Das letzte regulär geborene Baby hat mit seiner Mutter diese Woche das Krankenhaus verlassen. Vorbei die Zeit, als über zehn Babies in einer langen Reihe von Bettchen in die Welt blickten. 2005 kamen nur noch 107 Babies zur Welt. "Unrentabel", sagt die Rhön-Klinikum AG. Inzwischen ist das achtköpfige Personal auf andere Stationen verteilt.
Der Konzern hofft, dass sich Eltern künftig für sein Elisabeth-Krankenhaus in Bad Kissingen entscheiden, die letzte Geburtshilfe-Station im Landkreis. 2005 haben dort 422 Babies das Licht der Welt erblickt, berichtet Verwaltungsleiter Marcel Listner. Vor zwei Jahren sei die Geburtsabteilung neu gestaltet worden.
Das Flair der Hammelburger Station war dagegen etwas angestaubt. Mütter gebaren dennoch gerne in Hammelburg, weil das Haus für familiäres Klima und die Umsorgung einen guten Ruf hatte.
Mit der Schließung der Geburtshilfe-Station liege Hammelburg im bayernweiten Trend, sagt Professor Johannes Dietl, Direktor der Universitäts-Frauenklinik Würzburg. Zum einen spreche der routinierte Umgang von "knappen Fällen" und Frühgeburten für eine Zentralisierung, zum anderen wirtschaftliche Gründe. Für eine Geburtshilfe müsse ein großer Mitarbeiterstab 24 Stunden vorgehalten werden. Da sei der Betrieb einer Tageschirurgie lukrativer, so Professor Dietl.
Auch die beiden Hammelburger Frauenärzte bedauern die Entwicklung: "Eine mit kommunalen Mitteln in den sechziger Jahren aufgebaute wohnortnahe Versorgung wird aufgeben", so Dr. Michael Simon, der auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verweist. Nach 33 Jahren will er den liebgewonnen Beruf nicht aufgeben und im Rahmen eines Konziliarvertrags seinen Patientinnen im Elisabeth-Krankenhaus beistehen. Gynäkologische Operationen führt er weiter in Hammelburg aus.
Kritischer äußert sich sein Kollege Dr. Julis Bige: "Die wohnortnahe Versorgung ist von der Politik fallen gelassen worden." Ende Juli habe er die Kündigung der Rhön-Klinikum AG sehr kurzfristig erhalten. Seine gynäkologischen Operationen möchte er künftig im Haus eines anderen Anbieters durchführen. Allerdings sieht auch Bige die wirtschaftlichen Zwänge. So müsse ein Arzt in der Geburtshilfe pro Monat 1000 Euro Versicherung bezahlen. Die seien bei der Zahl der Geburten in Hammelburg längst nicht mehr herein gekommen. "Da war auch ein bisschen Idealismus dabei", beschreibt er die bisherige Arbeit von sich und seinem Kollegen.
Gebürtige Hammelburger wird es also nur noch in Ausnahmefällen, etwa bei Hausgeburten, geben. Doch die sind selten. Die letzte verzeichnet das Einwohnermeldeamt 1997.