„Lange mussten wir darauf warten, aber jetzt ist es soweit: Unser Deutsches Schustermuseum hat wieder geöffnet“, freute sich die Burgkunstadter Bürgermeisterin Christine Frieß. Und die Umgestaltung hat sich gelohnt. Nicht nur im Museum, sondern auch in der Altstadt wird an die Geschichte der Schuhindustrie erinnert. Etwa mit der Aktion des Fördervereins, in leer stehenden Schaufenstern historische Schuhe und Handwerksgeräte auszustellen. Die Aktion „Schuhfenster erzählen die Geschichte der Burgkunstadter Schuster“ fand großen Anklang.
Offen für weitere Neuerungen ist die neue Museumsleiterin Sonja Söllner diese Aufgabe. Gerne gibt sie Auskünfte auf Fragen von Besuchern. Diese kommen aus verschiedenen Bereichen, erzählt die junge Frau. So besuchen Radfahrer, Tagesausflügler oder in Franken weilende Touristen das Museum. Auch aus der nahen Umgehung kommen Menschen, die sich mit diesem wichtigen Kapitel der Heimatgeschichte auseinandersetzen wollen.
Schusterwerkstatt, historische Maschinen und Schuhmode von einst
Bürgermeisterin Christine Frieß und der Geschäftsführer der Werkstätten St. Josef, Thomas Neugeboren, freuten sich, dass es nach der pandemiebedingten Pause wieder weitergehe im Burgkunstadter Museum. Das Deutsche Schustermuseum vermittelt ein wichtiges Kapitel der Burgkunstadter Wirtschaftsgeschichte mit Exponaten und einer Vielzahl von Maschinen. „Es gibt Zeugnis einer großen, erfolgreichen Vergangenheit, es ist schön solch greifbare Geschichte präsentieren zu können“, sagte die Bürgermeisterin. Wer Lust habe auf einen Rundgang durch die Schuhgeschichte von Burgkunstadt, sei eingelden, vorbeikommen. Ein Besuch lohne sich allemal.

Die Geschichte der Burgkunstadter Schuhindustrie begann 1888, als der jüdische Mitbürger Joesph Weiermann in den Nebenräumen der ehemaligen „Zapfschen Gastwirtschaft“, heute Hotel „Drei Kronen“, die erste mechanische Schuhfabrik errichtete. Damit war der Anfang zu einer völligen Veränderung der wirtschaftlichen und sozialen Struktur der Stadt und ihrer Einwohner gemacht. Eine neue Periode wirtschaftlicher Sicherheit, reicher als in den vorangegangenen Epochen, entstand. In den folgenden Jahren entstanden weitere Schuhfabriken. 1898 die Firma Carl Iglauer, 1902 Max Pretzfelder und Püls, 1914 Pretzfelder-Riexinger, 1919 die Brüder August und Otto Hühnlein, 1930 die Firma Büttner und Co.
Einst wurden bis zu 14.000 Paar Schuhe am Tag gefertigt
In den 1960-er und Anfang der 1970-er Jahren war die Blütezeit der Schuhindustrie. Über 2300 Beschäftigten produzierten täglich zwischen 12.000 und 14.000 Paar Schuhe. Aus dieser Industrie ist schließlich mit der Firma Baur das erste deutsche Schuhversandhaus auf Teilzahlungsbasis hervorgegangen. Burgkunstadt wurde zur „Schuhstadt am Obermain“, und wurde „Fränkisches Pirmasens“ genannt. Wegen der zunehmenden Importe aus Billiglohnländern mussten jedoch immer mehr Betriebe ihre Produktion einstellen. Im Jahr 1990 wurden die letzten beiden Betriebe Gotthard und Obermain geschlossen.

Doch vergessen haben die Burgkunstadter ihre „Schuhgeschichte“ nicht. Auf Grund der jahrhundertealten „Schuhmacher-Tradition“ beschloss der Stadtrat 1985, ein Schustermuseum einzurichten. Zu diesem Zweck wurde 1986 das Anwesen Marktplatz 1 erworben und so umgebaut, dass darin das Schustermuseum eingerichtet werden konnte. Rudolf Barth und Elmar Bergmann schafften es in den 1990-er Jahren in mühevoller Kleinarbeit, die Erinnerung an diese Zeit in dem gemeinsam mit der Stadt gegründeten Schustermuseum zu bewahren. Die vielen gesammelten Exponate und Maschinen sollten nicht nur den vollständigen Fertigungsprozess der Schuhherstellung aufzeigen, sondern auch in allen Schichten und Altersgruppen das Interesse am Schuhmacherhandwerk wachhalten. Am 9. März 1991 wurde das Schustermuseum eröffnet und am 7. Juni 1996 wurde der Titel „Deutsches Schustermuseum“ verliehen.
Liebevoll gefertigte Handarbeiten aus der St.-Josefs-Werkstatt
Das Schustermuseum wurde in den Jahren 2018/2019 umgebaut und die Leitung mit neuem Konzept an die St.-Josef-Werkstätten übertragen. Eine lebendige Werkstatt sollte es werden. Was zunächst sehr positiv begann, klappte so allerdings nicht, was sicherlich durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde. Nach der Wiedereröffnung mit kleinen Änderungen und der Möglichkeit eines kurzen Aufenthalts im Eingangsbereich mit freundlichem Ambiente finden Besucher liebevoll hergestellte Produkte für Groß und Klein (Geschenkartikel und Mitbringsel) aus eigener Produktion der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Von kleinen Flechtwerken über aus Holz gefertigte Figuren bis zu kleinen Insektenhotels reicht die Palette der Verkaufsartikel. „Wer ein kleines Geschenk braucht, wird bestimmt im Werkstattladen der WfbM fündig“, sagt die Prokuristin und Geschäftsbereichsleiterin der Werkstätten, Nicole Metze. Nach den ersten Umbaumaßnahmen wurde nach 27 Jahren Mitarbeit Museumsführerin Marlene Brom in den Ruhestand verabschiedet.
Geöffnet ist das Deutsche Schustermuseum von Dienstag bis Donnerstag, jeweils von 12 bis 16 Uhr.