Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel hat sich die Sicherheit der Jüdinnen und Juden in Deutschland laut der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt deutlich verschlechtert. «Judenhass begegnet uns überall: auf Schulen, massiv auf Universitäten und natürlich besonders auf Social Media», sagte der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, Benjamin Graumann. «Manchmal ist der Antisemitismus ganz subtil, manchmal ist er ganz direkt. Beides trifft uns gleichermaßen hart und beides tut auch gleichermaßen weh.»
Seit dem 7. Oktober 2023 sei das jüdische Leben unsicherer geworden. «Jüdisches Leben ist eigentlich in Deutschland mittlerweile nur dann sicher, wenn es nicht sichtbar ist.» Das führe dazu, dass viele Menschen ihre jüdische Identität versteckten, aus Angst, aus Unsicherheit. Im Alltag zeige sich das ganz konkret: «Beispielsweise wenn Kinder aufpassen müssen, dass sie sich nicht auf Hebräisch unterhalten in der U-Bahn. Oder wenn Menschen keine T-Shirts tragen mit jüdischen oder hebräischen Zeichen oder keine Davidsternketten.»
Graumann: Jüdische Menschen versteckten ihre Identität
Die Hemmschwelle für Antisemitismus sei deutlich gesunken. «Es ist gibt vieles, was mittlerweile offen gesagt wird, was gar keine Konsequenzen hat, etwa wenn auf der Straße judenfeindliche Parolen gebrüllt werden», sagt Graumann. Das sei ein deutlich veränderter Zustand, «den wir viele von uns, vor noch mehreren Jahren nicht mehr für möglich gehalten hätten».
Was braucht es, um den Judenhass wirksam zu bekämpfen? Da sei zum einen die Politik, die klare Zeichen setzen müsse. Und da sei zum anderen die Gesamtgesellschaft, die verstehen müsse, dass sich Judenhass nicht nur gegen Juden richtet, sondern gegen die Demokratie. Von beiden habe man sich gerade nach dem 7. Oktober manchmal sehr alleingelassen gefühlt.
«Nie wieder» bedeute heute und jetzt zu handeln
«Wir hören auf allen möglichen Gedenkveranstaltungen das berühmte "Nie wieder" von den Politikern. Aber "Nie wieder" bedeutet eben nicht viel, wenn darauf keine konkreten Konsequenzen hergeleitet werden. "Nie wieder" bedeutet heute und jetzt zu handeln und nicht dann betroffen zu sein, wenn etwas passiert.» Zudem gebe es in Deutschland mittlerweile unzählige Antisemitismusbeauftragte, aber das habe nicht dazu geführt, dass der Antisemitismus weniger geworden sei, im Gegenteil. «Den Kampf gegen Judenhass kann man nicht auslagern an Antisemitismusbeauftragte. Ich glaube, das ist etwas, worum sich jeder kümmern muss.»
Bildung und Aufklärung als Schlüssel gegen Judenhass
Graumann fordert auch stärkere Konsequenzen bei antisemitischen Straftaten. «Wir brauchen härtere Strafen, mehr Schutz und zusätzliche Investitionen in Bildung und Aufklärung. Bildung und Aufklärung sind die einzigen Schlüssel, um Judenhass letztlich wirksam und endgültig zu bekämpfen.» Gerade Social Media führe dazu, dass vor allem junge Menschen sehr einseitige Informationen bekämen, etwa über den Nahost-Konflikt. «Ich glaube, Unwissenheit ist immer noch der größte Nährboden für Hass.»
Am 7. Oktober 2023 hatten Terroristen der Hamas und anderer Gruppen in Israel ein Massaker verübt. Rund 1.200 Menschen wurden getötet und mehr als 250 Geiseln wurden verschleppt, ein Teil ist noch in der Gewalt von Islamisten. Auf das Massaker folgte der Gaza-Krieg mit vielen zivilen Opfern seitens der Palästinenser.
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