"Charakterfestigung, Selbstbwusstsein, Selbstständigkeit und eine offene Art, miteinander in der Gruppe umzugehen", beschreibt Oliver Weiglmeier, Vorsitzender der Ortsgruppe Elfershausen den Geist des Nerother Wandervogels. Bundesweit gebe es 16 solcher Ortsgruppen, die meist in der Rheinebene angesiedelt seien. Die nächstgelegenen Ortsgruppen gibt es in Gelnhausen, Gladbach (bei Aschaffenburg) und Witzenhausen (bei Kassel).
Der Name Neroth bezeichnet den Gründungsort, ein Dorf in der Eifel. Die in den 20er Jahren gegründete Organisation leitet sich aus der zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts einsetzenden Jugendbewegung des Urwandervogels ab. Unter Hitler wurde sie verboten und feierte erst 1951 eine Wiedergeburt.
Rund 20 Mitglieder seien sie vom Fähnlein Elfershausen, bestätigt Weiglmeier. Die jungen Pimpfe streben den Status als vollwertiger Nerother Wandervogel an. Geschafft haben sie dies, wenn sie durch ihre Aktivitäten - darunter mindestens die Teilnahme an zwei großen Fahrten - den Gruppenführern gezeigt haben, dass sie mithalten können.
Und dies sei Jugendlichen unter elf Jahren wohl kaum möglich, weiß Weiglmeier aus Erfahrung. Die feierliche Aufnahme erfolgt am Ordensfeuer im Ordenskapitel. Dann gibt es auch das begehrte Blaue Barett für den frisch gebackenen Knappen. Ein rotes Barett gibt es für den Ritter im Ritterkapitel.
"Uns erkennt man schon von Weitem", meint Weiglmeier. Zum Barett kommt das Halstuch, das für Elfershausen in den Farben blau und grau gehalten ist. Karierte Hemden und Wanderschuhe ergänzen das Erscheinungsbild. Manchmal kommt auf den Rucksack noch die Wandergitarre. Denn die Pflege des Volksliedgutes liegt den Nerother Wandervögeln am Herzen - etwa bei Weihnachtskonzerten oder neulich im Rahmen des Kulturprojektes SaaleMusicum.
Unterwegs gelten Natur und schönen Landschaften die volle Aufmerksamkeit. So einfach wie ihre Kleidung ist auch die übrige Ausrüstung: Ein alter Bundeswehrrucksack, ein Schlafsack, Kochgeschirr, Kompass, das Zelt und Proviant für maximal fünf Tage.
Per Anhalter unterwegs
Die Beschränkung auf das Wesentliche sei die Devise, meint Weiglmeier. Es gelte mit möglichst wenig Geld die Reiseziele zu erreichen. Leichtrucksack oder Goretex-Kleidung seien bei den Nerothern undenkbar.
Nahe Ziele werden von Anfang an zu Fuß erlaufen. Weitere Reisen wie zum Beispiel nach Norwegen, Südfrankreich oder Rumänien erreichen die Wandervögel durch "Antrampen". Dabei reisen immer ein Älterer mit Tramperfahrung und ein Jüngerer zusammen. "Bis jetzt gab es noch keine schlechten Erlebnisse", weiß Weiglmeier. Für die jährliche Fahrt in die Vereinigten Staaten muss allerdings ein Flugticket gelöst werden. Alaska soll heuer das Ziel dort sein. Sei man erst einmal gelandet, so seien die Lebenskosten vor Ort recht gering.
"Uns erkennt man schon von Weitem"
Vorsitzender Oliver Weiglmeier
Unabhängigkeit ist dem Bund des Nerother Wandervogels ein wichtiges Anliegen. So beanspruche man keine staatlichen Fördergelder. Auch nicht für den Erhalt und Wiederaufbau der Burg Waldeck (im Hunsrück bei Kastellaun gelegen). Die Ursprünge dieses Bauwerkes sollen auf das Jahr 1042 zurück gehen.
Seit 1922 haben die Nerother es zu ihrer Jugendburg auserkoren und noch heute wird daran gebaut. So ist es auch für die Elfershausener eine ehrenvolle Pflicht, zweimal jährlich Hand an das Baudenkmal zu legen. Übernachtet werde dort im Schlafsack auf dem Holzboden, schildert Weiglmeier. Den Luxus von Betten leiste man sich nicht.