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Autotest: Corvette ZR1 und Mustang GTD – Amerikas neue Kraftpakete

Autotest

Corvette ZR1 und Mustang GTD – Amerikas neue Kraftpakete

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    Wild Horses: Davon stellt dieser Mustang wahrlich viele parat - nämlich 828 an der Zahl.
    Wild Horses: Davon stellt dieser Mustang wahrlich viele parat - nämlich 828 an der Zahl. Foto: Ford/dpa-tmn

    Es sind keine neuen Elektroautos, die gerade in Detroit die Charts stürmen. Zwei waschechte Muscle-Cars machen von Motown aus Furore: Strecke frei für Chevrolet Corvette ZR1 und Ford Mustang GTD.

    Eigentlich fahren die beiden Konkurrenten nicht in der gleichen Liga. Und eigentlich war Chevrolets Antwort auf den Mustang jahrzehntelang der Camaro. Doch trotzdem wurden die beiden Aushängeschilder meist in einem Atemzug genannt.

    In ihren neuen Topversionen sind sie nicht nur zum ersten Mal tatsächlich halbwegs gleichauf. Corvette und Mustang sind nun auch vielen europäischen Sportwagen überlegen. Zumindest auf der linken Spur und auf der Rennstrecke ist Amerika damit mit tatsächlich wieder Great Again.

    Als ZR1 wird die Corvette zum Hypercar und Bugatti-Gegner

    Die Krone sichert sich dabei einmal mehr die Corvette, die traditionell eine Klasse über dem Mustang fährt. Die kommt schon in der 103.000 Euro teuren Basisversion Stingray vergleichsweise nahe an europäische Vollgas-Ikonen wie den Porsche 911 heran.

    Wer den seit dem letzten Generationswechsel erstmals mit Mittelmotor gesegneten Sportler in den USA für 178.175 US-Dollar als neuen ZR1 bestellt, steigt damit plötzlich in die Liga der Hypercars auf. Auf dem Papier zumindest sticht der Ami selbst die Topmodelle von Ferrari oder Lamborghini und sogar den seligen Bugatti Veyron aus.

    Kraftakt nach alter Väter Sitte

    Möglich macht das der stärkste Achtzylinder, der bislang ab Werk in einem US-Auto eingebaut wurde: Nur mit Hilfe zweier Turbolader – ebenfalls eine Premiere in über 70 Jahren Corvette - und ganz ohne elektrische Unterstützung schüttelt das Triebwerk so 782 kW/1.064 PS aus seinen 5,5 Litern Hubraum und reißt mit bis zu 1.123 Nm an den wuchtigen Walzen der Hinterachse. Allrad, Hinterachslenkung oder gar Hybridantrieb? Das scheint nur was für die sportlichen Streber aus der Alten Welt.

    Bloß nicht die Beherrschung verlieren

    Dazu gibt es einen aerodynamischen Feinschliff, der die Corvette zum ultimativen Tiefflieger macht und alle Blicke fängt. Aber der riesige Flügel am Heck oder die Nüstern im Bug dienen mehr der Eile als der Eitelkeit. Vorn strömt Kühlluft ein und hinten gibt es bis zu 500 Kilo Abtrieb, mit dem die Corvette am Asphalt klebt als kämen die Reifen von Pattex und nicht von Pirelli & Co.

    Entsprechend gut ist der amerikanische Athlet zu beherrschen. Auf der Geraden explodiert er förmlich im Vortrieb, sprintet aus dem Stand in 2,3 Sekunden auf Tempo 100. Und dabei ist es egal, ob jetzt bei «über 345 km/h» Schluss ist, wie es Datenblatt steht, oder erst bei den 375 km/h, die GM-Chef Mark Reuss auf einer Rekordfahrt im norddeutschen Papenburg geschafft hat - immer ist die Corvette schneller als die US-Polizei erlaubt.

    Und in Kurven wird sie zum Wirbelwind, dem es gar nicht verwinkelt genug sein kann, so leidenschaftlich schneidet sie durch die Radien und rasiert den Asphalt. Da wird der gut alte Dampfhammer zum Präzisionswerkzeug.

    «Yeahaw» im Mustang

    Das nehmen auch die Kollegen von Ford für den Mustang GTD in Anspruch, der das Buchstabenkürzel übrigens nicht von Wolfsburger Dieseln entlehnt hat, sondern als «Gran Tourismo Daytona» auf das legendäre 24-Stunden-Rennen anspielt. Denn die Zeiten, in denen der Mustang ein kaum kontrollierbares Wildpferd war, das der Fahrer wie ein Cowboy erst brechen und bezwingen musste, sind lange vorbei. Selbst wenn man sie bei Ford noch immer nichts vom Allradantrieb wissen will und den Motor, anders als Chevrolet, bei der Corvette weiterhin im Bug verbauen.

