Wer an Wallfahrten im Landkreis Lichtenfels denkt, dem kommt sicher zunächst prominent die Basilika Vierzehnheiligen in den Sinn. Jahrein, jahraus sind es unzählige Pilger, die teils von weither kommen und am Gnadenort der 14 Nothelfer ihre Bitten und Gebete vorbringen. Doch längst nicht nur Vierzehnheiligen war in den vergangenen Jahrhunderten ein Wallfahrtsort im Landkreis. Auch andere, kleinere Kirchen und Kapellen waren das Ziel von Pilgerreisenden. Freilich haben sich nur wenige davon noch erhalten und Heerscharen von Wallfahrern suchen sie auch längst nicht mehr auf. Dennoch waren sie in der Vergangenheit Wallfahrtsorte, die teilweise mit Legenden verbunden waren.
Der erste Weg führt nach Burgkunstadt, genauer gesagt, auf den Friedhof: Dort befindet sich die Fünf-Wunden-Kapelle, zu der die folgende Legende erzählt wird: Das älteste Gebäude der Stadt Burgkunstadt wurde 1666 an der Landstraße nach Maineck erbaut. Es heißt, dass sich hier schon in uralter Zeit eine Kapelle befunden habe. Mitten im Dornengestrüpp ragte noch ein Stein dieses Gotteshauses aus der Erde, den die Leute als Bank benutzten.
Ein Stein der zerfallenen Kapelle wurde gern zur Rast genutzt
Richtung Burgkunstadt befanden sich noch zwei weitere Marterl, von denen eines die Jahreszahl 1518 trug. Sie stellten einen Kreuzschleifer und das aufgerichtete Kreuz dar und im Volk hielt sich die Erinnerung, dass es einst entlang des Weges noch weitere Steine gegeben hatte, die das Leiden des Herrn veranschaulichten. Manch einer hatte hier schon wunderbaren Trost gefunden und unter den andächtigen Bürgern wurde der Wunsch laut, die Kapelle wieder aufzurichten.

1663 war das Gotteshaus notdürftig wiedergestellt, 1666 wurde die Kapelle zu Ehren der „sieben schmerhaften blutfließenden Wunden Christi“ geweiht. Die frommen Andachten nahmen zu und es wird von manch wunderbarer Gebetserhörung berichtet. Schon 1715 musste die Kapelle wegen des großen Andrangs vergrößert werden. Freilich heißt es schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dass die öffentliche Wallfahrt nach Burgkunstadt aufgehört hatte; aber immerhin sind es noch die Einheimischen, die gerne zum Gebet in die Kapelle kommen.
Nicht weit entfernt liegt die Sankt-Georgs-Kirche auf dem Weg zwischen Pfaffendorf und Altenkunstadt. Über die Ursprünge der Wallfahrt berichtet im Jahr 1611 der Bamberger Weihbischof Andreas Förner recht ausführlich. Bei ihm ist zu lesen, dass Räuber in der Pfarrkirche in Altenkunstadt einen Kelch mit einer Hostie gestohlen hatten und diesen wegwarfen. Eine Magd fand die Hostie und blieb anbetend knien, bis sie der Priester holte. Alle Leute, die an dieser Stätte vorübergingen, sühnten die Schändung des heiligen Sakraments, indem sie durch eine Säule kriechen mussten, die an ihrer Unterseite einen hohlen, halbkreisförmigen Bogen aufwies.
Bald wurde eine Kapelle um die Säule errichtet und fromme Leute fanden sich hier zum Gottesdienst ein. Offenbar wurde das Mädchen mit der 1313 in Tirol gestorbenen heiligen Notburga identifiziert; im Volksmund hieß sie einfach die „Schnitterin.“
Das Mädchen, das die Hostien fand, wurde Schnitterin genannt
Eine andere Variante der Legende berichtet dagegen, das Mädchen habe ihre Sichel weggeworfen, um beim Gebetläuten die Hände falten zu können. Dabei hätten die Sonnenstrahlen die Sichel aufgefangen und in der Schwebe gehalten.
Ein Bildstock mit einer Öffnung zum Durchkriechen befindet sich mittlerweile außerhalb der Kirche. Während die heutige Kirche dem heiligen Georg geweiht ist, trug die frühere Wallfahrtskapelle ein „Heilig-Grab“-Patrozinium. Dies war vor allem für Kirchen typisch, die mit einem Hostienwunder in Verbindung standen.
Viele Pilger zogen einst zur Lichtenfelser Moritzkappel
Auch in Lichtenfels gab es einst eine Wallfahrt: Diese wurde mit einem Gnadenbild in Verbindung gebracht, das sich nahe dem Ottenberg, also an der heutigen Moritzkappel, befand. Der Lichtenfelser Bürger Moritz Müller ließ um 1715 auf einer steinernen Säule ein Vesperbild aufstellen, um dort für eine gute Ernte zu beten. Schon 1744 wurde auf Bestreben eines Försters eine kleine Kapelle errichtet. Doch schon 1748 wurde die Wallfahrt vonseiten des Bistums Bamberg verboten, schließlich gebe es im nahen Vierzehnheiligen sowie in Glosberg genug Möglichkeiten zum Wallfahren. Die Pieta wurde am 29. Dezember 1748 in feierlicher Prozession in die Pfarrkirche gebracht, wo sie bis heute verehrt werden kann. Es heißt übrigens, dass bereits 1749 aufgrund der entstandenen Wallfahrt ein Hilfsgeistlicher von Bamberg entsandt werden musste.