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Gesundheit bei Kindern: Warum Grundschulkinder im Südwesten immer dicker werden

Gesundheit bei Kindern

Warum Grundschulkinder im Südwesten immer dicker werden

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    Noch nie waren so viele Kinder beim Fitnessbarometer in Baden-Württemberg übergewichtig wie im vergangenen Jahr. (Symbolbild)
    Noch nie waren so viele Kinder beim Fitnessbarometer in Baden-Württemberg übergewichtig wie im vergangenen Jahr. (Symbolbild) Foto: Markus Scholz/dpa

    Immer mehr Kinder in Baden-Württemberg sind übergewichtig – das zeigen neue Daten des Fitnessbarometers 2025. Was steckt dahinter? Was muss sich ändern? Die wichtigsten Fragen dazu:

    Warum sind Kinder heute dicker als früher?

    Laut dem aktuellen Fitnessbarometer sind 15 Prozent der Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren übergewichtig, 6,5 Prozent sogar krankhaft fettleibig. Das ist trauriger Rekord: «Im Jahr 2024 wurde ein neuer Höchststand erreicht», sagt Studienleiter Prof. Klaus Bös, Leiter des Instituts für Sport- und Sportwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Die Gründe liegen aus seiner Sicht auf der Hand: zu wenig Bewegung, zu viel Zeit vor dem Bildschirm. Die Pandemie hat diesen Trend verstärkt – und der Weg zurück ist lang. Laut Fitnessbarometer ist heute mehr als jedes sechste Kind zwischen drei und zehn Jahren übergewichtig.

    Was hat die Grundschule damit zu tun?

    Ziemlich viel. Denn gerade beim Übergang von der Kita zur Schule kommt es laut Studie zu einem drastischen Sprung – nach oben, auf der Waage. Die Studie zeigt: Ab dem Alter von sechs Jahren steigt der Anteil übergewichtiger Kinder deutlich an – und bleibt dann hoch. «Unsere Kinder sitzen sich in der Grundschule krank», warnt der Ludwigsburger Kinderarzt Thomas Kauth. Er sieht die fehlende Bewegung im Schulalltag als Hauptproblem.

    Gibt es auch gute Nachrichten?

    Ja, ein bisschen. Die motorischen Fähigkeiten der Kinder haben sich laut Fitnessbarometer nach dem Corona-Einbruch leicht erholt. Vor allem bei Kraft und Koordination geht es bergauf – teils ist es sogar besser als vor der Pandemie. Aber: Ausdauer, Beweglichkeit und Schnelligkeit bleiben weiter im Keller. Bei der Ausdauer etwa liegt der aktuelle Wert laut Studie sehr deutlich unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie und ist auch im Vergleich zu den Vorjahren weiter gesunken. «Hier gibt es weiterhin großen Handlungsbedarf», sagte Sportwissenschaftler Bös.

    Warum ist das Übergewicht ein so großes Problem?

    Weil die Folgen gravierend sind – körperlich wie seelisch. «Übergewichtige Kinder werden krank – wir müssen endlich wirksam dagegen vorgehen», sagt Kinderarzt Kauth. Schon jetzt zeigten viele betroffene Kinder erste Anzeichen von Stoffwechselerkrankungen, Gelenkproblemen oder Bluthochdruck. Und: Übergewicht im Kindesalter erhöhten das Risiko, auch als Erwachsene gesundheitlich stark belastet zu sein.

    Was bringt der Motorik-Test eigentlich?

    Sehr viel, sagen die Fachleute. Über die Initiative «Turnbeutelbande» bietet die Kinderturnstiftung Baden-Württemberg kostenlose Tests in Kitas, Grundschulen und Vereinen an. Im Jahr 2024 machten über 7.500 Kinder mit. Dabei wird zum Beispiel geschaut, wie schnell sie laufen, wie gut sie balancieren oder wie lange sie durchhalten. Ziel ist es, Schwächen früh zu erkennen – und passende Bewegungsangebote zu schaffen.

    Was müsste sich jetzt ändern?

    Mehr Bewegung – im Alltag und vor allem in der Schule. Eine tägliche Sportstunde wäre ein Anfang, meint Kauth. Aber auch die Eltern, Vereine und Kommunen sind gefragt. «Nur gemeinsam können wir den Alltag von Kindern bewegungsfördernder gestalten», sagt Susanne Weimann von der Kinderturnstiftung. Die Angebote seien da – sie müssten nur noch die Kinder erreichen, die sie am meisten brauchen.

    Warum sind gerade Kinder so stark betroffen?

    Kinder sind in einer entscheidenden Entwicklungsphase – körperlich, seelisch und auch sozial. Ihr Lebensstil wird stark von ihrer Umgebung geprägt: Fehlt die Bewegung im Alltag, ist ungesundes Essen leicht zu haben und überwiegt die Zeit vor Computer, Handy oder Fernseher, steigen die Kilos schnell. Hinzu kommt: Kinder haben oft weniger Kontrolle über ihren Tagesablauf als Erwachsene. Sie essen, was auf den Tisch kommt – und bewegen sich nur, wenn es ihnen ermöglicht oder vorgelebt wird. Legen Eltern, Schule oder Kita wenig Wert auf gesunde Ernährung und Bewegung, verfestigen sich ungesunde Muster wie zum Beispiel süße Getränke. Und das kann aus Sicht von Bös schwerwiegende Folgen haben.

    Was empfiehlt die Sportwissenschaft?

    Aus Sicht des Karlsruher Experten Bös geht es vor allem darum, Kinder für den Sport zu motivieren. Ein guter Einstieg könne das Kinderturnen sein und anschließend die Mitgliedschaft im Sportverein. Vereine oder Fitnessstudios hätten später ebenfalls eine wichtige Funktion, sagt er. Sich mit anderen zu verabreden, gilt als ein guter Trick, um die eigenen guten Vorsätze tatsächlich auch umzusetzen.

    Warum hilft Bewegung so wirksam gegen Übergewicht?

    Bewegung stärkt nicht nur Muskeln und Ausdauer, sie hilft auch, das Körpergewicht zu regulieren. Wer sich regelmäßig bewegt, verbrennt mehr Kalorien und entwickelt ein besseres Körpergefühl. Zudem verbessert Sport das Sozialverhalten und das Selbstbewusstsein von Kindern. Schon 60 Minuten Bewegung pro Tag – das kann Toben, Rennen oder Radfahren sein – machen laut Studien einen großen Unterschied.

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    1 Kommentar
    Hans-Martin Hoffmann

    Für den Sport motivieren - dann muss man den Kindern ja nur noch die Zeit dafür lassen statt sie von Vormittag bis Nachmittag mit Inhalten zu bombardieren und zu erwarten, dass sie auch in ihrer Freizeit noch machen was man ihnen sagt statt das was sie wollen... da glaubt man offenbar im Ernst, dem Problem mit ein bisschen mehr freiwilliger Bewegung beizukommen. Naja, in zehn Jahren wird man vmtl. mal wieder resümieren und zu dem erstaunlichen Schluss kommen, die Eltern sind an allem schuld, weil sie nicht genug auf eine vernünftige Ernährung ihrer Kinder achten, sondern ihnen - völlig unkritisch - das vorsetzen, was die Werbung empfiehlt. Wetten? (Meine Güte, bin mal gespannt, wann die ersten Kinder bzw. Eltern auf die Idee kommen, die Bundesrepublik Deutschland wg. fortgesetzter seelischer Grausamkeit durch wenig kindgerechte Politik und Passivität in Sachen Regulierung ungesunder "Lebens"mittel zu verklagen!)

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