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Prozesse: Brudermord in Afghanistan - Neffe sagt gegen Onkel aus

Prozesse

Brudermord in Afghanistan - Neffe sagt gegen Onkel aus

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    Zwischen Hanau und Kandahar liegen mehr als 5.000 Kilometer. Dennoch befasst sich das Landgericht der hessischen Stadt nun mit einem Brudermord, der in Afghanistan verübt worden sein soll. (Archivfoto)
    Zwischen Hanau und Kandahar liegen mehr als 5.000 Kilometer. Dennoch befasst sich das Landgericht der hessischen Stadt nun mit einem Brudermord, der in Afghanistan verübt worden sein soll. (Archivfoto) Foto: Michael Bauer/dpa

    Im Prozess um einen Brudermord, der sich vor knapp zehn Jahren in Afghanistan zugetragen haben soll, hat ein damals elfjähriger Junge als einziger Tatzeuge ausgesagt. Vor dem Landgericht Hanau berichtete er, sein Onkel habe seinen Vater im Oktober 2015 in der afghanischen Stadt Kandahar erschossen.

    Er habe seinem Onkel damals das Hoftor geöffnet, sagte der heute 21-Jährige. Der Angeklagte sei mit einem zunächst unter einer Decke versteckten Gewehr ins Haus gegangen, habe ihn aus dem Weg geschubst und dann seinen Bruder aus kürzester Distanz erschossen.

    Er selbst sei am Hoftor stehen geblieben, sagte der Neffe des Angeklagten. Er habe aus einigen Metern Entfernung die Schussabgabe, die sich auf einer Art Balkon ereignet haben soll, gesehen und den Knall gehört. Danach habe er beobachtet, wie sein Vater im Gesicht getroffener Vater tot nach hinten kippte.

    «Ich habe ihn mit den eigenen Augen gesehen»

    Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Mirko Schulte sagte der Zeuge, er habe seinen Onkel, dessen Kopf teilweise mit einer Art Schal bedeckt gewesen sei, zweifelsfrei erkannt. «Ich habe ihn mit den eigenen Augen gesehen», sagte er auf Deutsch. Der Angeklagte verfolgte die Ausführungen seines Neffen, die ihm von einem Dolmetscher übersetzt wurden, ohne erkennbare Gemütsregung.

    Er habe die Nase und Stirn seines Onkels gesehen und dessen Stimme erkannt, sagte der Neffe. Sein Onkel habe kurz gefragt: «Papa zu Hause?». Nach der Tat sei sein Onkel geflüchtet und habe dabei noch einen Nachbarn, der vor dem Hoftor in einem parkenden Auto saß, mit der Waffe bedroht.

    Der Angeklagte hatte den Tatvorwurf zu Prozessbeginn zurückgewiesen und erklärt, er habe sich zu der Zeit gar nicht in Kandahar, sondern in Afghanistan aufgehalten. Sein Bruder sei drogensüchtig und in Drogengeschäfte verwickelt gewesen.

    Kinder des Opfers zeigten Onkel an

    Laut Anklage soll ein Erbstreit über ein Grundstück Motiv für die Tat gewesen sein. Die Anklage sieht in dem Fall die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe erfüllt.

    Der Sohn und die Tochter des Getöteten, die wie weitere Familienangehörige mittlerweile ebenso wie der Angeklagte in Deutschland leben, zeigten ihren Onkel nach Gerichtsangaben im vergangenen Jahr an, nachdem sie ihn in Deutschland getroffen hatten. Alle drei kamen zu verschiedenen Zeitpunkten als Flüchtlinge nach Deutschland. Die Kinder des Getöteten sind Nebenkläger.

    «Stellvertretende Strafrechtspflege»

    Der Prozess wird nach Justizangaben durch eine Ausnahmeregelung im Strafgesetzbuch möglich. Üblicherweise werden Vergehen und Verbrechen an den für die jeweiligen Tatorte zuständigen Gerichten angeklagt und verhandelt. Seit der Machtübernahme der Taliban sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan aber stark eingeschränkt. Laut Staatsanwaltschaft handelt es sich um «stellvertretende Strafrechtspflege».

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