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ELTINGSHAUSEN: Das Fauchen der Rotoren

ELTINGSHAUSEN

Das Fauchen der Rotoren

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    Ein Bild aus schneereichen Tagen: Blick auf eines der Oerlenbacher Windräder.
    Ein Bild aus schneereichen Tagen: Blick auf eines der Oerlenbacher Windräder. Foto: Isolde Krapf
    Die Windräder vor der Haustüre: Walter, Larissa und Bianca Renninger mit den beiden Pferden auf ihrem Hof an der Schwarzen Pfütze.
    Die Windräder vor der Haustüre: Walter, Larissa und Bianca Renninger mit den beiden Pferden auf ihrem Hof an der Schwarzen Pfütze. Foto: Fotos: Isolde Krapf

    Als die Renningers vor mehr als zehn Jahren von Winkels weg und an die Schwarze Pfütze zogen, glaubten sie, dort Natur pur gefunden zu haben. Doch durch die drei neuen Rotoren des Windparks Oerlenbach ganz in ihrer Nähe – das nächst gelegene steht nur 860 Meter weit weg – fühlen sie sich eingeschränkt. Dass noch zwei weitere Windräder auf Eltingshäuser Grund gebaut werden sollen, macht sie wütend. Schließlich haben sie Pferde, die sie in der Flur bewegen müssen. Die Tiere würden aber jetzt vor dem Fauchen der Rotoren zurückscheuen, sagt Tochter Larissa. Im Winter seien Ausritte und Spaziergänge zudem wegen Eisschlags nicht mehr ganz ungefährlich.

    Als Walter und Bianca Renninger 1996 das alte Häuschen gegenüber des Gasthofs Schwarze Pfütze kauften, war das zunächst so etwas wie eine Schnapsidee, sagt der Familienvater. Anfangs war das kleine Anwesen für ihn, seine Frau und Tochter Larissa, die damals erst vier war, so etwas wie ein Fluchtpunkt aus dem städtischen Leben, eine Oase der Ruhe. Dann habe er allmählich angefangen, in dem kleinen Haus zu werkeln. Schließlich war der Plan, dorthin zu ziehen, gefasst. 2006 war es dann soweit: Die Renningers – inzwischen waren Florentine (5) und Bastian (3) auf der Welt – zogen um. Zwei Pferde, zwei Schafe und eine Katze gehören bis heute mit zum Familienhaushalt.

    Doch die Idylle scheint in Gefahr. Denn seit sich die drei neuen Rotoren drehen, die die Energieallianz Bayern im Auftrag der Gemeinde Oerlenbach errichten ließ, ist vieles anders, sagt Walter Renninger. Bei manchen Schlechtwetterlagen – besonders wenn der Wind sich entsprechend dreht – bekomme die Familie den Schall der Rotorblätter vor dem Haus authentisch mit. Dass bei dem neuen Windpark die von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gesetzlich fixierte 10-H-Regelung (2000 Meter Abstand zur nächsten Wohnbebauung) unterschritten wurde, darüber ist Renninger erbost. „Warum macht man so etwas?“, fragt er sich. Seiner Ansicht nach hätte sich der Gemeinderat vorher über die möglichen Auswirkungen schlau machen müssen.

    „Wir haben leider nicht gleich gemerkt, was da läuft. Als ich mich schließlich erkundigte, war schon alles genehmigt“, sagt Renninger. Dass jetzt noch zwei weitere Windräder im Wald zwischen Schwarzer Pfütze und Eltingshausen gebaut werden sollen, macht ihn und seine Familie nervös. Dann würden nicht nur rechts seines Grundstücks, sondern auch links davon Rotoren stehen. Mit den Pferden könne man dann weder in die eine noch in die andere Richtung ausreiten.

    Mit den bestehenden Windrädern müsse man sich nun wohl oder übel arrangieren, sagt Larissa Renninger. Gegen die beiden neuen Rotoren möchte die 24-Jährige aber nun etwas tun. „Ich bin nicht prinzipiell gegen Windräder und begrüße die Energiewende sogar“, sagt die junge Frau, die in Freiburg Waldwirtschaft und Umwelt studierte und jetzt – vor allem auch wegen der Natur - wieder in ihre Heimat zurückkehrte.

