„Das meiste kann jeder lernen“, versucht der 19-Jährige, Schwellenangst zu nehmen vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Gewandtheit. Was da möglich ist, zeigt der Circus Luna alljährlich bei seinen Zirkuscamps und in Schulprojekten (wir berichteten).
Auch Franz Feldtkeller entdeckte über einen Schulzirkus seine Leidenschaft für außergewöhnliche Körperbeherrschung. In Potsdam hat er sich vom Pauken für das Abitur beim Trainieren mit dem Zirkus Montellino erholt. Mit rund 150 Gleichgesinnten.
Seit fünf Jahren lernt Feldtkeller Kunststücke auf dem Schlappseil (einem durchhängenden Hochseil), auf dem Einrad, beim Jonglieren und an der singenden Säge. Über ein Stellenangebot des Zirkus Luna kam er nach Hammelburg.
Mit seinem Angebot hat er Jugendliche ab 15 Jahre im Auge, möchte die Grenze aber nicht allzu gezogen wissen. Je nach Interesse würde er seine Jugendgruppe in Hammelburg gerne donnerstags anbieten. Von Vorteil sei eine gewisse Vorerfahrung, willkommen sei aber auch jeder, der sich einmal ausprobieren möchte.
Ausdauer gefragt
„Das Wichtigste ist die Ausdauer“, formuliert der junge Akrobat die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start in die Welt des Zirkus. Er selbst übt schon mit fünf Bällen zu jonglieren und kann auf dem Schlappseil und dem Einrad jonglieren sowie auf der singenden Säge unter anderem die Melodie zur Mondschein-Sonate spielen.
„Es gibt immer Steigerungsmöglichkeiten“, begründet Feldtkeller seinen Ehrgeiz. Bis zu drei Stunden am Tag übt er, manchmal sei es aber auch viel weniger. Sein Fernziel ist unter anderem, das Rad schlagen auf dem Schlappseil. Manches bleibe aber Profis vorbehalten, wie das Jonglieren mit sieben Keulen oder die Balance auf dem Seil mehrere Meter hoch über dem Boden. „Dieses Risiko müssen Laien nicht eingehen“, sagt er.
„Natürlich zahlt man auch Lehrgeld“, schmunzelt Feldtkeller. Aufpassen müsse man, dass einem beim Jonglieren kein Kegel auf die Nase fällt. Außerdem sollte einem das Schlappseil nicht zwischen die Beine kommen. Tiefe Stürze sind ausgeschlossen, weil maximal auf Schulterhöhe trainiert wird.
Schließlich stehe der Spaß im Vordergrund und die Körperbeherrschung. Sie führe unter dem Strich auch zu einem größeren Selbstbewusstsein.
Schon an einem Tag sei es durchaus möglich, das Jonglieren mit drei Bällen zu lernen. Für das Laufen auf dem Schlappseil rechnet er rund eine Woche Trainingsdauer ein. Neben der Ausdauer spielen Hilfestellung und die richtige Anleitung eine wichtige Rolle.
Übungen werden vereinfacht
Viele Übungen werden zunächst vereinfacht und zerlegt und die einzelnen Sequenzen immer und immer wieder geübt. „Das ist, als ob man ein Instrument lernt.“ Und das muss Feldtkeller wissen. Schließlich spielt er neben der singenden Säge auch Gitarre und Klavier und nennt Volleyball als weiteres Hobby.
Aber zum Freiwilligen Sozialen Jahr im Zirkus Luna gehören nicht nur Kunststückchen. Nach dem Abschluss der Sommersaison müssen dort Requisiten gepflegt und eingelagert werden. Ab November bietet der Zirkus über die Wintermonate zweimal wöchentlich Training in der Walldorfschule in Würzburg an. Dort ist die Hilfestellung Feldtkellers gefragt.
Mit verklärter Zirkusromantik hält es der Nachwuchsakrobat nicht so sehr. Einen Wanderzirkus schaut er sich kaum an, steht er doch eher auf anspruchsvolles Varieté. Allerdings seien Fernsehzuschauer oft sehr verwöhnt, was die Spitzenleistungen angeht. Wenn Feldtkeller mit seinem Freiwilligen Sozialen Jahr fertig ist, will er die physikalischen Gesetze wie die Schwerkraft nicht nur geschickt zu überlisten versuchen, sondern auch perfekt anwenden. Er möchte ein Ingenieurstudium beginnen.
Daten & Fakten
Das Freiwillige Soziale Jahr Kultur gibt es in Unterfranken nach Auskunft von Peter Bethäuser vom Zirkus Luna nur an drei Stellen: Im Zirkus Luna, im Bismarck-Museum Bad Kissingen und im Mainfränkischen Museum in Würzburg. In ganz Bayern gibt es nur 50 kulturelle FJS-Stellen mit Schwerpunkt auf dem Großraum München. Weitaus verbreiteter ist der Einsatz des FJS im sozialen Bereich. Es dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate. Damit das FSJ als Wehrersatzdienst anerkannt werden kann, muss der Dienst mindestens zwölf Monate dauern. Kontakt zu Feldtkeller gibt es unter franz.f@onlinehome.de oder circusluna@aol.com, TEL (0 97 32) 78 61 01.