Walter Rundler ist einer der sieben Gründungsmitglieder des Trägervereins Kurstift Bad Brückenau. Bis heute hat er sich für das Seniorenstift mit seinen derzeit 268 Bewohnern und 105 Mitarbeitern engagiert, seit vielen Jahren als Vereinsvorsitzender. Jetzt, nach 47 Jahren Ehrenamt, gibt Walter Rundler den Führungsstab weiter. Der neue Vorsitzende heißt Edmund Wilhelm. Der promovierte Jurist ist Leiter des Finanzamtes Aschaffenburg und war früher einmal Kurdirektor im Staatsbad Bad Brückenau. Wir sprachen mit beiden über Risiken und Gelungenes in der Vergangenheit und Geplantes und Gewünschtes in der Zukunft.
Frage: Herr Rundler, 47 Jahre sind eine lange Zeit. Fällt Ihnen der Abschied schwer?
Walter Rundler: Nein, es ist für mich kein schwerer Abschied, weil ich geordnete Verhältnisse hinterlasse. Und seit einiger Zeit habe ich mein Geburtsdatum im Auge. Im übrigen bleibe ich Mitglied im Verein Kurstift.
Der Bau des 17-stöckigen Kurstiftes vor 45 Jahren war schon etwas spektakulär. Wie war das damals?
Rundler: Spektakulär war es aus verschiedenen Gründen. Zum einen, weil wir kein Eigenkapital hatten. Zum zweiten wurde von vielen Brückenauern die Architektur – 17 Stockwerke – abgelehnt. Gleichzeitig mit unserer Bauplanung ist in München ein Altenwohnstift-Projekt pleite gegangen. Da hatten wir Angst, dass wir unser Haus für 270 Bewohner nicht voll kriegen.
Wie lange mussten Sie auf den Einzug des ersten Mieters warten?
Rundler: Im Herbst 1970 waren im Haus immer noch Handwerker bei der Arbeit, als die ersten Mieter einzogen. Zu den ersten gehörte Johanna Suchon mit ihrem Mann. Sie wohnt noch heute im Kurstift.
Ging es dann flott weiter mit Einzügen?
Rundler: Es ging überraschend zügig. Bereits Ende 1971 war das Haus fast voll belegt.
Wie sieht es gegenwärtig mit der Belegung aus?
Rundler: Zur Zeit gibt es im Kurstift kein freies Apartment.
Das Kurstift hat von Anfang an eine solide finanzielle Basis gehabt. Wie konnte das viereinhalb Jahrzehnte durchgehalten werden?
Rundler: Das ist so nicht ganz richtig. Wir hatten anfangs lediglich 300 000 Mark, die uns der Landkreis zinslos zur Verfügung gestellt hat. Damals war Richard Hänlein Landrat und zugleich Vorsitzender des Vereins Kurstift. Mit diesem Geld kauften wir das relativ kleine Grundstück am Stadtrand, deshalb der Bau in die Höhe.
Gab es weitere Unterstützung?
Rundler: Die Bayerische Landesbodenkreditanstalt bewilligte uns ein Darlehen von über sechs Millionen Mark. Das konnten wir bald zurückzahlen. Denn die ersten Mieter kauften sich bei uns ein: 20 000 Mark für ein Doppel-Apartment, 10 000 Mark für ein Einzel-Apartment. Dieses Geld zahlten wir den Bewohnern nach einigen Jahren zurück.
Heute steht der Verein Kurstift finanziell gut dar?
Rundler: Der Vereinsvorstand und die Verwaltung haben zunächst sehr sparsam gewirtschaftet. Wichtig war, dass das Haus immer gut belegt war und wir stets auf unsere Finanzen geachtet haben. So konnten wir später wichtige Erneuerungsmaßnahmen durchführen – ohne Kreditaufnahme und ohne Mieterhöhung.
Welche Maßnahmen waren für Sie risikobehaftet?
Rundler: Eigentlich nur der Neubau.
