Eine Frau aus Frankfurt soll einem Mann nach Syrien zum Islamischen Staat (IS) gefolgt sein und dort jahrelang gelebt haben – nun hat vor dem Oberlandesgericht Frankfurt ein Prozess gegen sie begonnen. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft der 35-Jährigen vor, sich 2015 der Terrororganisation IS angeschlossen zu haben und mehrere Jahre Teil der Organisation gewesen zu sein.
Kurz nach ihrer Ausreise nach Syrien habe die Angeklagte im April 2015 einen Mann nach islamischem Recht geheiratet, beide sollen monatliche Zahlungen in Höhe von 100 bis 170 US-Dollar vom IS erhalten haben. Ihre 2016 und 2018 geborenen Kinder soll die Frau in der Lehre der Organisation aufgezogen haben. Einer der Söhne sei während des syrischen Bürgerkriegs fast verhungert.
Im März 2019 wurde die Angeklagte laut Generalstaatsanwaltschaft von Einheiten der kurdischen Volksverteidigungseinheiten festgenommen. In einem Lager soll sie dann Mitgefangene gemaßregelt und versucht haben, ihre «Feinde» zum fundamentalistischen Islam zu bekehren. Im März 2022 wurden sie und ihre Kinder nach Deutschland zurückgebracht.
Verteidiger verliest Erklärung
Der Vorsitzende Richter nannte die Anklage einen «heftigen Vorwurf»: Sieben Jahre beim IS, einer der gefährlichsten Terrororganisationen, «das ist keine Kleinigkeit».
Der Verteidiger verlas eine kurze Erklärung der Frau, mit der sie mitteilen ließ, dass die Vorwürfe weitgehend stimmten. Allerdings habe sie die kurdischen Truppen nicht als Feinde angesehen und auch nicht bekehren wollen. Außerdem habe sie Mitgefangene nicht gemaßregelt.
Die Angeklagte selbst berichtete von ihrer Motivation, sich dem IS anzuschließen und erklärte, ihrem damaligen Partner gefolgt zu sein. Ihren späteren Mann lernte sie bereits im Jugendalter kennen. Sie führten lange eine Freundschaft, dann eine Fernbeziehung, als die Frau in der Türkei ein Studium aufnahm. Dieses brach sie ab, um bei ihrem Freund sein zu können. In Deutschland folgte eine On-Off-Beziehung der beiden.
Etwa 2014 fand sie zur Religion durch Freunde. Auch ihr Freund habe sich vermehrt mit Religion und letztlich dem IS auseinandergesetzt. Er sei eine Konstante in ihrem Leben gewesen, eine der wenigen zwischen Umzügen und getrennten Eltern. In dem Mann und der Religion fand sie Geborgenheit.
Ihr damaliger Ex-Freund ging dann nach Syrien und stellte sie vor die Wahl: Kontaktabbruch oder Heirat. Mit ihrem Leben in Deutschland war sie unzufrieden und folgte ihm schlussendlich. Für sie sei es ein Ausweg und «etwas Neues» gewesen, das Motiv des Krieges für die Religion habe keine Rolle für sie gespielt.
Angeklagte berichtet von Kindheit und Jugend ohne Religion
Sie schilderte dem Gericht zum Prozessbeginn zudem ausführlich ihren Lebenslauf. So habe Religion während ihrer Kindheit und Jugend keine Rolle gespielt. Ihre Eltern hätten sich scheiden lassen, als sie in der Grundschule war - das prägte sie, sagte die heute 35-Jährige.
Mit 14 Jahren sei sie Anfang der 2000er Jahre in die Türkei geschickt worden, um dort zur Schule zu gehen. Das «viele Hin und Her und die familiäre Situation» belastete sie später, sagte die Angeklagte. Sie vermisste einen familiären Zusammenhalt - ihr Idealbild war nach eigenen Angaben eine muslimische Familie, in der die Mutter Kopftuch trägt.

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