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WEISMAIN: Weismain schon im 19. Jahrhundert beliebte Sommerfrische

WEISMAIN

Weismain schon im 19. Jahrhundert beliebte Sommerfrische

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    Werbung der Brauerei Dietz aus den 1920-er Jahren.
    Werbung der Brauerei Dietz aus den 1920-er Jahren. Foto: Picasa

    Tourismus in Deutschland hat nicht erst durch die besonderen Umstände des laufenden Jahres Konjunktur. Manche Landstriche des Landkreises Lichtenfels können auf eine gehörige Tradition beim Fremdenverkehr zurückblicken, so Weismain. 1879 entstand dort ein Verschönerungsverein. Bereits 1882 bewarben die Weismainer ihre Stadt als „klimatischen Curort“.

    Die Vorzüge Weismains in dieser Zeit fasst eine Zeitungsannonce in Stichpunkten zusammen: „Ausläufer des fränk. Jura, reizende, sehr gesunde Lage, sehr schöne Thäler, prachtvolle Spaziergänge, Forellenbäche, Fichtennadel- und Laub-Waldungen. Höhenpunkte mit schönster Aussicht. Billigste Privatwohnungen stehen bereit. Mittag- und Abendtisch in den Gasthöfen. Täglich zweimalige Postomnibus-Verbindung, Privatfuhrwerke sind stets zu haben.“ Ein Fremdenverkehrs-Verein wurde gegründet, der 1891 ein eigenes Vereinshaus errichtete.

    „Es könnten freilich noch bedeutend mehr Sommerfrischler jährlich nach Weismain kommen, wenn hier energisch angepackt würde.“

    Zeitungsnotiz von 1906

    Dann aber scheint der Eifer etwas erlahmt zu sein. 1906 beklagte eine Zeitungsnotiz die Lethargie: Zwar seien „schon zahlreiche ,Ferienkolonisten‘ da, die neben den Schönheiten der Gegend gewiß nicht die Vorzüglichkeit des Weismainer Lagerbieres vergessen werden, es könnten freilich noch bedeutend mehr Sommerfrischler jährlich nach Weismain kommen, wenn hier energisch angepackt würde.“

    In der Folge bemühte sich die Bürgerschaft offenbar immer mehr um Erholungssuchende. Der evangelische Pfarrer von Buchau notierte 1913: „In neuester Zeit wird eifrig Propaganda gemacht, um aus Weismain eine Sommerfrische zu machen.“

    Die bekannte Weihersmühle auf einer Postkarte vom Anfang des 20. Jahrunderts. Oberhalb der Felsen liegt das Juradorf Wallersberg.
    Die bekannte Weihersmühle auf einer Postkarte vom Anfang des 20. Jahrunderts. Oberhalb der Felsen liegt das Juradorf Wallersberg. Foto: Repro: Andreas Motschmann

    Noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte man dem historischen Stadtbild erhebliche Schäden zugefügt. Bernhard Dietz entrüstete sich um 1924 in einem Vortrag: „Das, was im Laufe der Jahrhunderte geworden [...] war, das glaubte man als unmodern u. altmodisch abtun zu müssen. [...] Die zahlreichen schönen Bronze- und Steinepitaphien im Chor u. an den Kirchenwänden – wo sind sie hingekommen? Um ein paar Kreuzer verschleudert. Zeigt mir eine Zunftfahne, einen Zunftstab, eine Zunftlade! Zerhauen, zerschlagen, zerstochen u. verbrannt. [...] Und um das Zerstörungswerk zu vollenden, brach man [...] 2 Türme u. 2 Stadttore ab.“

    Doch hatte Weismain immer noch einen Baubestand, der zu einem erheblichen Teil bis in die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg zurückreichte, und bis zum Zweiten Weltkrieg sprengte die Stadt ihr Weichbild kaum; große Neubaugebiete, sei es für Wohn- oder für Gewerbezwecke, wurden erst seit den 1950-er Jahren erschlossen.

    Unter dem Einfluss der Heimatschutzbewegung, die im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts meinungsbildend wirkte, wussten immer mehr Menschen solches Idyll zu schätzen.

