„Sooo“, seufzte Michael Lerchenberg laut und deutlich, als er den hell erleuchteten Veranstaltungsraum der Alten Vogtei in Burgkunstadt betrat. Sicher konnte ihm das Publikum die herabfallende Last der vergangenen Monate, bedingt durch die Pandemie, nachfühlen, denn der Kultursonntag der Kulturgemeinde Burgkunstadt, die von der Friedrich-Baur-Stiftung unterstützt wird, war der erste in diesem Jahr. Doch das anschließende „Wenn?s nix is, geh' mer wieder“ des bekannten Schauspielers, Regisseurs, Drehbuchautors und Intendanten ließen ihm die Wartenden dann doch nicht durchgehen. Mit Cello-Begleitung des berühmten Jost-H. Hecker führte Lerchenberg in den Abend unter dem Titel „Karl Valentin – Abgründe eines Komikers“ ein.
Sprachwitz, Tempo, Mimik, Gestik
Es sollte eine Hommage an Karl Valentin und auch an Liesl Karlstadt werden, eines der berühmtesten Komikerpaare des 20. Jahrhunderts. Und das Vorhaben gelang. Das vertraute Duo las und rezitierte, erzählte und spielte Passagen aus Karl Valentins künstlerischem Schaffen. Mag der deutsche Komiker, Volkssänger, Autor und Filmproduzent auch umstritten sein, so ist sein brillanter Sprachwitz aller Hochachtung wert. Mit Michael Lerchenberg lotete genau der Richtige den außergewöhnlichen Künstler aus: Schnellsprechend und hintergründig mit übertriebener, aber treffender Mimik und Gestik traf er genau die jeweilige Situation, die er vortrug.

Die Bilder, die Lerchenberg auch anhand von Zeitzeugenberichten zeichnete, stammen aus dem Alltag, wie ihn viele Zuhörerinnen und Zuhörer kennen: Karl Valentin sei schon früh als „Quälgeist mit frühem Hang zum Sadismus“ beschrieben worden. Seine mutigen Jugendstreiche im München um die Jahrhundertwende gingen besonders zu Lasten der Mädchen – und von ihm selbst: Einmal sei er ins Eis eingebrochen und dabei fast gestorben.
„Pleiten durchziehen sein Leben wie ein rotes Tuch.“
Michael Lerchenberg über Karl Valentin
Als Erwachsener galt er dagegen als Pessimist, seine Komik ist oft tragisch und genährt durch den ständigen Kampf mit alltäglichen Dingen wie der Auseinandersetzung mit Behörden und Mitmenschen. Erfindungen zeigen keinen Erfolg, viele Beziehungen scheitern. „Pleiten durchziehen sein Leben wie ein rotes Tuch“, verrät Michael Lerchenberg. Diese waren finanzieller Art und persönlicher Art. So erlebte das Publikum den bekannten Wortwitz trotz nichtssagendem Inhalt in Karl Valentins Solostück und Durchbruch „Das Aquarium“ ebenso wie die schon sadistische Dramatik etwa in der berühmten Geschichte „Die Brille“ mit Szenen einer Ehe. Hier glänzt Lerchenberg überdies durch die Nachahmung des Soprans der Ehefrau und Duettpartnerin Liesl Karlstadt.
Ein brillanter Cellist, der schneller spricht als das Metronom
Doch auch Jost-H. Hecker verwunderte und brillierte an diesem Abend: Der Meister am Cello zeigte eine ordentliche Portion Humor, indem er Karl Valentin über sein Instrument zitierte: „hätten wir Kunstdünger drauf getan, wär‘s ein Kontrabass geworden.“ Während er hierfür laute Lacher erntete, hatte seine Interpretation von „Der russische Salat“, rasend schnell gesprochen, nicht nur für donnernden Applaus gesorgt, sondern auch für Staunen bei Lerchenberg selbst: Dieser stand mit einem Metronom daneben und drehte es immer höher.

Das „Finale“ des Abends bildete die Wiedergabe Lerchenbergs von „Der Firmling“: „Brillant wiedergegeben in beiden Rollen sowohl für Karl Valentin als auch für Liesl Karlstadt“, schwärmt Dr. Otmar Fugmann, Geschäftsführer der Friedrich-Baur-GmbH.
So viele vergnügliche Momente das Duo dem Publikum an diesem Kultursonntag auch bescherte, so bewegten scheinbar auch die Erzählungen über die letzten Lebensjahre Karl Valentins, die eher traurig und erfolgslos waren. Am Ende des Kultursonntags zeigten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer jedoch begeistert über diesen heiteren Abend voller Klasse und Überraschungen.
Tanz und Fantasie mit dem Calliope Duo am 3. April
Der nächste Kultursonntag findet am 3. April um 17 Uhr statt. Das Calliope Duo verspricht an diesem Tag mit „Mit Fantasie und Tanz durch die Welt“.
Der Kartenvorverkauf findet im Moment nur über die Friedrich-Baur-Stiftung /Friedrich-Baur-GmbH oder die Kulturgemeinde Burgkunstadt statt. Platzreservierungen unter Tel. (09572) 750011 oder Tel. (09572) 3246 sind ebenfalls möglich.