Lehrermangel, unbesetzte Schulleiterstellen, unsanierte Schulgebäude - die Bildungsgewerkschaft GEW sieht Hessens Schullandschaft nach eigenen Worten in einer «schleichenden Krise». Drei Schulleitungsverbände, die GEW und der Grundschulverband drangen in ihrer in Wiesbaden vorgestellten sogenannten Sechsten Frankfurter Erklärung auf Verbesserungen.
Der «Mangel an Ressourcen» gefährde den Erfolg schulischer Bildung, mahnten sie. Die flächendeckende Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der hessischen Schulen sei zunehmend gefährdet. Das Kultusministerium solle einen Dialog aller bildungspolitischen Akteure starten.
Mehr nichtpädagogische Arbeit für Lehrer?
Laut den fünf Bildungsorganisationen fressen bei Lehrern und Lehrerinnen neben Stundenvorbereitungen, Korrekturen und Elterngesprächen heute auch Verwaltungsaufgaben und Digitalisierung immer mehr Zeit. Um zusätzlichen Lehrernachwuchs zu gewinnen, müsse diese häufige Überbelastung verringert werden, etwa mit Entlastung bei der Bürokratie und mehr IT-Spezialisten.
Laut dem hessischen GEW-Vorsitzenden Thilo Hartmann fallen vorsichtig geschätzt Jahr für Jahr rund drei Millionen Überstunden von Lehrern im Land an - unbezahlt. Der Vorsitzende des Interessenverbands Hessischer Schulleitungen, Andreas Leibold, ergänzte, im Oktober 2024 seien mehr als 220 Schulleitungen in Hessen unbesetzt gewesen - mit Mehrarbeit für Kollegen. Dabei müssten manche Verwaltungstätigkeiten in Schulen unnötig doppelt erledigt werden - mit der analogen und digitalen Eingabe derselben Daten.
Staatsvertrag für Lehrer-Ausbildungsquoten?
Die fünf Bildungsorganisationen forderten die schwarz-rote Landesregierung auf, sich im Kampf gegen Lehrermangel für einen Staatsvertrag einzusetzen, «der bundesweit verbindliche Ausbildungsquoten festschreibt». Für befristet beschäftigte Pädagogen ohne abgeschlossene Lehramtsausbildung sollten klare Qualifizierungswege für eine langfristige Berufsperspektive geschaffen werden.
Als weitere Herausforderung nannte die GEW die steigenden Schülerzahlen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) sage einen Anstieg bei allgemeinbildenden Schulen bis etwa zum Jahr 2030 und bei Berufsschulen noch länger voraus. Die hessischen Bildungsorganisationen verwiesen zudem auf einen Investitionsstau von konservativ gerechnet sechs Milliarden Euro bei den Schulgebäuden.
Die Strukturen im Bildungssystem nannten sie teils veraltet. Einige ihrer Experten plädierten für eine Abschaffung der klassischen Schulnoten in den Jahrgängen eins bis zehn, weil sie Schülerinnen und Schüler auch demotivieren und Chancenungleichheiten verstärken könnten.
Kultusministerium: Mehr Lehrerstellen im neuen Schuljahr
Das hessische Kultusministerium hatte kürzlich zum Schuljahresstart von einer Erhöhung der Lehrerstellenzahl auf 61.660 gesprochen (2024: 59.560). Dies sorgt laut Kultusminister Armin Schwarz (CDU) für eine stabile Unterrichtsversorgung. Daneben verwies sein Ministerium auf mehrere geplante Neuerungen an Schulen: Handyverbot mit Ausnahmen in weiterführenden Schulen, digitale Plattform für den Werteunterricht, KI-Chatbot für alle Schulen und eine höhere Stellenzahl bei den Schulpsychologen und -psychologinnen.
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