    Wichtigstes touristisches Kapital der Stadt war jedoch ihre landschaftlich reizvolle Umgebung, deren Schönheit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert vielfach anerkannt und öffentlich gepriesen wurde. Gerade das Kleinziegenfelder Tal erregte seit dem 19. Jahrhundert die Bewunderung von Naturliebhabern.

    Das Kleinziegenfelder Tal und das Bärental als Attraktionen

    Symptom für den Besucherverkehr war es, dass 1898 der Weismainer Buchdrucker August Kauper bunte Ansichtskarten mit Motiven aus dem Kleinziegenfelder Tal anbot. Das Tal war auf Gäste eingerichtet: Die Weihersmühle wird 1908 als ein gut eingeführtes Ausflugslokal beschrieben, in dem unter „schattigen Bäumen“ die „freundliche Wirtin“ ein „schmackhaftes Mittagsmahl“ servierte; als Spezialität des Hauses galten frische Forellen.

    Das Kleinziegenfelder Tal mit der Weihersmühle hat schon früher zu Ausflügen in die blühende Natur eingeladen.
    Das Kleinziegenfelder Tal mit der Weihersmühle hat schon früher zu Ausflügen in die blühende Natur eingeladen. Foto: Repro: Andreas Motschmann

    Auch andere Täler fanden Anerkennung. Ein Führer von 1912 rühmte das Bärental, es stehe dem Kleinziegenfelder Tal „nicht an Schönheit“ nach. „Ein Vorzug [...] ist die wunderbare Ruhe im Bärental und der idyllische Fussweg, der von keinem Fuhrwerk oder gar Automobil beunruhigt werden kann.“ Selbst die karge Jurahochfläche sollte den Führern zufolge auf Sommerfrischler einen herben Reiz ausüben.

    1908 veröffentlichte in der „Nordbayerischen Verkehrs- und Touristen-Zeitung“ der Weismainer Apotheker Dr. August Walter (1873-1955), wenig später Wanderlehrer für Fischerei in der Oberpfalz, einen längeren Artikel über einen fiktiven Aufenthalt als Sommerfrischler in Weismain. Diesen Text ließ der in jenen Jahren sehr aktive Verkehrs- und Verschönerungsverein Weismain als bebilderte Broschüre nachdrucken.

    Hans Obendorfer warb für sein Lagerbier und die Badeanstalt

    Hans Obendorfer warb darin nicht nur für seine Lagerbiere und seinen Biergarten, sondern auch für seine „Badeanstalt“, in der man „zu jeder Tageszeit“ ein warmes Bad nehmen konnte. Erst im Frühjahr 1908 hatte er diese Einrichtung geschaffen: „Dieselbe hat eine mit Dampfheizung und elektrischem Lichte versehene, saubere Kabine, drei neue Emaillebadewannen, in welche das Wasser aus einer elegant vernickelten Reguliervorrichtung strömt.“

    Der Altenkunstadter Konditor Hans Jahn eröffnete 1908 eine Filiale in Weismain, und 1913 wurde dem 25-jährigen, aus Hollfeld stammenden Konditor Philipp Besold gestattet, eine „Kaffee- und Weinschenke mit ev[entuellem] Schnapsausschank“ zu betreiben.

    Die Auswahl an Gaststätten galt, zumindest aus einheimischer Warte, als attraktiv. Der Lehrer Hans Trebes fragte in seinem Stadtführer aus den späten 1920-er Jahren den Gast: „Wo willst du dich niederlassen?“ und zeigte ihm die Auswahl auf: Im ,Dietzschen Bräu‘, neben dem Oberen Tor, erfrischt ein vorzüglicher Gerstensaft. In der ,Gaststätte Roland‘ ist der Besitzer selbst ein vorzüglicher Koch. In seinem Keller ist gutes Bier und gelagerter Wein. Bist du kein Alkoholiker, so setzt dir einen vorzüglichen Kaffee und feines Gebäck der liebenswürdige Konditor Franz Besold in seinem Café vor. Im schmucken Gärtchen der Rothlaufschen Brauerei, Inhaber Obendorfer, läßt sich?s bei feinem Stoffe gemütlich über Weismains Vergangenheit sprechen. Willst du dich mit Brot und Wurst laben? Feines Brot erhältst du in jeder Bäckerei, und Wurst in vorzüglicher Güte bieten dir die Verkaufsläden Pregler, Hatzold, Gaebelein, Fischer.