Was hat Ihnen bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit besonders viel Spaß gemacht?
Rundler: Einmal die gute Atmosphäre im Haus. Zum anderen wurden wichtige Projekte wie zum Beispiel Grundstückszukäufe oder die Installierung von Solaranlagen im Vorstand unkompliziert entschieden. Es ging immer harmonisch zu.
Die letzte von Ihnen begleitete Baumaßnahme ist der noch nicht vollendete Neubau einer Pflegestation. War dieser Neubau notwendig?
Rundler: Er war sogar dringend notwendig. Denn in der bisherigen Pflegeabteilung gibt es fast nur Doppelzimmer. Und das gefällt natürlich den Bewohnern nicht. Außerdem entspricht es nicht mehr den heutigen Standards.
Am 6. Februar wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein neuer Vorsitzender gewählt. Wie sind Sie auf Edmund Wilhelm als Nachfolger aufmerksam geworden?
Rundler: Ich kenne ihn aus der Zeit, als er Kurdirektor im Staatsbad Brückenau war, als sehr guten Juristen, der mit Steuer und Wirtschaftsfragen sehr vertraut ist. Außerdem arbeitet seine Frau Hildegard seit vielen Jahren als Veranstaltungsleiterin im Kurstift.
Herr Wilhelm, welche Vorstellungen verbinden sind Sie mit dem Kurstift?
Edmund Wilhelm: Das Haus prägt das Stadtbild und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Hier wohnen drei Prozent der Brückenauer Bevölkerung, die von über 100 Menschen betreut werden. Es ist ein in privater Trägerschaft gut geführtes Haus, das im Endeffekt betreutes Wohnen auf Sterne-Hotel-Niveau bietet.
Welche Aufgaben stehen für die nächsten Monate auf Ihrer Kurstift-Agenda?
Wilhelm: Als erstes ist die Satzung den neuen steuerrechtlichen und aktuellen Anforderungen anzupassen. Im Sommer folgt dann die Fertigstellung des Neubaus Pflegestation. Außerdem müssen die Dienstleistungen im Haus, die Externe anbieten, neu bewertet werden. Abstimmungen sind auch mit externen Auftragnehmern erforderlich.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft des Kurstiftes: Was sind für Sie die wichtigsten Eckpfeiler?
Wilhelm: Sehr wichtig sind die Aufrechterhaltung der hohen wohnlichen Qualität und der Angebotsvielfalt, die Gewährleistung der Pflege auf hohem Niveau sowie der Einsatz von qualifiziertem Personal. Hinsichtlich der Finanzausstattung hat die Bildung von Rücklagen angesichts der riesigen Gebäudesubstanz und des großen Personalkörpers bedeutendes Gewicht. Dabei steht für mich – wie schon in den vergangenen Jahrzehnten praktiziert – der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Vereinsvermögen nach dem Prinzip der Mündelsicherheit und nach den Grundsätzen eines guten Hausvaters an erster Stelle.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Hauses mit seinen rund 270 Bewohnern und über 100 Mitarbeitern?
Wilhelm: Aufrechterhaltung des gehobenen Standards, Nachhaltigkeit der Belegung durch professionelles Marketing und weiterhin ein glückliches Händchen der Geschäftsführung bei Acquisition und Belegung. Außerdem wünsche ich mir, dass die Menschen, die hier einziehen, sich gegenseitig als Gewinn empfinden und das gemeinsame Älterwerden zum Quell der Lebensfreude werden lassen. Und ich wünsche mir, dass die Mitarbeiter gerne und mit Hingabe hier arbeiten und sich als Teil eines Teams sehen.
Würden Sie sagen, das Kurstift ist eine Erfolgsgeschichte?
Wilhelm: Die Gründer, an der Spitze Walter Rundler und an seiner Seite Bernd Müller, haben damit Geschichte geschrieben. Das Kurstift wurde über Jahrzehnte gut und vorausschauend geführt. Dieses Lebenswerk ist für mich Auftrag und Verpflichtung.