Münnerstadt (HUB) Der Feiertag Mariä Himmelfahrt wurde früher im Volksmund "Würzweih" genannt. 77 Heil- und Gewürzkräuter waren ursprünglich in einem Würzbüschel zusammengebunden. Natürlich nur dort, wo die Feldflur diese Kräuter-Vielfalt zu bieten hatte. Heute sind gegendweise nur noch wenige übrig geblieben.
Gesegnete Gewürzkräuter-Sträuße (Würzbüschel) waren Jahrhunderte lang Schmuck und schützendes Beiwerk in Bauernhäusern, Ställen und Scheunen. Sie brachten den Segen Gottes in Haus und Gehöft. Vielerorts war der altehrwürdige Brauch des Würzbüschelbindens und -segnens im Laufe der letzten Jahrzehnte teilweise oder ganz erloschen.
Erst seit einigen Jahren ist er wieder zum Leben erweckt worden. Obst- und Gartenbauvereine sowie andere Heimatvereine haben sich für die seit Generationen überlieferte Sitte stark gemacht. In Münnerstadt hat der Rhönklub unter der Regie des langjährigen Naturschutzwartes und Pflanzenkenners Hellmut Petsch diese Rolle übernommen.
Zum Binden eines Straußes werden möglichst viele frische bunte Kräuter benötigt. Zum Sammeln lädt Hellmut Petsch alljährlich die Interessenten zu einer Kräuter-Wanderung ein, wo er ihnen die einzelnen Gewürze vorstellt. Auch geschützte Pflanzen zeigt der Fachmann. Gepflückt werden diese natürlich nicht.
33 brauchbare Kräuter haben die zehn Würzbüschel-Freunde aus Münnerstadt, Großwenkheim und Seubrigshausen (die Jüngste ist sieben Jahre alt) am Vorabend von Mariä Himmelfahrt auf ihrer kurzen Kräuter-Wanderung von der Waschlauer bis zum Kämmer entdeckt und gepflückt: Beifuß, Johanniskraut, Pfefferminze, Beinwell, Dost, Weidenröschen, Wegwarte, Malve, Wilde Karde, Schafgarbe, Rainfarn, Wilde Möhre, Ackerwachtelweizen, Sauerampfer, Pastinak, Ackerschatelhalm, Blut- und Gilbweiderich, Odermennig, Kornblume, großblütige Königskerze, Kreuz- und Ackerhabichtskraut, Ackerglockenblume, Spitzwegerich, Ackerwitwenblume, Sichelhasenohr, Acker- und Sumpfziest, Steinklee, Sonnenblume, Ringelblume und als Schmuckpflanze die Kanadische Goldrute.
Ausgebreitet auf einem Biertisch im Schatten von Hellmut Petsch's Bienenhaus konnten sich die Würzbüschelfreunde und -freundinnen bedienen und ihren Gewürzstrauss unter Anleitung der Floristin Annette Steiner binden. Die Würzbüschel sollen zum Trocknen kopfüber an einem dunklen, luftigen Ort aufgehängt werden.
Sind sie vollkommen ausgetrocknet, halten die Kräuter in der Regel ein ganzes Jahr, weiß Petsch aus Erfahrung. Gesegnete Kräuter wirft man nicht einfach auf den Kompost oder in den Biomüll, sondern verbrennt sie. Das gebiete die Ehrfurcht.