    Ziehst du vor, auf einem Keller den Imbiß zu nehmen, so scheue nicht, noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Eine prachtvolle Aussicht [...] bietet dir der auf sanfter Höhe liegende, mit Kegelbahn ausgestattete Rothlaufskeller. – Ein geheimnisvolles Flüstern des leicht bewegten Blätterdaches hörst du auf dem Lindenkeller mit seinen uralten Linden. [...] Deine müden Glieder sehnen sich gewiß nach Ruhe. Folge mir zur freundlichen Wirtin der ,Krone‘. Hier bist du gut aufgenommen, erhältst billige Verpflegung und prachtvolles Bett. Aber auch die Gastwirtin Fuchs darf nicht vergessen werden. Auch sie bietet bei mäßigem Preise ein schmackhaftes Essen mit gutem Bier aus eigener Brauerei und ein vorzügliches Bett.“

    In den 1930-er Jahren verfügte der Gasthof „Zur Krone“ über 20, der Gasthof Fuchs über zehn Fremdenbetten; überdies betrieben die Eigentümerinnen des Schlosses Giechkröttendorf ein „Kurheim“. Das große Turnerheim am Geutenreuther Berg, 1930 feierlich eröffnet, diente nur wenige Jahren seinem Zweck, Wanderer und besonders Jugendgruppen aufzunehmen: Ab 1934 war es an den NSDAP-Gau Bayerische Ostmark verpachtet und beherbergte eine Gauführerschule der Partei.

    1953 beklagte ein Zeitungsartikel, dass in Weismain gerade im Hinblick auf die Gastronomie zu wenig für den Fremdenverkehr getan worden sei. Er mahnte, „daß dem Fremden, dem Autoreisenden, ja selbst dem Radwanderer oder der ,reisenden Omnibusgesellschaft‘ heute nicht mehr der Komfort von anno dazumal genügt und daß Wirtshäuser noch lange keine Gaststätten sind. Und ein geschmackvolles Café oder eine oder die andere nette Gaststätte stellen für sich allein keine ausreichende Grundlage für einen sich entfaltenden Fremdenverkehr dar.“ Es brauche ein Hotel, wie es in Kasendorf errichtet worden sei, und Ortsverschönerungsmaßnahmen seien erforderlich.

    Die Zahl der Fremdenbetten stagnierte jedoch lange auf dem Stand der späten 1920-er Jahre. Ein Unterkunftsverzeichnis von 1959 verzeichnet 31 Betten, verteilt auf zwei Gasthöfe, die beiden Cafés und eine Pension.

    Der im frühen 20. Jahrhundert sehr umtriebige Verkehrs- und Verschönerungsverein schlief ein, wohl schon bald nach dem Weggang des Apothekers Dr. Walter (faktisch 1909, endgültig 1914). Erst 1959 gründete sich der „Heimat- und Fremdenverkehrsverein Weismain und Umgebung“, der Tourismuswerbung als seine Aufgabe betrachtete.

    Prädikat als Staatlich anerkannter Erholungsort seit 1976

    Seit 1976 mit dem Prädikat „Staatlich anerkannter Erholungsort“ geschmückt, erlangte Weismain erst in den folgenden Jahren einige Bedeutung als Ferienort, wobei die Stadt vor allem von Urlaubern aus Berlin und niederländischen Busgruppen profitierte. Auf den vergleichsweise hohen Stand Ende der 1980-er Jahre – man verzeichnete 1987 fast 40 000 Übernachtungen – folgte ein gewisser Niedergang.

    Womöglich bietet die Gegenwart neue Chancen, die es zu nutzen gilt. Dazu müssen Stadtbild und Landschaft als wichtiges Kapital erkannt werden.

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