(pia) Ein Leben auf der Straße – hinter dem Lenkrad war Ernst Biemüller ein halbes Jahrhundert zu Hause. Am morgigen Donnerstag, dem Dreikönigstag, feiert der gebürtige Roßbacher seinen 85. Geburtstag.
Biemüller selbst bezeichnet sich als Nachkömmling in der Familie seiner Eltern Elise und Michael Biemüller. Als er 1926 zur Welt kommt, ist seine jüngste Schwester bereits 25 Jahre alt. Acht Jahre besucht er die Schule bevor er 1940 bis 1943 in der Berufsschule Brückenau eine Ausbildung zum Schlosser machte. „Eine richtige Lehre im Betrieb gab es nicht“, erklärt er. Es war Krieg.
Als 17-Jähriger musste er zum Reichsarbeitsdienst mit Stationen in Nürnberg, Frankreich und Königsbrunn bei Augsburg. Dort hieß es „Bayern hat kapituliert“, erinnert er sich. Biemüller ging zu Fuß rund 350 Kilometer in die Heimat zurück. Er erinnert sich an die abgelaufenen Sohlen der Stiefel und an amerikanische Soldaten, die ihn aber ziehen ließen: „Gehen heim bei Mutter.“
Sein Fußmarsch fand kurz vor dem Ziel Erleichterung. Biemüller konnte in Gemünden auf einen Güterzug auf- und zwischen Altengronau und Mottgers wieder abspringen. Zwei Jahre lang hatte seine Familie keine Nachricht von ihm bekommen – die Wiedersehensfreude war groß.
Seine erste Anstellung fand Ernst Biemüller im Sägewerk Amrhein in Rupboden. 1947 ging er als Lkw-Fahrer nach Mainz-Kastel. Den Führerschein hatte er im Krieg gemacht. Später fand er eine Anstellung bei der Haferflockenfabrik Gehrsitz in Trübenbrunn. Dann arbeitete er wieder bei der Firma Amrhein und schließlich bei der Spedition Haniel in Frankfurt.
„Wie das früher mit dem Schnee war?“ Biemüller lächelt und winkt ab. „Früher hatten wir noch viel mehr Schnee. 1946 bis 48. Und 1953 – da war ein strenger Winter“, überlegt er. „Ohne Schneeketten ging da nichts.“ 1985 ging Biemüller zwar in Rente, aber er blieb hinter dem Steuer. Er wechselte von Lastwagen auf Bus und fuhr für die Firma Kimmel in Züntersbach. „Nur zur Aushilfe“, betont er. War er früher wenigstens an den Wochenenden zu Hause, war er gerade dann mit dem Bus auf Fernreisen unterwegs.
Das Haus hütete Ehefrau Wilma, die er 1950 geheiratet hatte, mit den fünf Kindern. Mittlerweile gehören fünf Enkel, fünf Urenkel und ein Ururenkel zur Familie. Da sie Kinder in Deutschland verstreut sind und Biemüllers Frau bereits im vergangenen Dezember starb, lebt der 85-Jährige heute allein.
Wenn er früher einmal zu Hause war, war er oft im Feuerwehrhaus anzutreffen. 1947 war er der Roßbacher Wehr beigetreten. Von 1972 bis 1982 war er Kommandant. Seit 1986 ist er Ehrenkommandant. Noch heute ist er bei der Wehr ebenso Mitglied wie beim Schützenverein und im Musikverein Markt Zeitlofs. Abwechslung findet Ernst Biemüller bei Dämmerschoppen mit Freunden.