    Der «stärkste Mustang aller Zeiten»

    Wo bislang mit 333 kW/453 PS und 5,0 Litern Hubraum der Mustang Dark Horse die Spitze markiert hat, bollert jetzt ein 5,2 Liter großer V8. Dem entlockt ein Kompressor unter wütendem Kreischen bis zu 609 kW/828 PS und über 900 Nm. Alles ist auf Performance getrimmt: vom semi-aktiven Fahrwerk bis zum  ins Heck verlegten Doppelkupplungsgetriebe. Und natürlich die Carbon-Karosse mit gewaltigen Nüstern in der Motorhaube und riesigen Rippen in den Kotflügeln bis hin zum Heckflügel. Letzterer würde wohl übrigens jeden Barkeeper im Western-Saloon glücklich machen.

    Der Vortrieb hier ist nicht minder imposant. Wenn sich der Fuß ans Bodenblech heftet und sich die 345er Cup-R-Reifen mit dem Asphalt verzahnen, vergehen kaum mehr als drei Sekunden bis zur 100 km/h-Marke. Und wer das Pedal dann nicht lupft, sondern bei 200 km/h auf der Autobahn noch einmal runterschaltet, der spürt einen zweiten Wind. Ruckzuck hat man 300 km/h auf dem Tacho und kann gar nicht glauben, dass bei 325 Sachen schon Schluss sein soll.

    Abschied vom Rodeo

    Dabei verlangt der Mustang gar nicht mal nach kurzen Zügeln. Man kann ihn gut an der langen Leine laufen lassen. Erst wenn man in den Sport- oder gar in den Race-Modus wechselt und vom Highway auf den Byway, dann muss man den Kraftmeier ein wenig enger an die Kandare nehmen. Und dann auch ein bisschen mehr arbeiten, um auf der Ideallinie zu bleiben. Aber auch das ist kein Vergleich zu früher, als der Rennfahrer im Mustang zum Rodeo-Reiter wurde.

    Die letzten werden die ersten sein – zumindest beim Export

    Egal, ob Corvette oder Mustang - zumindest als ZR1 und als GTD haben sie einen ganz eigenen Charakter. Noch immer ein bisschen hemdsärmeliger als die europäische Elite, sind sie trotzdem zu seriösen Sportwagen gereift. Präzise, kontrollierbar und vor allem vorhersehbar bringen sie ihre Kraft auf die Straße und prügeln die Konkurrenz nicht einfach mit dem Vorschlaghammer nieder.

    Wie gereift und fast schon europäisch die beiden sind, haben sie ausgerechnet in Deutschland bewiesen – und die Nordschleife des Nürburgrings in Rekordzeit umrundet. Erst der Mustang in 6:57 Minuten und ein paar Wochen später die Corvette. Sie stieg mit 6:51 Minuten zum bislang schnellsten Serienauto aus den USA auf. Trotzdem allerdings hat der Ford bei uns die Nase vorn. Denn während die Corvette bislang nur in den USA verkauft wird, kommen zumindest ein paar Dutzend Mustang GTD ab dem nächsten Frühjahr auch nach Deutschland.

    Im Innenraum hört die Liebe auf

    Neben dem eiligen Anspruch haben die beiden Boliden aber noch etwas gemein: So konsequent und kompromisslos die Ingenieure an Antrieb, Aufbau und Abstimmung gearbeitet haben, so wenig tut sich am Ambiente. Sowohl Ford als auch Chevrolet muten den Kunden mehr billiges Plastik und lieblose Schalterlandschaften zu, als es so ikonische Autos verdient haben.

    Erst recht, wenn der Corvette-Preis beim 2,5-fachen (zum US-Preis der Basis) liegt und sich der Mustang-Preis versechsfacht. Da hätte es auch für ein paar echte Carbon-Konsolen reichen können und das Titan aus alten Kampffliegern dürfte - wie bei Ford - nicht nochmal Aufpreis kosten. Nur ein paar tiefer ausgeschnittene und trotzdem vergleichsweise schwere, dafür aber bequeme Sessel, neue Grafiken fürs digitale Cockpit und bunte Gurte sind zu wenig.

