Sie darf stehen bleiben - zumindest solange bis das Verwaltungsgericht in Würzburg entschieden hat. Die Rede ist von der 110 Jahre alten Linde zwischen evangelischer Kirche und dem Rathaus, die den Marktgemeinderat in letzter Zeit schon mehrfach beschäftigt hatte.
Die Mehrheit des Gemeinderates würde den über 20 Meter hohen Baum lieber heute als morgen fällen lassen, um die zehn Parkplätze auf der Fläche neben dem Rathaus verwirklichen zu können. Wenn der Baum stehen bleibt, muss nämlich auf eine Stellfläche verzichtet werden.
Außerdem stand der imposante Baum mit einem Stammumfang von knapp 3,20 Metern zumindest bei Teilen des Gemeinderates im Verdacht, nicht mehr so ganz standsicher zu sein. Spätestens nach dem Abriss der Bäckerei Bayerl und des danebenliegenden Gebäudes, als die Wurzel gekappt worden war.
Die Linde hatte nämlich zur allgemeinen Überraschung eine zwar recht flache, aber doch sehr starke Wurzel ausgebildet, mir der sie sich in den Hang krallt. Schon damals wurde ein Gutachter zu Rate gezogen, der dem Baum eine stabile Standsicherheit bescheinigte. Um ganz sicherzugehen wurden zwei Stahlseile montiert, die ihn im Fall der Fälle daran hindern sollten, auf das gegenüberliegende Haus zu stürzen. So erklärte Bürgermeister Johannes Wegner die Situation gegenüber der Main-Post.
Wie ein Naturdenkmal
Als es jetzt um den Ausbau des Parkplatzes ging, entschied sich die Mehrheit im Gemeinderat, den Baum fällen zu lassen. Dass das Landratsamt der Linde zu diesem Zeitpunkt schon mit einem Naturdenkmal gleichgesetzt hatte, machte nicht genug Eindruck.
Von dem Beschluss informierte auch Wegner die Untere Naturschutzbehörde, die als Reaktion auf die drohende Fällung ein „einstweilige Sicherstellung“ erließ. Das wiederum wollte die Mehrheit des Gemeinderates nicht so ohne weiteres hinnehmen und drohte mit Klage vor dem Verwaltungsgericht.
In der Sitzung am Dienstag ging es nun um ein weiteres, vom Landratsamt in Auftrag gegebenes Baugutachten und um die endgültige Entscheidung über eine Klage gegen die Entscheidung des Landratsamtes. Das Gutachten bescheinigte der Linde wiederum Standfestigkeit und Vitalität. Die beiden Stahlseile würden nur dem Sicherheitsempfinden der Anwohner dienen, urteilte der Mann weiter, empfahl aber, sie dort zu lassen, wo sie sind. Dem Baum gibt er noch eine Lebenszeit von mindestens 20 Jahren.
Festhalten an der Klage
Die Gemeinderatsmehrheit konnte das mehrere Seiten starke Gutachten auch nicht überzeigen. Mit 10:4 Stimmen blieb man bei der Klage, die unter anderem damit begründet wird, dass die Linde hinderlich bei der Platzgestaltung sei.
In der Diskussion bekräftigten einige Gemeinderäte quer durch die Fraktionen ihre ablehnende Haltung und den Willen, das Verwaltungsgericht entscheiden zu lassen. Zweiter Bürgermeister Diethard Dittmar schlug vor, an einer geeigneteren Stelle eine Linde zu pflanzen. „Dort stört sie schon wegen der Feste“, sagte er. Dritter Bürgermeister Josef Reichert fragte sich, ob man dort eigentlich noch Zelte aufstellen könnte. Denn die Linde beansprucht für ihre Standfestigkeit noch die Fläche eines Parkplatzes, was im Gemeinderat auch nicht gut ankommt. Dittmar sah darin auch einen Grund, auf der Fällung des Baumes zu bestehen. Matthias Klement wollte wissen, wieviel Geld die Gemeinde für den Baum bisher „in den Dreck“ gesetzt hat, Wegner versprach, die Zahlen zu ermitteln.