    Ihrer Ansicht nach stünden nun genug Windkraftanlagen hier in der Gegend. Und jedes Mal werde wieder Wald gerodet. Für die drei bestehenden Rotoren mussten 33 000 Quadratmeter gefällt werden. Der Wald habe jedoch auch Funktionen für die Umwelt: Er sorgt für ein gesundes lokales Klima, ist ein CO2-Speicher, bietet Hochwasserschutz und hält das Grundwasser im Gleichgewicht, sagt die 24-Jährige.

    Für Nachbar Manuel Wissell sind die Rotoren eine „Katastrophe“. Vor dem Haus höre man wenig, aber hinter seinem Haus, wo die Terrasse ist, sei das mahlende Geräusch ständig präsent. Der 50-Jährige ist Jäger und geht zwei- bis dreimal die Woche im nahen Waldrevier jagen. Sich lange dort aufzuhalten, sei eine Qual. „Man hält?s einfach nicht aus.“ Er, der als Kind an der Schwarzen Pfütze aufwuchs – seiner Familie gehörte einst das Gasthaus – überlegt nun, das Haus zu verkaufen und wegzuziehen.

    Die Geräusche nehme man mehr oder weniger wahr, je nachdem, von woher der Wind kommt, sagt Martin Greubel, der auch an der Schwarzen Pfütze wohnt. Aber die Rotoren seien „deutlich hörbar“. Manchmal sei es so, als ob ein Flugzeug fliegt. Für ihn und seine Familie sei es „noch erträglich“. Das Wichtigste für Greubel ist bei der Energiewende nämlich, dass das Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld abgeschaltet wurde. Denn ihm sei klar, dass er jetzt und heute an der Zukunft seiner beiden Kinder (9 und 13) mitwirke. Obwohl Greubel im Gemeinderat sitzt, sagt er offen: „Mir würden die drei Windräder jetzt reichen. Ich werde mir auch genau überlegen, wie ich mich im Gremium weiter in Sachen Windpark entscheide.“

    Der Regionale Planungsverband legte die Windkraftstandorte für die Kommunen fest, sagt Altbürgermeister Siegfried Erhard, der den Windpark mit seinem Gremium anstrebte. Dabei sei die Windhöffigkeit das entscheidende Kriterium gewesen, so Erhard weiter. Man habe sich als Kommune also kein anderes Areal wünschen können. Die 10-H-Regelung habe damals, als er Gemeindechef war, noch keinen Bestand gehabt. Dass man die Rotorengeräusche ständig hört, wenn man in der Nähe der Schwarzen Pfütze spazierengeht, habe ihn überrascht. „Ich habe das so nicht erwartet. Das ist schon ärgerlich“, sagt er mit Blick auf die Anwohner.

    Bürgermeister Franz Kuhn kann die Anwohner der Schwarzen Pfütze durchaus verstehen. Die Kommune könne jedoch nichts dagegen tun, dass noch zwei Windräder gebaut werden, sagt er. Oerlenbach habe mit der Firma aus Hallbergmoos einen Vertrag auf 20 Jahre geschlossen.

    Projektleiter Tom Jenssen von der Energieallianz legt Wert darauf, dass die Schallwerte für die drei bestehenden Rotoren mit 37 Dezibel nachts niedriger liegen als der zugelassene Grenzwert von 45 Dezibel. Er hält es für möglich, dass sich die Anwohner im Sommer besser mit den Rotorengeräuschen werden arrangieren können, weil das Blätterdach des Waldes einen gewissen Lärmschutz biete.

    Die Standorte der Windräder vier und fünf auf Eltingshäuser Gemarkung sind in Planung, sagt Energieallianz-Geschäftsführer Joachim Martini. Wegen Naturschutzbelangen suche man nach Alternativen zu den bislang geplanten Standorten. Dass sich Anwohner über Geräusche von den Windrädern beschweren, sei ihm neu, sagt Martini. „Das müssen wir uns mal anschauen und Kontakt zu den Anwohnern aufnehmen.“

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