Jahrgangsgemischte Grundschulklassen – ein Thema, bei dem im Moment die Wogen hochschlagen. Das ist Anlass, mal bei einer Schule nachzufragen: An der Grundschule Wartmannsroth in Dittlofsroda feierte das Modell zum Schuljahresbeginn Premiere und soll jetzt auf alle vier Grundschulklassen ausgedehnt werden.
„90 Prozent der Eltern sind zufrieden“, zitiert Schulleiter Karl-Heinz Deublein eine Mutter zur Jahrgangsdurchmischung. Durch die Erfahrungen in der Praxis ermutigt, sollen jetzt auch dritte und vierte Klassen durchmischt werden. In Langendorf sorgt diese Absicht für Proteste.
Eine Sorge: Mit der Durchmischung der Klassen wolle der Staat Kosten senken. Dagegen Deublein: „Das ist kein Sparmodell“. Vergleiche mit der Dorfschule von einst seien völlig verfehlt. „Da steckt ja jetzt ein pädagogisches Konzept dahinter. Das gemeinsame Lernen von jüngeren und älteren Schülern erhöhe die Sozialkompetenz. Dies sehe er an seiner Schule bestätigt. Wert legt er auf die Feststellung, dass man dem herkömmlichen Unterricht seine Qualitäten nicht absprechen dürfe.
Dennoch favorisiert Deublein das neue Modell: Die Jüngeren schauen sich manches von den Älteren ab. Die Älteren erklären manches den Jüngeren und prägen es sich damit noch einmal besonders ein. „Das ist psychologisch erwiesen“, betont Deublein.
Der gemeinsame Unterricht, zum Teil mit einer zusätzlichen Lehrkraft, erlaube eine zusätzliche Differenzierung. Wer für den Viertklass-Stoff noch nicht reif ist, der lernt eben noch einmal den Drittklass-Stoff. Und wer schneller lernt, ist eben mal früher bei den Viertklässlern dabei.
In Fächern, wo die Lehrpläne sich nur geringfügig unterscheiden, sei das schon gar kein Problem. Etwa in Deutsch, wo dann sogar eine größere Differenzierung je nach den Möglichkeiten der Schüler gegeben sei. In Mathematik werde allerdings öfter nach dem bisherigen Modell jahrgangsgerecht geschult.
„Wir haben die Eltern frühzeitig darauf vorbereitet“, nennt Deublein ein Erfolgsrezept bei der Umsetzung, Die Dritt- und Viertklässler sind seit einem Jahr mit dem Unterrichtsmodell vertraut, das nach den Sommerferien greift.
Bei einem Elternabend wurden Unterrichtssituationen durchgespielt. Außerdem berichtete eine Mutter aus Rothenbuch über ihre Erfahrungen. In der Spessartgemeinde wird schon seit sieben Jahren jahrgangsübergreifend unterrichtet. Alles in allem habe dies zu einer Akzeptanz bei den Eltern geführt.
Im Landkreis gibt es bislang an neun von 23 Schulen insgesamt 29 jahrgangsübergreifende Klassen, sagt Schulrat Rupert Kestler. Für die dritten und vierten Klassen wird dies zum Schuljahreswechsel erstmals in Wartmannsroth und in Motten eingeführt.
An der Petri-Schule in Langendorf laufe die abschließende Entscheidungsfindung noch, und die Schule arbeite noch an ihrem Konzept. Es werde in Kürze vorliegen, sagt Kestler.
Unter den Eltern in Langendorf gibt es offenbar große Unruhe. Sie seien zu spät über die Pläne informiert worden und vermissen die Darlegung eines längerfristigen Konzeptes. Deswegen haben sie Ministerien und Politiker aus der Region angeschrieben.
Schulrat Kestler zeigt Verständnis für das Misstrauen, weil es sich ja um ein Schulsystem handele, das die Eltern noch nicht kennen. Es gelte aber, nach pädagogischen Gesichtspunkten zu entscheiden. Man dränge den Schulen die jahrgangsübergreifenden Klassen nicht auf. Insgesamt geht Kestler davon aus, dass ihre Verbreitung nach den bisherigen Erfahrungen zunehmen wird.