Es war ein Abschied auf Raten: Seit Sommer nahm sich Norbert Winter jede Woche einige Tage frei, Mitte November war dann der letzte offizielle Arbeitstag, zum Jahresende geht er in Ruhestand, nutzt die Rente mit 63. Von seinen mehr als 45 Berufsjahren absolvierte er gut 40 bei der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Euerdorf: Sein erster Arbeitstag dort war im Jahr nach der Gebietsreform und der Gründung der VG, am 1. Juli 1979.
Ausbildung in Hammelburg
Neun Beschäftigte habe die VG bei seinem Einstieg gehabt, erinnert sich Norbert Winter. Heute sind es 15. „Es war nichts da“, sagt der 63-Jährige über die Ausstattung von damals: Der vorherige Sulzthaler Gemeindeschreiber Adolf Eberlein sei nur kurz in die VG übernommen worden, war aber bereits weg. Der erste VG-Vorsitzende, der Euerdorfer Bürgermeister Heinz Großmann, habe damals entschieden, dass das Finanzwesen neu aufgestellt werden muss und die Stelle eines Kämmerers bayernweit ausgeschrieben wird. Norbert Winter hatte bei der Stadt Hammelburg gelernt, nach der Bundeswehr kehrte er zunächst als Verwaltungsfachangestellter in seine Heimatstadt zurück. Nach dem Wechsel in die VG Euerdorf holte er die Ausbildung zum Fachwirt nach, wechselte in den gehobenen Dienst. „Wir mussten hier vieles erst zusammenfügen“, erinnert sich Winter an die Anfangsjahre, und: „In der VG war viel Entwicklungsarbeit zu leisten.“ Die Gemeinde Aura sei zum Beispiel noch an die Realsteuer-Stelle des Landratsamtes angegliedert gewesen und gehörte dem Schulverband Langendorf an. Die vier Mitgliedsgemeinden Aura, Sulzthal, Ramsthal und Euerdorf formten erst einen eigenen Schulverband, der dann in die VG übernommen wurde.
Vieles sei heute kaum mehr vorstellbar: VG-Mitarbeiter kassierten damals noch tausende D-Mark Gewerbesteuer und fuhren mit dem Moped aus den Mitgliedsgemeinden nach Euerdorf. „Die Auflösung der Bar-Kasse war ein großer Schritt“, erinnert sich Winter. Auch technisch habe sich viel getan: 1979 habe es eine erste Erfassungsstation im Keller gegeben, der erste richtige Computer kam erst Mitte der 1980er Jahre.
Teilung in zwei separate Ämter
Insgesamt sechs VG-Vorsitzende und noch deutlich mehr Bürgermeister habe er „be- und abgearbeitet“, erzählt Winter schmunzelnd. Auf den VG-Vorsitzenden Großmann folgten die Bürgermeister Eugen Weingart (Sulzthal), Herbert Huppmann (Euerdorf), Franz Büttner (Ramsthal), Thomas Hack (Aura) und aktuell Patricia Schießer (Euerdorf). Unter Büttner wurde die VG nach internen Querelen formal in zwei gleichberechtigte Ämter geteilt: Winter hatte das Finanzwesen, die Liegenschaften und die EDV unter sich, der Wirmsthaler Dieter Brand den Rest. „Der Geschäftsverteilungsplan hat sich manchmal jährlich geändert“, berichtet Winter von mancher Diskussion um Zuständigkeiten. Trotzdem bezeichnet der 63-Jährige heute die VG als „Erfolgsgeschichte“. Aktuell ist Michael Unsleber Geschäftsstellenleiter, die Trennung in zwei Ämter wurde wieder abgeschafft.
Fünf Haushalte musste Winter jedes Jahr aufstellen: den der VG und die der vier Mitgliedsgemeinden. „Der VG-Haushalt kam immer zuerst“, stellt er klar. Danach habe er die einzelnen Haushalte nach und nach erstellt. „Ich hatte nie eine Lieblingsgemeinde“, sagt er zur Reihenfolge, und: „Ich habe immer versucht, alle Gemeinden gleich zu behandeln, auch wenn ich mit dem einen Bürgermeister besser und mit dem anderen schlechter ausgekommen bin.“
Nachfolgerin aus der VG
Noch heute erinnert sich Winter zum Beispiel schmunzelnd daran, dass der Sulzthaler Bürgermeister Konrad Weingart einmal eine Sitzung gar nicht erst begann und das Gremium heim schickte, weil sich Winter in der Zeit getäuscht hatte. „Er hätte nur anrufen müssen, ich saß hier am Platz“, erzählt Winter. Die Umstellung auf den Euro, die zum Teil umstrittenen Straßenausbaubeiträge und hitzige Beratungen: Winter hakt mit dem Abschied auch viele Erinnerungen ab. Nach 40 Jahren mit jeweils fünf Haushalten, also insgesamt 200, hat er in diesem Jahr sein Büro und viele Akten an seine Nachfolgerin Brigitte Amberg übergeben: „Was ging, haben wir abgearbeitet“, sagt Winter, hat aber bereits angeboten, noch für Nachfragen zur Verfügung zu stehen.
Brigitte Amberg arbeitet bereits seit 1991 bei der VG, zehn Jahre später machte sie die Ausbildung zur Fachwirtin, vor rund einem Jahr fiel dann die Entscheidung, dass sie neue VG-Kämmerin wird und den Fachbereich mit vier Mitarbeiterinnen leitet. Bisher war Brigitte Amberg vor allem im Personal- und Beitragswesen eingesetzt und leitete mehrere Wahlen. „Ich weiß ja, auf was ich mich einlasse“, sieht die 44-Jährige den Übergang gelassen. Vor kurzem habe sie ihren ersten VG-Haushalt vorgestellt, in viele Detail-Fragen müsse sie sich nun erst einmal einarbeiten. „Das ist ein Einschnitt, den wir mit Sicherheit erst einmal spüren werden“, kommentiert VG-Vorsitzende Patricia Schießer den Weggang Norbert Winter. Sie wünschte ihm nun vor allem mehr Zeit zum Wandern und für die vier Enkelkinder.