LOHR/TRIEFENSTEIN. Im hinteren Turm des Schlosses Lohr hoch über der Stadt herrscht derzeit geschäftiges Treiben. Seit rund 40 Jahren nutzen Turmfalken hier eine kleine Gaube als Kinderstube.
Auch in diesem Jahr sind die Greifvögel Anfang April in ihre angestammte Niststätte eingezogen. Das Weibchen hat in den vergangenen Tagen insgesamt sechs Eier gelegt. Am 19. April waren es zunächst zwei, am 23. April vier und am 27. April schließlich sechs. Inzwischen sitzt es fest auf dem Gelege und brütet.
Ein Blick in den Nistkasten zeigt die farbenprächtige Gelegepracht in der Turmspitze. Sechs gelbbraun bis ockergelb gefleckte Eier werden vom Turmfalken-Weibchen sorgsam bewacht. Während sie brütet, sorgt das Männchen für Nahrung.
Es verschwindet dazu häufig in Richtung Krankenhaus und in den stadtnahen Grünbereich der Wöhrde, bevorzugt auf der Jagd nach Mäusen. Nur während das Weibchen die mitgebrachte Beute frisst, übernimmt das Männchen für kurze Zeit die Brut. Wenn alles planmäßig verläuft, dürften die jungen Turmfalken Mitte Mai schlüpfen.
Blick in die Kinderstube
Seit einigen Jahren haben Besucher des Spessartmuseums Lohr die Möglichkeit, das Brutgeschehen live auf einem Monitor zu verfolgen. Die Kamera überträgt Bilder direkt aus der Kinderstube hoch oben im großen Turm. Museumstechniker Andreas Eich erklärt, dass die Tiere sich kaum stören lassen und jedes Jahr verlässlich zur Brut schreiten.
Auch im Kloster Triefenstein, rund 30 Kilometer entfernt, haben die Turmfalken ihr Brutgeschäft aufgenommen. Bruder Uwe Stodte, der das Geschehen seit Jahrzehnten fotografisch dokumentiert, berichtet inzwischen von sieben gelegten Eiern. Zwei Tage zuvor waren es noch zwei.
Im Unterschied zum Schloss Lohr begann die Brut hier etwas später. Der Nachwuchs wird voraussichtlich Ende Mai schlüpfen. Die Falken brüten direkt im Klostergebäude, in einer Nische unter dem Dach, die mit einem Kasten ausgestattet ist und für optimale Bedingungen sorgt.
Turmfalken sind in Bayern weit verbreitet und gelten als nicht gefährdete Art. Laut Angaben unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts Main-Spessart liegen für den Landkreis keine aktuellen Monitoringdaten vor. Bayernweit schätzt der Atlas der Brutvögel die Bestände auf rund 9000 bis 14.000 Brutpaare. Damit zählen Turmfalken neben Mäusebussarden zu den häufigsten Greifvögeln.
Spezielle Schutzprogramme gibt es aufgrund des stabilen Bestands nicht. Umso wertvoller sind lokale Initiativen und Beobachtungen wie die im Schloss Lohr und im Kloster Triefenstein, die Einblicke in das faszinierende Brutgeschehen dieser eleganten Jäger bieten.