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Juristischer Streit um AfD: Gericht: AfD Hessen zurecht als Verdachtsfall eingestuft

Juristischer Streit um AfD

Gericht: AfD Hessen zurecht als Verdachtsfall eingestuft

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    Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hatte vor rund drei Jahren die Einstufung vorgenommen, dass der AfD-Landesverband ein rechtsextremer Verdachtsfall ist (Archivbild).
    Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hatte vor rund drei Jahren die Einstufung vorgenommen, dass der AfD-Landesverband ein rechtsextremer Verdachtsfall ist (Archivbild). Foto: Christoph Reichwein/dpa

    Die hessische AfD darf vom Landesverfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft und beobachtet werden. Das entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel nach eigenen Angaben und bestätigte eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom November 2023.

    Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hatte argumentiert, es bestehe beim AfD-Landesverband der Verdacht einer gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebung. Der Verwaltungsgerichtshof hielt in seinem Beschluss fest, dass es dafür tatsächliche Anhaltspunkte gebe.

    Wie reagiert die hessische AfD?

    Der AfD-Landesverband wies darauf hin, dass es sich nur um eine Entscheidung im Eilverfahren handle. «Nach der Entscheidung im Eilverfahren geht es nun im Hauptsacheverfahren vor das Verwaltungsgericht Wiesbaden», so die Partei. An diesem wolle man auch weiter festhalten. «Wir halten die Begründung des Gerichts nicht für überzeugend, die AfD als Verdachtsfall einzustufen, und werden den Rechtsweg weiter beschreiten.» Das Hauptsacheverfahren könne sich sehr lange hinziehen, sagte ein AfD-Sprecher.

    Wie bewertet Hessens Innenminister die Gerichtsentscheidung?

    Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte vor wenigen Wochen im juristischen Tauziehen um die Einstufung der hessischen AfD öffentlich eine möglichst rasche Rechtsklarheit gefordert. Nun begrüßte er die Entscheidung. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Auffassung des Verwaltungsgerichts bestätigt, «dass die AfD in Hessen gegen die Menschenwürde und das Demokratieprinzip verstößt». Die Entscheidung stelle der Partei im Land «ein vernichtendes Zeugnis aus». Die AfD habe sich in den vergangenen Jahren auch in Hessen immer weiter radikalisiert. Poseck kündigte an: «Das Landesamt für Verfassungsschutz wird den Beschluss auswerten und die daraus folgenden Konsequenzen für den weiteren Umgang mit der hessischen AfD ziehen.»

    Wie ist der juristische Streit bislang verlaufen?

    Das LfV hatte den hessischen Landesverband der AfD vor rund drei Jahren als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Im November 2023 entschied das Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass die hessische AfD beobachtet werden darf. Die Partei war unter anderem deshalb vor den Verwaltungsgerichtshof gezogen. Dieser teilte nun mit, das Verwaltungsgericht als Vorinstanz habe in Abwägung mit der Meinungsfreiheit unter anderem zutreffend angenommen, dass die AfD für einen sogenannten ethnischen Volksbegriff eintrete. Es gebe außerdem hinreichende Aussagen, die sich «gegen die Menschenwürde von Ausländern, insbesondere Asylsuchenden, als ethnisch „Fremde“ richteten». Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht mehr anfechtbar. Möglich ist aber etwa eine Verfassungsbeschwerde.

    Um was geht es in dem Verfahren noch?

    Strittig war auch, inwieweit die Einstufung als Verdachtsfall öffentlich gemacht werden darf. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte 2023 geurteilt, dass der Verfassungsschutz seinerzeit die Öffentlichkeit rechtswidrig in einer Pressemitteilung über die Beobachtung der AfD unterrichtet habe. Dafür gebe es zumindest in Hessen keine gesetzliche Grundlage. Dies sah auch der Verwaltungsgerichtshof so, ergänzte aber, dass die Öffentlichkeit in den Verfassungsschutzberichten über die AfD aufgeklärt werden könne.

    Was sind die Aufgaben des Landesverfassungsschutzes?

    Das Landesamt für Verfassungsschutz sammelt laut eigenen Angaben Informationen über extremistische Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und analysiert sie. Als extremistische Bestrebungen gelten dem hessischen Verfassungsschutzgesetz nach «politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen» ... «die auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zielen». Diese können von Gruppen oder Einzelpersonen ausgehen.

    «Nicht extremistisch ist die kritische Auseinandersetzung mit Elementen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, ohne dass diese Auseinandersetzung das Ziel der Beseitigung derselben verfolgt», heißt es beim LfV.

    Wie kommt das LfV an Informationen?

    Die hessischen Verfassungsschützer kommen über unterschiedliche Methoden zu Informationen über Verdachtsfälle - sie reichen vom Sichten allgemein zugänglichen Quellen wie etwa dem Internet über das Verwenden technischer Mittel bis hin zum Einsatz von Vertrauensleuten. Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln zählen die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs, der Einsatz technischer Mittel zur Ortung von Mobilfunkendgeräten, kurz- und langfristige Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen sowie der Einsatz von verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie von Vertrauensleuten.

    Wie lauten weitere Reaktionen auf die Gerichtsentscheidung?

    Der Fraktionsvorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Mathias Wagner, erklärte: «Das Urteil unterstreicht einmal mehr: Die AfD ist längst keine Protestpartei mehr.» Die Partei wende sich gegen «unsere Freiheit, unsere Demokratie und gegen die Menschenwürde». Deshalb werde sie völlig zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet. «Wer noch Zweifel hatte, welch Geistes Kind die AfD ist, der sollte seine Haltung spätestens jetzt überdenken», ergänzte Wagner.

    Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Lisa Gnadl, erklärte: «Wer hinschaut und zuhört, weiß es ohnehin: Weite Teile der AfD verachten die Demokratie und den Rechtsstaat und die Institutionen, die beides verkörpern.» Völkisches Denken, offener Rassismus und eine zügellos aggressive Rhetorik gehörten inzwischen «zum Markenkern der AfD, während der bürgerliche Anstrich ihrer Amts- und Mandatsträger» zusehends bröckele.

    Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion Oliver Stirböck erklärte: «Die hessische AfD hat es bis heute nicht geschafft, sich von Rechtsextremisten wie Björn Höcke, dem sogenannten Flügel und der Identitären Bewegung zu distanzieren.» Ebenso wenig sei die AfD bereit, sich von radikalen Kräften in ihren eigenen Reihen zu trennen.

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