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Alarm fürs Schneiderhandwerk

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Alarm fürs Schneiderhandwerk

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    Alarm fürs Schneiderhandwerk
    Alarm fürs Schneiderhandwerk Foto: FOTO GERD SCHAAR

    Im gesamten Landkreis Bad Kissingen gibt es eine einzige Auszubildende (Azubi) aus den dortigen Innungsbetrieben. Und die arbeitet bei Nicole Brandler. Melanie Koloczek ist froh, dass sie eine Lehrstelle erwischt hat. Denn auf einen Ausbildungsplatz kommen 30 Bewerbungen. Es liegt also nicht am Nachwuchs aus den Haupt- und Realschulen. Es liege eindeutig an den Betrieben, meint Brandler, und vor allem am mangelnden Vertrauen der Schneider in die Zukunft.

    Viele ältere Betriebe hätten in letzter Zeit zugemacht, weil die Chefs in Rente gegangen sind. Aus den meisten Schneidereien, die in früheren Zeiten Mode nach Wunsch und Maß auf den Leib geschneidert haben, seien über die Jahre Änderungsschneidereien geworden, bedauert Brandler. "Die waren der Meinung, dass sie nur so überleben können", weiß sie.

    Dass es auch anders geht, lebt die junge Unternehmerin mit ihrem Betrieb seit Jahren vor. Ihre exklusiven Damenmoden zeigt sie regelmäßig auf Modenschauen. Die sind wiederum der Auslöser für Bestellungen, die für eine solide Auftragslage sorgen. Angefangen von der Geschäftsfrau, die keine Zeit hat, tagelange nach einem neuen Kleid durch die Geschäfte der großen Städte zu bummeln, bis hin zu den höchst individuellen Wünschen der Kundinnen nach bestimmten Details in der Kleidung kommen die Aufträge. Ein einfaches Kostüm für die Normalverdiener ist genau so dabei wie das raffinierte Cocktailkleid für den festlichen Empfang oder das Traumkleid zur Hochzeit.

    In der Regel reiche eine einzige Anprobe, weiß Brandler aus Erfahrung. Es gebe auch treue Kundschaft aus weiter Entfernung (zum Beispiel Florida), die einfach per Telefon bestellt. Deren Maße sind Brandler eh bekannt. Je nach Aufwand braucht es zehn bis 25 Arbeitsstunden, bis so eine Kreation fertiggestellt ist. Im Laufe der Jahre hat das Haus Brandler sich die eigene Handschrift seiner Kleider erarbeitet. Ideen und Anregungen kommen aus der Fachliteratur, von Modemessen und von Verbandstagungen oder von der Kundschaft selbst.

    "Der Bürger hat heute meist den Kontakt zum Schneider verloren", bedauert Brandler. Bei mehr Vertrauen, Vorstellungskraft und Zuversicht der Kundschaft, dass sich das investierte Geld in einen Auftrag lohnt, würden auch die 24 Innungsbetriebe in Unterfranken aufatmen können. Dann wären die einen oder anderen Betriebe auch bereit, wieder einen Azubi einzustellen. Auch jetzt, einige Wochen nach Schulbeginn, sei dies noch möglich, bestätigt Brandler. Denn nur die Kunden ermöglichten durch eine gesicherte Auftragslage auch die permanente Ausbildung. "Das Schneiderhandwerk braucht sowieso mehr Ausbildung, weil viele frisch gebackene Gesellen in die Industrie abwandern", sagt die Innungsobermeisterin.

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