Vor ungewöhnlich großem Publikum hat der Gemeinderat Neustadt am Donnerstagabend im Rathaus über einen möglichen Beitritt zur Regionalwerk Main-Spessart GmbH beraten. Rund 30 Zuhörer verfolgten die Sitzung im Rathaus - ein Interesse, das deutlich über dem üblichen Rahmen lag. Nach sachlicher Debatte lehnte das Gremium den Beitritt mit 2: 11 Stimmen ab.
Bürgermeister Stephan Morgenroth stellte die Strukturen und Zielsetzung des Regionalwerks in einem ausführlichen Vortrag vor. Die interkommunale Gesellschaft verfolgt das Ziel, erneuerbare Energieprojekte wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen gemeinschaftlich zu planen, zu betreiben und zu vermarkten. Über Projektgesellschaften sollen Beteiligungen für Kommunen, Energieversorger, Unternehmen und Bürger ermöglicht werden. »Das Regionalwerk soll die Energiewende aus der Region heraus gestalten und insbesondere auch kleinere Kommunen einbinden«, betonte der Rathauschef.
Zweifel am Nutzen
Trotz grundsätzlicher Zustimmung zum Modell äußerte Morgenroth erhebliche Zweifel am Nutzen für Neustadt. Die angebotenen Dienstleistungen würden bereits durch bestehende Energieversorger abgedeckt, und Neustadt verfüge aktuell über keine geeigneten Flächen für eigene Projekte. Darüber hinaus warnte er vor finanziellen Verpflichtungen. »Das Projekt kommt ein bis zwei Jahre zu spät. Viele große Flächen im Landkreis sind bereits gebunden«, so seine Einschätzung.
Eine Beteiligung an künftigen Projekten sei zwar möglich, aber kurzfristig aufgrund der finanziellen Belastungen der Kommune nicht realistisch. Auch Stefan Kimmel unterstützte diese Bewertung. Er sprach von einer prinzipiell guten Idee, die jedoch »nicht mehr zur rechten Zeit kommt«. Auch er sah kein Projekt, von dem man einen »Benefit« hätte.
Zweiter Bürgermeister Klaus Schwab hingegen befürwortete den Beitritt ausdrücklich. Er sah in der Bündelung der Kräfte und der regionalen Steuerung der Energiewende eine große Chance. »Ein Projektträger, der koordiniert, kann effektiver arbeiten als viele Einzelne. Und die Wertschöpfung bleibt in der Region«, argumentierte Schwab.
Zu spät arbeitsfähig
Peter Gowor äußerte sich kritisch zu den wirtschaftlichen Annahmen des Vorhabens. Er verwies auf Erfahrungen anderer Landkreise, die sich gegen vergleichbare Modelle entschieden hätten. Die Vorlaufzeit sei lang. »Ich sehe keine Chance, dass innerhalb von zehn Jahren ein nennenswerter Rückfluss entsteht«, erklärte Gowor.
Morgenroth machte auch deutlich, dass das Regionalwerk keinen Einfluss auf das aktuell geplante Windparkprojekt Lonero haben wird. »Bis das Regionalwerk operativ arbeitsfähig ist, werden mindestens zwölf Monate vergehen - für Lonero ist das schlicht zu spät«, stellte Morgenroth klar. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass bereits andere Investoren an den geplanten Lonero-Standorten aktiv auf der Suche nach geeigneten Flächen für Windkraftprojekte seien - teils mit sehr konkreten Plänen. Hier bestehe die Gefahr, dass Entscheidungen ohne kommunale Mitsprache getroffen werden.
Am Ende der Diskussion fiel die Entscheidung eindeutig aus: Nur zwei Räte stimmten für den Beitritt. Damit ist das Thema für Neustadt vom Tisch. Die Gemeinde wird sich nicht an der Regionalwerk Main-Spessart GmbH beteiligen. jk