    Immerhin gibt's da wie dort ein schönes Schaufenster zur Technik: Bei der Corvette liegt der Motor in Heck hinter einer Scheibe, die das «Split Window» der legendären Corvette Stingray aus den 1960er jahren zitiert. Und beim Mustang gibt es anstelle der Rückbank ein Fenster im Boden, durch das man das eloxierte Dämpfer- und Federwerk der Hinterachse sieht.

    Fazit: Motown spielt weiter seine alten Hits

    Schön möglich, dass der Rest der Welt nach vorn schaut und andere Probleme wälzt als die Rundenzeiten auf der Nordschleife. Aber Corvette und Mustang machen sich gar nicht erst die Mühe, auch nur irgendwie nachhaltig oder politisch korrekt zu sein.

    Vielleicht gerade deswegen sind ZR1 und GTD die faszinierendsten, auf jeden Fall aber leidenschaftlichsten Autos, die Detroit derzeit zu bieten hat. Motown spielt damit weiter seine alten Hits, doch haben die noch immer einen klasse Klang. Und das kann man in diesem Fall sogar wörtlich nehmen.

    Datenblatt: Chevrolet Corvette ZR1 | Ford Mustang GTD

    Maschinenbaukunst: Klassischer V8-Motor mit Kompressor mit 5.163 ccm.
    Maschinenbaukunst: Klassischer V8-Motor mit Kompressor mit 5.163 ccm. Foto: Ford/dpa-tmn
    Sportmaschine im natürlichen Habitat: Das wahre Potenzial der Corvette ZR1 lässt sich sicher(lich) nur auf der Rennstrecke ausschöpfen.
    Sportmaschine im natürlichen Habitat: Das wahre Potenzial der Corvette ZR1 lässt sich sicher(lich) nur auf der Rennstrecke ausschöpfen. Foto: Richard Prince/Chevrolet/dpa-tmn
    Track Day: Diese Front erinnert mehr an einen Rennwagen für die Piste als an einen Grand Tourismo für die Straße
    Track Day: Diese Front erinnert mehr an einen Rennwagen für die Piste als an einen Grand Tourismo für die Straße Foto: Ford/dpa-tmn
    Wildes Geflügel: Der wuchtige Heckspoiler trägt nicht unerheblich zu dieser massiven Ansicht bei.
    Wildes Geflügel: Der wuchtige Heckspoiler trägt nicht unerheblich zu dieser massiven Ansicht bei. Foto: Ford/dpa-tmn
    Himmelsstürmer: Der pfeilschnellen Corvette sollen bei Versuchsfahrten auch Geschwindigkeiten von bis zu 375 km/h gelungen sein.
    Himmelsstürmer: Der pfeilschnellen Corvette sollen bei Versuchsfahrten auch Geschwindigkeiten von bis zu 375 km/h gelungen sein. Foto: Chevrolet/dpa-tmn
    Garant für massiven Vortrieb: Der V8-Turbo leistet 1.064 PS.
    Garant für massiven Vortrieb: Der V8-Turbo leistet 1.064 PS. Foto: Chevrolet/dpa-tmn
    Let's go: Der Mustang spurtet bestenfalls in rund 3,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100.
    Let's go: Der Mustang spurtet bestenfalls in rund 3,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Foto: Ford/dpa-tmn
    Dynamisch, aber...der Tester moniert die im Vergleich zu den überragenden sportlichen Leistungen durchschnittliche Materialauswahl und lieblose Gestaltung im Cockpit.
    Dynamisch, aber...der Tester moniert die im Vergleich zu den überragenden sportlichen Leistungen durchschnittliche Materialauswahl und lieblose Gestaltung im Cockpit. Foto: Ford/dpa-tmn
    Stimmungsvoll und stimmig inszeniert: Autos wie die Corvette ZR1 fühlen sich auf der Rennstrecke wohl am wohlsten.
    Stimmungsvoll und stimmig inszeniert: Autos wie die Corvette ZR1 fühlen sich auf der Rennstrecke wohl am wohlsten. Foto: Richard Prince/Chevrolet/dpa-tmn
    In 2,3 Sekunden katapultiert die Corvette ZR1 ihre Insassen aus dem Stand auf Tempo 100.
    In 2,3 Sekunden katapultiert die Corvette ZR1 ihre Insassen aus dem Stand auf Tempo 100. Foto: Richard Prince/Chevrolet/dpa-tmn
    Alles im Griff: Das Lenkrad erinnert an High Performance - die Materialauswahl und lieblose Gestaltung erinnert eher an Durchschnitt.
    Alles im Griff: Das Lenkrad erinnert an High Performance - die Materialauswahl und lieblose Gestaltung erinnert eher an Durchschnitt. Foto: Chevrolet/dpa-tmn
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