ein. Foto: red

    Hergestellt wurde das Bier oft in Klöstern. Doch auch in Städten gab es eine Vielzahl von Braustellen. Etwa die Kommunbrauhäuser, in denen jeder brauen durfte, der das Braurecht hatte. Wer gebraut hatte, signalisierte dies mit dem Aushang eines sechszackigen Sterns. So lud er zu Bier und Brotzeit ein. Der Bierbann oder -zwang bedeutete, dass man allein das Recht hatte, ein Gebiet mit Bier zu beliefern.

    Konkurrenz wird gewaltsam ausgeschaltet

    Doch die städtischen Bürger hatten auf dem Land Konkurrenz. Zur Selbstversorgung wurde auch dort gebraut. Wenn die Städter auf ihr Recht bestanden, konnte dies zu kleinen Bierkriegen führen. Bewaffnet mit fürstlichen Beamten, ging es zum frevlerischen Dorf. Braustätten wurden verwüstet, Bier wurde ausgetrunken oder weggeschüttet, und die kupferne Bierpfanne wurde wie eine Trophäe mit nach Hause gebracht. Oft ging es danach zum Reichskammergericht. 1699 wollten Hollfelder Bürger ihren Bierbann im nahen Sachsendorf nutzen. Es kam dabei zum Schusswechsel mit der Sachsendorfer Obrigkeit, was drei Menschen das Leben kostete.

    Größere Brauereien entstanden gerade in Städten. Zunächst war Bier, das weiter ausgeführt wurde, teuer. So hatte die große Bierproduktion in Norddeutschland sowie in Sachsen und Böhmen ihren Platz. Dennoch wurde München und nach und nach ganz Bayern ein Synonym für die Bierherstellung, und Brauereien schossen wie Pilze aus dem Boden. Die Flaschenbierproduktion tat ihr Übriges dazu, dass Bier zum Massengetränk wurde. Alle Klassen der Gesellschaft konsumierten es.

    Größere Wirtschaftskraft als die Metallindustrie

    Die aus rotem Backstein errichtete Erste Kulmbacher Aktienbrauerei um 1900.
    Die aus rotem Backstein errichtete Erste Kulmbacher Aktienbrauerei um 1900. Foto: red

    Technische Neuerungen begünstigten dies. Dampfmaschinen, Kältetechnik, Eisenbahn verkürzten Herstellung und Transport und taten der Entwicklung gut. Die so entstandenen Biere wurden gleichmäßig in ihrer Qualität. Wahre Bierburgen entstanden, egal ob in München oder in Kulmbach. Um 1900 wurde beim Brauen finanziell mehr umgesetzt als im Steinkohle-Bergbau oder der Metallindustrie.

    Richtige dunkle Bierstuben entstanden. Im Biergarten vergisst der Feldarbeiter alle Arbeit und Not, heißt es in Beschreibungen. Der Ruf des gemütlichen Getränks ist so dem Bier bis heute geblieben.

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