Bad Kissingen Was hat der Blues mit den Jüdischen Kulturtagen in Bad Kissingen zu tun? Das wird sich mancher Besucher des Konzerts von Abi Wallenstein und Hubert Hofherr in Bismarck's Basement gefragt haben. Der aus Amerika stammende Blues, ist keine jüdische Musik und setzt sich in seinen Texten auch nicht mit jüdischem Leben auseinander.
Des Rätsels Lösung liegt in der Person Abi Wallensteins. Abi Wallenstein, der zu den herausragenden europäischen Bluesgrößen gehört, ist Jude und besitzt einen ganz besonderen Bezug zu Bad Kissingen: Sein jüdischer Großvater, Dr. Mendel Hirsch Bamberger, lebte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Bad Kissingen und betrieb hier eine angesehene Zahnarztpraxis. Vor der Verfolgung in der NS-Zeit musste er mit seiner Familie nach Palästina fliehen.
Für Abi Wallenstein, der in seiner Jugend öfter in Bad Kissingen gewesen ist, bot das Konzert ein Wiedersehen mit der Heimat seiner Großeltern. Und für die Besucher von Bismarck's Basement, die zum Teil extra für das Konzert aus Hamburg angereist waren, bot sich die Möglichkeit, ein breites Spektrum des Blues packend und hautnah miterleben zu können.
Abi Wallenstein, den zahlreiche Auftritte zu bedeutenden Blues-Festivals führten und der im Vorprogramm so bekannter Leute wie Joe Cocker und Fats Domino spielte, hat im Lauf seiner Laufbahn einen ganz eigenen Gitarrenstil entwickelt, der von rhythmischen Bassläufen und gleichzeitig gespielten Akkorden und Melodielinien gekennzeichnet ist. Beim Konzert in Bismarck's Basement hatte Abi Wallenstein in dem Bluesharp-Spieler Hubert Hofherr aus Niederbayern einen kongenialen Mitstreiter.
Wallenstein und Hofherr in Bismarck's Basement, das war Blues pur. Während Hofherr seiner Mundharmonika ein facettenreiches, oft atemberaubendes Spiel entlockte, zauberte Wallenstein mit seiner Gitarre einen satten und erfrischenden Blues hervor. Beeindruckend auch, wie souverän Wallenstein die Kunst des Bottleneck-Spiels beherrscht. Er braucht mit seinem Gefühl für unverstelltes Spiel nicht wie andere viel Technik, um wenig Musik zu machen, sondern wenig Technik und die Fingerfertigkeit aus über 30 Berufsjahren, um viel Musik zu machen.
Zu den musikalischen Stärken kam die lockere, gelassene Bühnenpräsenz, ein fast schon jungenhafter Charme, mit dem die beiden Akteure Distanz abbauten und den Abend zu einem packenden Live-Act werden ließen. Das Publikum wurde früh durch rhythmisches Mitklatschen und Mitsingen einbezogen, war echter Partner.
"Ich liebe den direkten Kontakt zum Publikum", sagt Abi Wallenstein, der in den großen und kleinen Clubs genauso daheim ist wie in den Fußgängerzonen. "Die große Karriere, das grelle Rampenlicht hat mich nie wirklich interessiert."
Weit gespannt war das Programm der Beiden: Es reichte von den Anfängen (ohne akustische Verstärkung) bis zu Klassikern wie "Shake your boogie" (Big Joe Williams), "Everybody needs somebody" (Russel, Burke, Wexler), "Suzy Q." (John Lee Williamson), "Sugar mama" (John Lee Hooker), "Good morning little school girl" (Muddy Waters), "Hey Joe", das durch Jimi Hendrix berühmt wurde, und "Little red rooster" (Willie Dixon). Der Song "Kiff" von Prince machte deutlich, dass der Blues nicht nur eine Sache der Vergangenheit ist, sondern auch in der zeitgenössischen Musik lebendig ist.
Der Gewölbekeller der Oberen Saline erwies sich als für Blues-Konzerte atmosphärisch idealer Raum. Die nicht allzu zahlreich erschienen Zuhörer wurden im Lauf des Abends vollkommen vom Blues gepackt. Am Ende erklatschten sie sich drei Zugaben.