Jeden Freitagabend beim Fliegerstammtisch im Café am Bad Kissinger Flugplatz wird viel diskutiert: Oft entstehen dabei großartige Ideen, so auch die Touren in die weite Welt. Schon seit einigen Jahren immer in der Woche um Christi Himmelfahrt ist es soweit – nach wochenlanger Planung starten die drei Motorflieger Walter Riedel, Hubert Schultheis und Bernd Strauß mit ihrer Piper Dakota „Kilo-Golf“ (der GTI unter den Flugzeugen) vom Bad Kissinger Flugplatz in die weite Welt.
Der Zeitraum gilt unter Fliegern als die optimale Flugzeit – jeder dann gestartete Flug geht gut – so absolvierte damals auch Matthias Rust seinen historischen Flug mit Landung auf dem roten Platz vor dem Kreml in Moskau.
2012 ging es für die mutigen drei Bad Kissinger nach Marrakesch. Petrus hatte damals leider keinen guten Tag und so war das Wetter auf dem Flug sehr schlecht. Los ging es im Regen in Bad Kissingen und Hubert Schultheis musste nach Instrumentenflugregeln fliegen, das heißt, der im Vorfeld beantragte Flug muss in der vorgegebenen Strecke und Flughöhe erfolgen und wird abgefertigt, behandelt und unterliegt genau den gleichen Vorschriften wie ein Airliner der Lufthansa oder ein anderer Großer.
Treibstoff wurde knapp
Die Kissinger Motorflieger besitzen als einer von wenigen Flugclubs ein Flugzeug, das entsprechend hochwertig ausgerüstet ist, dass man solche Flüge nach Instrumentenflugregeln (die gebräuchliche Abkürzung ist IFR-Flug) durchführen kann. Nach Auftanken im französischen Lyon ging es ins spanische Reus und nach Valencia. Da der Regen weiter anhielt, war es sinnvoll, über Afrika (Gibraltar, Casablanca, Marrakesch) zu fliegen.
Ein Gegenwind von über 100 Stundenkilometern verringerte die normale Fluggeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern so sehr, dass der Treibstoff langsam knapp wurde und die Flugcrew schon etwas am Schwitzen war. Doch zum Glück ging alles gut und die drei Abenteurer erreichten wohlbehalten mit ihrem Sportflugzeug (Flieger sprechen lieber von einem Privatflugzeug) D-EA-KG (Deutsch – unter zwei Tonnen – Bad Kissingen: so die Bedeutung) Marrakesch.
Ein wahrlich einmaliges Erlebnis ist es, auf den Flughäfen zwischen Jets und Airbussen mit einem kleinen Viersitzer-Flugzeug zu landen und die Parkposition zwischen diesen „Riesenvögeln“ einzunehmen. Nach dem anstrengenden Flug brachte ein Taxi die drei spätabends vor eine dunkle, immer enger werdende Gasse, die – man glaubt es kaum – über Zick-Zack-Gänge zum noch dunkleren Eingang des Hotels führte. Mitten in den Souks, nur 100 Meter vom berühmten Platz der Gehängten entfernt, lag das Quartier.
Das Trio zog los, um noch etwas zu Essen zu finden und fand eine Möglichkeit auf der letzten geöffneten Dachterrasse. Ein kühles Bier dazu? In Marokko schwierig. Nur zwei bis drei Kneipen verkaufen Alkohol in Marrakesch. Eine wundervolle Zeit zwischen arabischen Gewürzen, Speisen und der ganz anderen Mentalität folgte. Ein unvergessliches Erlebnis, berichten die drei einstimmig.
Immer an der Küste entlang
Zurück ging es dann vom Flughafen in Malaga bis Barcelona etwa 500 Kilometer immer an der Küste mit ihren vom Flugzeug gut sichtbaren Hotelburgen entlang. Mit Rückenwind erreichte die Kilo-Golf Geschwindigkeiten von über 300 Stundenkilometern.
Ab Frankreich war das schlechte Wetter wieder da und so übernachteten Riedel, Schultheis und Strauß in Avignon und blieben aufgrund der Wetterlage dort einen Tag länger als geplant. Dann ging es zurück in die Heimat. Ein Flug mit der unglaublichen Entfernung von 2600 Kilometern von Bad Kissingen nach Marrakesch ging zu Ende. Was bleibt sind die unvergesslichen Eindrücke.
Dieses Jahr rief Graf Dracula und die drei verwegenen Flieger folgten seinem Ruf. Die Ostländer öffnen sich seit einiger Zeit langsam dem öffentlichen Flugverkehr. War die allgemeine Luftfahrt vor einiger Zeit noch schwierig, ermöglichen heute kompetente Leute der Ostländer einen reibungslosen Ablauf. Der Flug führte diesmal von Bad Kissingen über die Karpaten: eine riesige Fläche nur mit Wald und sehr hohen Bergen.
Die erste Nacht verbrachten die drei Flieger in Bratislava und nach einem weiteren Stopp in Debrecina folgten zwei Tage und Nächte im weltoffenen Bukarest. In dem Flughafenbereich, wo Gebühren bezahlt und Flupläne aufgegeben werden, wurden die drei Weltenbummler nach ihrer „Company-ID“ gefragt. Schließlich haben Berufspiloten Ausweise umhängen und tragen ihre Uniformen. Nicht so die drei Kissinger.
Die gezeigten Pilotenlizenzen genügten in Bukarest nicht um als „Crew“ durchzugehen. Zum Glück besitzen alle Piloten in Bad Kissingen vereinseigene Ausweise – zwar ohne Foto und sehr einfach gehalten – aber diese wurden dann doch akzeptiert. Der folgende Rundflug über Rumänien zeigte eine flache, grüne Landschaft ohne nennenswerte Industrieanlagen, Dörfer ohne befestigten Straßen und das Schwarze Meer.
Zum Abschluss nach Belgrad
Die drei mussten wegen der vielen Wolken und Berge sehr hoch, 12 000 Fuß (3600 Meter), fliegen. Da der Flug nach Kroatien nichts wurde, der internationale Flughafen dort hat am Wochenende geschlossen (hier kommt der Osten doch noch durch), ging es zum Abschluss nach Belgrad. Zurück führte der Flug über die Alpen und den Zollflugplatz in Vilshofen – dieser muss angeflogen werden, wenn ein Flugzeug in einem Nicht-EU-Land war – nach Bad Kissingen.
Auch dieser Ausflug mit einer Gesamtflugstrecke von über 2800 Kilometern wird bleibende Erinnerungen hinterlassen. Er weckt aber auch Sehnsüchte bei Hubert Schultheis, Walter Riedel und Bernd Strauß. Weitere Flugabenteuer für 2014 sind geplant.