Es ist Samstag nacht um halb zwölf Uhr in der Münnerstädter Diskothek Route 66. Die Nußecken in der Tupperware-Dose beginnen zu schmelzen, der Schweiß rinnt Erich Kaim von der mächtigen, noch über ihrem Scheitelpunkt kahlen Stirn. "Meister, Meister" schallen die Rufe durch den Raum, begeisterte Jungen und verzückte Mädchen grölen ihrem Idol zu. Erich Kaim ist der wahre Guildo Horn, im grellen Scheinwerferlicht der Tanzfläche wird es dem letzten Zweifler offenbar.
Erich Kaim ist 44 Jahre alt, wohnt in Haard und spielt Handball in Münnerstadt. Schon am Samstag mittag, bei einem Handballspiel, begleiteten ihn Meister-Rufe.
Spätestens da war klar, daß er sich dem Wettbewerb um den Guildo des Abends stellen mußte. Schon gegen zehn Uhr belagerte eine treue Anhängerschar die strategisch wichtigen Plätze an der Tanzfläche, um mit Applaus-Fanfaren Stimmung für Guildo Kaimhorn zu machen. Kaims Frau hatte ihn einfach zu dem Karaoke-Wettbewerb angemeldet. "Verrückt genug ist man ja", erklärte der Guildo-Imitator noch kurz vor seinem Auftritt. Professionell begleitet wurde er von Chris Zimmermann, in der Szene als Chris Carpenter Music Enterprises dick im Geschäft. Der machte deutlich, daß Guildo Horns Auftritt beim Grand Prix in Irland wohl sein letzter sein wird. "Das ist sein letzter Trip. Den räumen wir weg", gab er sich am Samstag zuversichtlich.
Daß zu einem Leben als Star und einem Nebenerwerb als Volksschullehrer auch Schattenseiten gehören, weiß Erich Kaim nur zu gut: "Manche Schüler nennen mich nur noch Guildo", kämpft er mit einem Autoritätsverlust. Er ist aber schon soweit in das Phänomen Guildo eingestiegen, sammelt alles über den Trierer Volksfreund, besuchte schon zwei Konzerte in Fulda und Würzburg, daß er seinen Künstlernamen zu recht verdient. Selbst das Kuhglocken-Solo ist für den musisch vorbelasteten Volksschullehrer kein Problem.
Am Samstag abend in der Route 66, deren Publikum ganz dem Schalgertaumel verfallen war, siegte aber doch der Reiz des Weiblichen über Blumenkohlkragen und etwas klebriges Haar. Eine Angela aus Würzburg, deren Stimme einer Profiband zur Ehre gereichen würde, sicherte sich lange schon nach Mitternacht den 300-Mark-Gewinn. Erich Guildo Kaim erreichte einen dritten Platz, vielleicht auch ein wenig wegen des eher schüchternen Auftretens. Der Weg zum Ruhm ist immer noch ein steiniger. Erich, der wahre Guildo, wird ihn gehen.